Monuments Men
und sagte, sie müsse zurück zum Jeu de Paume.
»Sie ist eine Heldin, James«, sagte Jaujard und wandte sich wieder dem Teppich und den übrigen dringenden Aufgaben zu.
»Das seid ihr alle, Jacques«, erwiderte Rorimer. »Ich werde es nicht vergessen.«
Brief von James Rorimer an enge Freunde, insbesondere an seine Familie und seinen Förderer im Cloisters, John D. Rockefeller Jr., 25. September 1944 106
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Meine Lieben,
vor einem Monat bin ich in Paris angekommen. Ich nehme an, Ihr wisst bereits, dass an diesem Tag auch die Amerikaner hier erschienen sind. Unsere Einheit ist gleichzeitig mit den Kampftruppen gekommen. Kurz nachdem die Deutschen in ihrer letzten Bastion kapituliert hatten, haben wir uns durch verbarrikadierte Straßen vorgearbeitet, um zum vereinbarten Treffpunkt zu gelangen. Die Deutschen hatten ihre letzte Nacht im Senatsgebäude verbracht, und die Abgeordnetenkammer war in Brand gesteckt worden. Wir haben in einem Hotel übernachtet, wo sich 24 Stunden vorher noch die Deutschen aufhielten. Am folgenden Tag habe ich im Louvre M. Jaujard meine Aufwartung gemacht, dem Leiter des Nationalmuseums, und habe begonnen, mir Gedanken über meine Arbeit zu machen, die mich als Monuments, Fine Arts and Archives-Offizier für den Bezirk Seine erwarten würde, wozu wie auch unter den Deutschen Seine-et-Marne und Seine-et-Oise gehören.
Als einer der ersten Offiziere in Paris habe ich Kontakt mit den Behörden gehabt – vielleicht ist es noch zu früh, Namen zu nennen, auch wenn sie in den Lokalzeitungen auftauchen –, und mir wurden Aufgaben zugewiesen, die überhaupt nichts mit Fine Arts zu tun haben. Nachdem ich mitgeholfen hatte, unser Hauptquartier aufzubauen, bat man mich, die Leitung der Informationsabteilung zu übernehmen, und so war ich acht Tage lang für das Information Desk zuständig, anstatt nur für 48 Stunden, wie es ursprünglich geheißen hatte. Ich habe alle Leute in Paris getroffen, die in irgendeiner Weise mit den Beziehungen zwischen Franzosen und Amerikanern zu tun haben. Darunter waren viele Generäle, Offiziere aller Ränge, Hotelangestellte und Geschäftsleute jeglicher Art, alte Freunde, Behördenvertreter, Schlosser, Bombenentschärfer und Leute von Nachrichtendiensten ... Ich habe Befehle erteilt und erlebte, dass auch viele davon ausgeführt wurden. Ich bin in einer Situation angekommen, als die militärischen Notwendigkeiten es erforderlich machten, die Arbeit für Fine Arts zunächst zurückzustellen und die Franzosen von den Deutschen zu unterscheiden, die Wahren von den Falschen und die Faulen von den Willigen. Es gab Hunderte Taxifahrer und Übersetzer in großer Zahl, die beschäftigt werden wollten. Oft standen 50 Leute oder mehr in der Schlange, und ich musste an meinem in der Mitte des Raums platzierten Tisch aufstehen und mit anpacken, damit es voranging. Ja, ich habe tatsächlich mitgeholfen, den Krieg zu gewinnen in diesen hektischen, aufregenden und unglaublichen Tagen ...
Hier befinde ich mich im bedeutendsten Kunstzentrum der Welt. Hier sind die Museen, die Bibliotheken, die Archive, die Schlösser und die öffentlichen Gebäude aller Art, die ich mir genauer ansehen muss. Wir sollen Unterstützung erhalten, und unsere Direktiven müssen durch Entscheidungen umgesetzt werden, die klar und eindeutig sind. Bislang waren sie das nicht, und ich habe Dinge erlebt, die Euch unablässig die Haare zu Berge stehen lassen würden. Wenn der Krieg vorbei ist, werde ich Euch von vielen aufregenden Abenteuern berichten können, in denen ein kleiner Leutnant seinen Mann stehen musste. Wenn ich meine jetzige Aufgabe erledigt haben werde, soll niemand sagen können, dass ich nicht alles getan hätte, was in meiner Macht stand, um die Kunstgüter zu schützen, welche die Jahrhunderte hervorgebracht haben ... Ich bin entschlossen, meine Arbeit nach besten Kräften zu verrichten – manchmal frage ich mich, ob das alles nicht nur ein Luftschloss ist wie The Cloisters. Nach den langen Monaten, in denen ich mit der Instandsetzung von Motoren und dem Lernen von Sprachen beschäftigt war, ist es jetzt wieder wie in den guten alten Zeiten, in denen es darum ging, etwas in Angriff zu nehmen und Erfolge zu erzielen ...
Es gäbe noch so vieles, worüber ich schreiben könnte. Die Leiden, welche die Franzosen in diesen Jahren zu erdulden hatten, mit Ausnahme von ein paar wenigen, die von der Besatzung profitiert haben – diese Leute sieht man jetzt überhaupt nicht mehr –,
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