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Moon

Moon

Titel: Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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und das gletscherhelle Strahlen des Mondes war außergewöhnlich stark und mächtig und beherrschte den gesamten Nachthimmel mit einem eigenartigen Fluten und einer ungeheuerlichen Intensität. Die Anspannung kam
    mit erschütternder Plötzlichkeit.
    Childes spürte, daß er nicht mehr allein war.
    Er blickte in die Richtung zurück, aus der er gekommen war.
    Alles blieb ruhig.
    Er spähte nach vorn, zum anderen Ende des Dammes, dorthin, wo dunkle Baumschatten und dichtes Unterholz emporwuchsen und den Blick auf die gewundene Straße versperrten.
    Irgend etwas dort bewegte sich.

Es hatte ihn aus der alles umhüllenden Finsternis heraus beobachtet und sein gottloses Lächeln gelächelt. Ah. Endlich war er da.
    Das war gut. Die Zeit war reif. Jetzt, unter dem Vollmond, würde es geschehen. Das war angemessen.
    Es setzte sich in Bewegung, entfernte sich von den Bäumen, ging auf den Damm zu.

Wenn Angst Grenzen kannte, dann mußte er jetzt ziemlich nahe daran sein. Die Beine versagten ihm den Dienst, und er mußte sich gegen die Brüstung lehnen, um überhaupt weiterhin stehen zu können. In seiner Brust herrschte plötzlich eine starre Enge; eine Enge, die mit wild umherwirbelnden Federn gefüllt war. Sie konnten nicht entfliehen. Es war hoffnungslos. Und selbst seine Arme waren nutzlos, denn die Muskeln schienen nicht mehr zu funktionieren.
    Es war auf dem Damm, eine schwarze, behäbige Gestalt im Licht des Mondes, eine Gestalt, die sich näherte... der breite, gedrungene Körper schaukelte leicht von einer Seite zur anderen, mit ungeschickten, trudelnden Bewegungen, denen es an jedweder Geschmeidigkeit mangelte.
    Und dann konnte Childes das Kichern in seinem Geist hören. Ein spöttisches Lachen, das Eissplitter in seinen Adern entstehen ließ, das ihn bannte.
    Childes spürte ein Tonnengewicht auf seinen Schultern. Schwer stützte er sich auf die Brüstung. O mein Gott... Sein Geist ist in meinem. Stärker als je zuvor!
    Bald darauf konnte er die vom Mond nachgezeichneten Konturen des Geschöpfs erkennen: gigantische, abgeschrägte Schultern, gelocktes, verfilztes Haar; die Form einer Nase, eines Kinns. Stirn- und Wangenflächen. Ein dunkler Spalt, der ein breiter grinsender Mund war.
    Es kam näher, passierte den Wasserturm. Für kurze Zeit war der untere Teil des plumpen Körpers jenseits der Stufen des erhöhten Bereichs außer Sicht. Für ein paar Sekunden sah Childes nur diesen Kopf und diese Schultern.
    Die Augen lagen noch im Schatten, wie dunkle
    Löcher, so tief und voller Bedrohung wie der See im Abgrund.
    Es stieg die Stufen herauf, und sein Körper wuchs wie aus einem Grab empor, das breite Gesicht von einem Grinsen verzerrt, die Augen unsichtbar. Alles von strähnigen Haaren umrahmt. Es kam näher, es wankte und schaukelte bei jedem Schritt, doch es kam näher, immer näher, und seine Gedanken eilten ihm voraus, griffen nach ihm. Und da war noch etwas anderes an dieser nahezu formlosen Masse, die auf ihn zuschlurfte (bei Gott, es war ein Torkeln, kein normales Gehen) - etwas Störendes, etwas, das langsam - nur ganz langsam -offenbar wurde, je näher es kam... Und dann, kaum drei Yards entfernt, blieb das Etwas stehen.
    Erst jetzt, als Childes das breite, vom Mondlicht erhellte Gesicht und die stechenden Augen, klein und dunkel, richtig sehen konnte, brach die Erkenntnis über ihn herein, die Gewißheit - denn wenn es... wenn sie... sprach, verriet die Stimme nichts von ihrem Geschlecht, diese tiefe und krächzende Stimme.
    »Ich... habe... das... Spiel... genossen«, sagte sie und betonte Wort für Wort.
    Ihr dumpfes, glucksendes Lachen war so unangenehm wie ihre Stimme; und traf ihn wie Schläge. Childes klammerte sich an der Brüstung fest.
    Die Frau schlurfte noch einen Yard näher, und er bemerkte ihre Knöchel, unterhalb des langen, weiten und schweren Rocks, geschwollene Knöchel, die aufgebläht über die geschnürten Schuhe hinwegquollen; es war, als sei ihr Fleisch geschmolzen.
    Ein zeltgroßer Anorak bedeckte ihren Oberkörper.
    Childes zwang sich, aufrecht zu stehen. In seinem Kopf rumorten wirre Gedanken; Übelkeit verengte seine
    Kehle. Er konnte die Frau riechen. Er konnte ihren Wahnsinn riechen. Krampfhaft schluckte er und bemühte sich verzweifelt, seine versiegende Kraft zu sammeln.
    Alles, was ihm zu sagen einfiel, war:
    »Warum?«
    Das Wort war nichts weiter als ein krächzender Laut, aber sie verstand es. Er spürte, er fühlte den Wechsel ihrer Emotionen. Die Belustigung war

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