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Moon

Moon

Titel: Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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hinausspülten, den sie gerade hinter sich gelassen hatten. Trotz der vor Hitze kochenden Schwaden sah er Flammen aus den unteren Korridoren schlagen.
    Sie hatten noch eine Chance - wenn sie nicht auf dem Weg nach unten erstickten.
    Er kniete sich auf den Boden und nahm die beiden Mädchen fest in die Arme, so daß ihre Gesichter dicht an seinem Gesicht waren. »Alles wird gut«, versprach er mit einer Stimme, die vor Anstrengung spröde war. »Wir marschieren jetzt die Treppe hinab. Ein paar Minuten noch, dann haben wir's geschafft. Die Stufen sind aus Beton, also können sie kein Feuer fangen. Aber wir müssen uns von den Korridoren fernhalten.« Er kramte sein Taschentuch heraus. »Rachel, du hältst dir das hier vor Mund und Nase.«
    Gehorsam nahm sie das Taschentuch und preßte es sich aufs Gesicht.
    »Sandy, was dich betrifft, fürchte ich, müssen wir dein Nachthemd ruinieren.« Er riß einen langen Streifen heraus, schlang ihn um ihren Hals und zog ihn über das Gesicht. Die perfekte Maske. Er richtete sich wieder auf. »Okay, es geht los«, kündigte er an.
    Childes nahm sie bei den Händen und führte sie den ersten Treppenabsatz hinab. Sie gingen immer dicht an der Wand entlang, in sicherer Entfernung von den emporbrodelnden Dämpfen.
    Je tiefer sie kamen, desto größer wurde die Hitze.
    Sandy und Rachel wurden unwillkürlich langsamer. Doch Childes zog sie mit sich. Der zweite Stock. Weiter. Nicht anhalten. Weiter. Auf einem Treppenabsatz zwischen zweitem und erstem Stock brandete Feuer herauf. Er nahm die Mädchen in die Arme und schützte sie mit dem eigenen Körper. Rachels Knie gaben nach. Sie taumelte gegen die Wand, und in dem Höllenleuchten sah er, daß sie es aus eigener Kraft nicht schaffen würde. Er riß seine Jacke herunter, hängte sie ihr über den Kopf und hob sie hoch. Sie sank gegen ihn, nur noch halb bei Bewußtsein. Vielleicht war es besser so. Er nahm wieder Sandys Hand, und sie setzten ihren Abstieg fort. Er schirmte sie vor den hochschlagenden Flammen ab, so gut er konnte.
    »Nicht mehr weit«, sagte er laut, um sie zu ermutigen.
    Sie erwiderte nichts; ihre Reaktion bestand darin, daß sie sich jetzt mit beiden Händen an seinem Arm festhielt. Für einen kurzen Augenblick schwamm Gabbys Gesicht vor seinen Augen, Gabbys Gesicht hinter der großen Brille, und fast hätte er ihren Namen gerufen. Jetzt war er es, der taumelte, und er rutschte an der Wand entlang hinab und kam schließlich auf den Stufen zu sitzen. Rachel, die ganz von seiner Jacke bedeckt war, hielt er in den Schoß geschmiegt. Er war blind gegen alles, was um ihn her vorging. Aber da war Sandy, sie zerrte an seinem Arm und drängte ihn, wieder aufzustehen. Sie ließ nicht zu, daß er sich ausruhte.
    Er starrte in ihr rußverschmiertes Gesicht, und flackernde Schatten huschten über ihre Züge, und sie wiederholte seine Worte: »Nicht mehr weit!«
    Nicht mehr weit, sagte er sich nun auch. Nicht mehr weit. Gleich haben wir's geschafft. Der letzte Treppenabsatz. Doch seine Kraft ließ jetzt schnell nach, und dieses Mal gab es keine Reserven mehr; seine Kraft versiegte mit dem Husten, der ihn jetzt unaufhörlich schüttelte, ein trockener, ekelhaft würgender Husten, denn seine Lungen waren bis zum Bersten mit Rauch und nichts als Rauch gefüllt. Keine atembare Luft mehr... nur noch diese erstickenden Dämpfe. Und er konnte nicht mehr sehen, wohin er den Fuß setzte, er war geblendet von Tränen und Rauch und grellen Feuerschemen, und seine Lider waren angeschwollen und so wund, daß es selbst schmerzte, sie zu schließen...
    ... und Sandy zog ihn weiter, hinab, immer hinab, und dann war auch sie nicht mehr imstande, weiterzugehen, ihre Beine knickten ein, sie rutschte an der Wand entlang... und er hielt trotzdem nicht an, er schleifte sie über die Steinstufen hinab, immer weiter hinab...
    ... und in seinem Kopf kreiste es, sein Verstand war voller Bilder. Er sah Mondsteine und Gabbys Gesicht zerfetzte, verstümmelte Leichen und durchdringende, boshafte Augen, gierige und höhnische Augen, die ihn direkt aus den Flammen heraus anstarrten, und da war Amy, ein blutendes und sich windendes Bündel, und da war der Mond, der glitzernd weiße und glatte Mond, und er leuchtete durch die wirbelnden Rauchschichten, und aus seiner unteren Wölbung sickerte dunkles Blut...
    ... und er wurde ohnmächtig, noch während er mit schwerfälligen Schritten weiter wankte. Er verlor Sandys Hand und bemerkte es nicht. Seine Hand berührte

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