Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monuments Men

Monuments Men

Titel: Monuments Men Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Edsel
Vom Netzwerk:
Sekretärin Jacqueline Bouchot-Saupique, die unter Gefahr für ihr Leben als Hauptverbindungskanal zur Résistance fungiert hatte – wurden zum Rathaus geführt, während der Mob brüllte: »Kollaborateure! Verräter! Bringt sie um!« 104 Es bestand durchaus die Gefahr, dass sie erschossen wurden, bevor sie das Verwaltungsgebäude erreichten. Nur dank der rechtzeitigen Aussage von mehreren Kontaktleuten Jaujards in der Résistance konnten sie schließlich ihre Haut retten.
    Nun, da er endgültig in Sicherheit war, gönnte sich Jaujard keine Rast. Vielmehr arbeitete er viele Stunden lang, um eine Kunstausstellung zu organisieren, die dazu dienen sollte, den Lebensmut der verwundeten Stadt zu stärken. Das Herzstück der Ausstellung war der Teppich von Bayeux. Dieser 68,38 Meter lange und rund 52 Zentimeter breite Tuchstreifen, der um 1070 entstanden war, gilt als eines der bemerkenswertesten Bilddenkmäler des frühen Mittelalters. So etwas hatte es noch nie gegeben: Die Ikonografie ist einzigartig, die Figuren wirken lebendiger als in sämtlichen Darstellungen der vorhergehenden hundert Jahre. Von dem unbekannten Künstler sind keine weiteren Werke erhalten. Der Teppich von Bayeux, der sechs Jahrhunderte lang als eher unbedeutende kirchliche Reliquie behandelt und erst im 18. Jahrhundert von der Welt entdeckt wurde, ist ein zentraler Bestandteil der französischen Kulturgeschichte.
    Der Teppich ist zudem ein wichtiges historisches Dokument, eine annähernd zeitgenössische Darstellung der Eroberung Englands 1066 durch den normannischen Herzog Wilhelm den Eroberer. Er ist mit narrativen Elementen versehen und zeigt mehr als 1500 Objekte – Menschen, Tiere, Kleidung, Waffen, Kriegerformationen, Kirchen, Türme, Städte, Fahnen, Werkzeuge, Karren, Reliquien und Totenbahren – und ist die bei Weitem detaillierteste Beschreibung des Alltagslebens im Frühmittelalter. Da politische und kriegerische Ereignisse im Vordergrund stehen und der Teppich mit dem Tod des angelsächsischen Königs Harald II. in der Schlacht von Hastings 1066 endet, ist er auch eine der bedeutendsten Darstellungen von Eroberungszügen und der Gründung von Reichen. Daher hatte er schon seit Langem auf der Wunschliste der Nationalsozialisten, insbesondere des raffgierigen Reichsmarschalls Göring, gestanden, der eine besondere Vorliebe für Teppiche pflegte.
    Im Jahr 1940 brachten die Franzosen den Teppich, da sie um seine Sicherheit fürchteten, von Bayeux in das Louvre-Außenlager in Sourches. Am 27. Juni 1944 schließlich, nachdem sich die Alliierten an der Küste der Normandie festgesetzt hatten und die deutschen Besatzer fürchten mussten, dass ihnen der Teppich bald wieder entrissen würde, transportierte man ihn mit einer deutschen Militäreskorte zum Louvre. Am 15. August, kurz vor einem Aufstand in Paris, erschien der deutsche Militärgouverneur General Dietrich von Choltitz im Louvre, um sich vom Vorhandensein des Teppichs zu überzeugen. Nachdem er ihn zusammen mit Jaujard besichtigt hatte, machte er pflichtschuldig Meldung nach Berlin.
    Am 21. August erschienen zwei SS-Offiziere aus der Reichskanzlei, die den Teppich nach Deutschland schaffen sollten. General von Choltitz führte sie auf seinen Balkon und deutete zum Dach des Louvre. Es war voll besetzt mit Kämpfern der Résistance; ein Maschinengewehr feuerte Salven in Richtung der Seine.
    »Der Teppich ist da drüben«, sagte Choltitz zu den SS-Männern, »im Keller des Louvre.«
    »Aber Herr General, der Feind hat den Louvre bereits besetzt!«
    »Natürlich hat er ihn besetzt. Der Louvre ist jetzt das Hauptquartier der Präfektur, wo die Führer der Résistance Zuflucht gesucht haben.«
    »Aber wie können wir uns unter diesen Umständen den Teppich beschaffen, General?«
    »Meine Herren«, erwiderte General von Choltitz, »Sie gehören zu den Anführern der besten Soldaten der Welt. Ich gebe Ihnen fünf oder sechs meiner Männer mit; wir decken Ihren Rückzug durch Sperrfeuer, um Sie zu schützen, während Sie die Rue de Rivoli überqueren. Sie müssen dann nur noch die Tür aufreißen und sich zu dem Teppich durchkämpfen.« 105
    Als ein paar Tage später, am 25. August 1944, die Befreier in Paris einzogen, befand sich der Teppich von Bayeux noch immer sicher in seiner Transportkiste im Untergeschoss des Louvre.
    »Was ist mit der Erlaubnis von Bayeux?«, fragte Jaujard Rorimer mit einem Blick über die Schulter. Der Teppich war der Stolz der Normandie, und obwohl er sich noch im

Weitere Kostenlose Bücher