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Moon

Moon

Titel: Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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gefährlich aufgeladen, ein heimtückischer, schleichender wechselseitiger Strom, eine Aura um sie und um ihn. Die Härchen auf seinen Armen richteten sich auf; die Zeit lief plötzlich anders - langsam, so langsam.
    Gedanken sprudelten in seinen Verstand und ließen ihn zurücktaumeln.
    Amy. Sie lag hinter dieser niedrigen Steinmauer, sie wand sich vor Schmerzen, ihr Gesicht war ein Nadelkissen, gespickt mit Glasscherben, ihr Hals war unnatürlich verdreht; sie war gegen diesen Baum geschmettert worden, ihr Mund klaffte weit offen. Blut quoll heraus.
    »Nein!« rief er.
    Die Vision war verschwunden.
    Und der schattige Spalt auf dem Gesicht der Frau verzog sich zu einem Grinsen.
    Childes senkte den Kopf, preßte die Hände gegen seine Stirn - neue Bilder kamen.
    Jeanette. Sie hing über dem Abgrund des Treppenhauses. Sie pendelte über dem Nichts. Die Schlinge grub sich tief in ihren Hals, ihre Haut war mit hektischen Flecken übersät und schwoll dort, wo die Schlinge saß, gewaltig an. Die Zunge, dick und aufgebläht, stieß langsam zwischen ihren Lippen hervor. Wurde größer. Und länger. Immer länger. Sie war ein aus ihrem Mund kriechender purpurner Wurm, der sich jetzt über ihr Kinn herunterschlängelte und zitternd über ihren Hals tastete, der so fest zugedrückt wurde. Ihre Augen wölbten sich vor und quollen aus den Höhlen. Dann platzten sie heraus. Zuerst das linke, dann das rechte. Eine klare, gelbliche Flüssigkeit sickerte an Jeanettes Beinen entlang nach unten, durchtränkte die weißen Strümpfe und tröpfelte in einem ununterbrochenen Strom ins Treppenhaus hinab.
    »Das ist nicht real!« schrie er.
    Gabby, Gabby, wie sie ganz still dalag. Der kleine, bleiche Körper entkleidet und reglos, so reglos und still wie der Tod. Ihr Bauch aufgeschnitten. Klebrige, schweißnasse Organe brachen aus der Wunde hervor, pulsierten, pochten, wanden sich wie schleimige Parasiten. Ihr Mund öffnete sich, und diese glitschigen Dinge, die ihr Dasein, ihr Leben waren, quollen noch immer aus ihr heraus. Ihre Finger fehlten. Ihre Füße waren nur noch
    Stümpfe. Die Zehen fehlten auch. Sie schrie. Sie rief nach ihm, rief nach ihrem DADDDYYYYYY! DADDDDYYYYYY! DADDDYYYYYY!
    »Illusion!« kreischte er.
    Und das Etwas, das ihm auf dem Staudamm gegenüberstand, lachte nur, ein tiefes, gutturales Gurgeln, das so böse war wie sein gestörter Geist.
    Eine unsichtbare Faust schlug zu, und Childes riß den Kopf zur Seite. Der Schlag traf dennoch, und seine Wange brannte wie Feuer. Hitze wühlte sich in ihn hinein. Die Frau hatte sich nicht bewegt. Ihr Kichern verspottete ihn. Eiskalte, rostige Finger rammten in seinen Unterkörper, umklammerten seine Hoden und drückten zu, und der Schmerz ließ ihn in die Knie gehen.
    »Illusion, mein Liebling?« wehte ihre Stimme heran.
    Er kreischte und röchelte und hielt seine Hoden mit beiden Händen, und da verwandelte sich die unsichtbare Hand in pures Feuer und stieß in seinen Anus hinein, durchdrang ihn von unten nach oben, versengte seinen Darm, krallte sich an seinen Eingeweiden fest und zerschmolz und zerquetschte sie in ihrem flammenden Griff.
    »ILLUSIONEN?« fragte sie noch einmal.
    Und obwohl die Schmerzen ungeheuerlich waren, obwohl noch immer eine weiße, sengende Fackel in ihm wütete und er nur noch ein zuckendes Bündel war -obwohl er kaum mehr richtig bei Bewußtsein war, begriff er doch, daß es nicht real war, nichts von alldem war real - real war nur dieser fremde Geist, diese fremde Kontrolle von außen -
    ... Und als er das erkannte, hörten die Schmerzen augenblicklich auf.
    Er wälzte sich herum, schwach und völlig erschöpft, versuchte sich aufzurichten und sackte doch nur erbärmlich gegen die Brüstungsmauer. Er starrte zu der dunkel über ihm aufragenden Gestalt empor. Sie hatte sich nicht bewegt.
    »Illusionen«, bekräftigte er atemlos.
    Ihre Wut begrub ihn unter sich, ein gigantischer Sturmwind, eine Flutwelle des Grauens. Ihre Wut schleuderte ihn zurück. Irgend etwas kratzte über seine Pupillen. Tränen schossen in seine Augen. Er riß die Hände hoch, zupfte die geschrumpften Kontaktlinsen aus seinen Augen und ließ das Plastik fallen. Er schrie, und er rollte noch immer herum und herum, und er wollte auf die Füße kommen, wollte hochkommen und wirbelt doch nur wie ein welkes Blatt davon und blinzelte die Tränen weg, immer wieder.
    Ein unglaublicher Druck lastete wie ein gigantisches Ungeheuer auf ihm, aber Childes widerstand. Er krallte sich an der

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