Monuments Men
und stellvertretender Kommandant der MFAA werden. Hauptmann Robert Posey, der Architekt aus Alabama und Außenseiter der Gruppe, der George Pattons kampfkräftiger 3. Armee zugeteilt war, konnte keine Transportmöglichkeit von der Front finden und fehlte bei dem Treffen.
Von außen betrachtet wirkten die Versammelten nicht unbedingt wie eine Gruppe: drei Männer in mittleren Jahren in zerknitterten braunen Uniformen, weniger als die Hälfte der acht Monuments Men, die eigentlich in der Normandie erwartet worden waren. Sie hatten sich seit Shrivenham nicht mehr gesehen, und jeder bemerkte in den Gesichtern der anderen, wie sehr sie sich verändert hatten und dass sie nun gar nicht mehr wie jene geschniegelten Karrieristen aussahen, die sie früher gewesen waren. In der Normandie gab es keine Wäscherei, keine Duschen, keinen Urlaub. Sie waren wochenlang auf endlosen Schlachtfeldern umhergestreift und durch zerstörte Städte gezogen, häufig bei prasselndem Regen, der jeden Schmutzhaufen in matschigen Schlamm verwandelte. Sie waren erschöpft, schmutzig, frustriert ... aber sie waren noch am Leben, körperlich wie auch geistig. Sie konnten es gegenseitig in ihren Augen sehen. Nach all den Monaten und Jahren des Wartens war es gut, etwas zu tun, irgend etwas zu tun, um der Sache der Alliierten zu helfen.
»Ich glaube, ich bin nie glücklicher gewesen«, hatte James Rorimer seiner Frau geschrieben. »Ich arbeite von morgens bis abends und erhalte die bestmögliche Unterstützung durch meinen Oberst und seinen Stab. Ich habe nicht nur die nötigen Legitimationspapiere von den höheren Stellen, sondern die Tatsache, dass ich ein Sklave der Arbeit bin und eine Infanterie-Ausbildung habe, kommt mir jetzt voll zugute. Mein Französisch ist mittlerweile sehr flüssig, und ich kann alles tun, was ich tun wollte, seit der Krieg erklärt worden ist.« 69
Das sollte nicht heißen, dass der Job leicht gewesen wäre; weit gefehlt. Alle Männer hatten begriffen, dass sie im Feld auf sich allein gestellt waren. Es gab keine festen Abläufe, die sie zu beachten hatten, keine richtige Befehlskette, keine festgelegten Verhaltensweisen gegenüber den Offizieren der kämpfenden Truppen. Sie mussten sich in jeder Situation wieder neu zurechtfinden, mussten stundenweise improvisieren, einen Weg finden, eine Aufgabe zu erledigen, die mit jedem Tag beängstigender zu werden schien. Sie besaßen keine echte Autorität, sondern hatten nur den Status von Beobachtern. Wenn sie sich im Feld befanden, gab es niemanden, der sie unterstützte, sofern es ihnen nicht gelang, die Soldaten und Offiziere von der Richtigkeit ihres Anliegens zu überzeugen. Wer klare Richtlinien erwartete, Macht, angemessene Instrumente oder auch nur sichtbare Erfolge, würde sehr bald wieder aus dem Dienst ausscheiden. Aber Männern wie James Rorimer, die auflebten, wenn sie in einem schwierigen, bisweilen sogar tödlichen Umfeld Fortschritte erzielten, verschaffte diese Tätigkeit einen Adrenalinschub, den ihnen kaum ein Beruf im Zivilleben hätte bieten können. Rorimer schrieb: »Das ist jetzt keine Zeit für Grübeleien ... Kay, du hattest recht, es ist wirklich ein aufregendes Erlebnis.« 70
Es hatte keinen Sinn, sich zu beklagen. Das waren die Rahmenbedingungen des Krieges, und in Anbetracht all der übrigen Aufgaben in der Kampfzone hatte er es nicht schlecht getroffen. Rorimer war nie ein Mensch gewesen, der zu Mäkelei geneigt hätte; er war schon immer ein Macher gewesen. Und er wollte seine Arbeit machen, bis Hitler tot war und die deutschen Truppen besiegt waren.
Doch trotz der besten Absichten aller Beteiligten drehten sich die Gespräche bald um Probleme. Es gebe nicht genügend »Zutritt verboten«-Schilder für alle die beschädigten Kirchen, sagte jemand, geschweige denn für all die anderen Gebäude. Angeblich waren für Hammett und Posey Kameras bestellt worden, aber die waren immer noch nicht angekommen. Und niemand besaß ein Funkgerät. Jeder war bei seiner Arbeit auf sich allein gestellt. Sie bildeten keine Einheit; sie waren Individuen mit der Zuständigkeit für individuelle Gebiete und mit individuellen Zielen und Methoden. Wie sollten Offiziere, die auf dem Schlachtfeld unterwegs waren, mit dem Hauptquartier oder auch untereinander Verbindung halten, wenn sie kein Funkgerät hatten?
Rorimer wollte gerade das Thema der Zuteilung ständiger Transportmittel – oder vielmehr deren Fehlen – zur Sprache bringen, als er einen zerbeulten
Weitere Kostenlose Bücher