Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monuments Men

Monuments Men

Titel: Monuments Men Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Edsel
Vom Netzwerk:
deutschen Volkswagen erblickte, der an einem in der Nähe gelegenen Feld vorüberfuhr. Hinter dem Steuer, den Fuß fest auf das Gaspedal gedrückt, saß ein Amerikaner in einer Standardoffiziersuniform. Obwohl es ziemlich warm war, trug er eine Feldjacke als Schutz gegen die Regenschauer, die diesen Sommer immer wieder niedergingen. Das Auto besaß keine Windschutzscheibe, daher hatte der Soldat eine schnittige Brille auf, ähnlich wie jene, die von den Kampfpiloten im Ersten Weltkrieg verwendet worden waren. Um seinen Helm war ein blauer Streifen gebunden; vorne an seiner Jacke waren die großen weißen Buchstaben »USN« aufgenäht, das unmissverständliche Zeichen für einen Angehörigen der Navy. Mehr als alles andere sagte dies Rorimer, dass es sich bei dem Mann hinter dem Steuer um George Stout handelte.
    Stout stieg aus dem Wagen, nahm die Brille ab und klopfte sich den Straßenstaub vom Gesicht und seinen Kleidern. Als er seinen Kampfhelm absetzte, der ihm fast bis über die Augen reichte, sah man, dass seine Haare kurz geschnitten und sorgfältig gekämmt waren. Die Bügelfalten in seiner Uniform waren ebenso akkurat. Tom Stout schilderte später, wie sein Vater in seinen letzten Lebensjahren über die Landstraßen in der Nähe seines Heimatortes in Massachusetts wanderte, angezogen mit einer Sportjacke, einer Ascotkrawatte und einem Barett, mit einem Gehstock in der Hand, und gelegentlich stehen blieb, um mit Bekannten ein Schwätzchen zu halten. Hier in Saint-Lô schien er dieselbe lässige Zuversicht auszustrahlen, einen Hauch von Vornehmheit, wozu nur der 45er-Colt nicht recht passte, den er an einer Seite trug. Und an der anderen Seite steckte ein Dolch in einer Lederscheide. Was im Zivilleben fabelhaft war, das wurde auf dem Schlachtfeld magisch. Der elegante George Stout machte auch in militärischer Kleidung keine schlechte Figur.
    Als Erstes wollten alle wissen, wo er den Wagen aufgetrieben hatte. »Er hat keine Hupe, eine schwache Bremse, ein fehlerhaftes Getriebe, eine wackelige Lenksäule und kein Dach«, erklärte ihnen Stout, »aber ich bin den Deutschen überaus dankbar dafür, dass sie diesen Wagen zurückgelassen haben.«
    »Dann haben Sie ihn also requiriert?«
    »Ich habe ihn gefunden«, antwortete Stout knapp. Hier stand ein Mann, der das Arbeitsgebiet der Erhaltung von Kunstgütern mithilfe eines alten Kartenkatalogs aus einer Bibliothek maßgeblich verändert hatte; er wollte keine Zeit damit verschwenden, sich zu beklagen, jedenfalls nicht, wenn eine Fülle von Material herumlag.
    »Stout war eine Führungspersönlichkeit«, schrieb Craig Hugh Smyth über ihn, der später zu den Monuments Men stieß, »ruhig, uneigennützig, bescheiden, aber sehr stark, sehr nachdenklich und bemerkenswert einfallsreich. Beim Reden wie beim Schreiben war er sparsam mit seinen Worten – präzise, anschaulich. Man glaubte, was er sagte; man war bereit zu tun, was er vorschlug.« 71
    Es war George Stout gewesen, der dieses Treffen angeregt hatte, und wie jede tüchtige Führungspersönlichkeit (obwohl er in der Befehlskette nicht über diesen Männern stand) verfolgte er dabei nicht nur die Absicht, Notizen auszutauschen. Er gehörte zu den ersten Monuments Men, die in Frankreich an Land gegangen waren; er war am 4. Juli in der Normandie angekommen und hatte in den vergangenen sechs Wochen vermutlich mehr Kilometer zurückgelegt und mehr Kulturgüter gerettet als alle anderen. Er war nicht nach Saint-Lô gekommen, um sich feiern zu lassen oder Klage zu führen. Er war gekommen, um Probleme zu identifizieren und Wege zu deren Lösung zu finden.
    Es gab nicht genügend »Zutritt verboten«-Plakate? Rorimer solle sofort fünfhundert drucken lassen. In der Normandie war der Strom knapp, aber die Armee besaß in Cherbourg eine Druckpresse, die man nachts anwerfen könne. Bis dahin könne der Rest der Männer die Plakate im Feld herstellen.
    Soldaten und Zivilisten ignorierten handgeschriebene Plakate? Stout wusste auch dafür eine Lösung: Verwendet weißes Isolierband an wichtigen Gebäuden. Kein Soldat würde sich an einer Stätte vergreifen, die eindeutig markiert war: »ACHTUNG: MINEN!«
    Nach den allgemeinen MFAA-Richtlinien sollten, wenn möglich, französische Zivilisten für das Aufhängen von Plakaten herangezogen werden, um zu vermeiden, dass die Alliierten als Invasoren erschienen. Kinder, schlug Rorimer vor, könnten dafür besonders nützlich sein. Sie waren gern bereit zu helfen, und sie

Weitere Kostenlose Bücher