Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Moon

Moon

Titel: Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
Vom Netzwerk:
Erlaubnis bekommen, es Ihnen zu zeigen.«
    Childes starrte den Umschlag an; er zögerte, ihn zu berühren.
    »Nehmen Sie ihn«, drängte der Detective.
    Childes streckte die Hand aus; er war nervös, unsicher. Er ließ die Hand sinken. »Ich glaube nicht, daß ich das will«, gab er zu.
    Overoy erhob sich und reichte ihm das Kuvert. »Das letzte Mal hat diese geistige Qual für Sie erst aufgehört, als wir den Mörder fanden.«
    »Nein, als er sich umgebracht hat. Ich weiß es. Genau in diesem Moment war es vorbei.«
    »Was fühlen Sie jetzt? Ist dieser Wahnsinnige im Feuer umgekommen? «
    »Ich... ich glaube nicht.«
    »Dann nehmen Sie den Umschlag. Berühren Sie das, was darin liegt.«
    Zaghaft nahm Childes das braune Kuvert.
    Er zuckte zusammen, als würde ihn ein leichter Stromstoß durchfahren.
    Der Gegenstand war so leicht.
    Er öffnete den Umschlag und tastete mit Daumen und Zeigefinger hinein. Er spürte etwas Glattes, Rundes. Etwas Kleines.
    Childes holte einen geschliffenen, ovalen Stein heraus. Hielt ihn in der Handfläche. Sah das irisierende blaue Gleißen in den silberhellen Tiefen, das blaue Feuer, das aus der schimmernden Masse des Steins selbst geboren wurde.
    Childes schwankte, und Overoy packte zu, um ihn an der Schulter festzuhalten - und prallte wie unter einem Schock zurück. Der Detective machte einen weiteren Schritt zurück, als er sah, wie sich dessen Haare bewegten. Es waren kleine Wellenbewegungen, als werde es von statischer Elektrizität durchflossen.
    Das Kribbeln war da - schlagartig; es verkrampfte Childes' Körper, durchfuhr ihn... und es schien seine Nervenzellen auszudehnen. Seltsam losgelöst spürte er, daß er am ganzen Leib zitterte und daß er keine Kontrolle mehr darüber hatte. Ein frostiger Blitzschlag durchfuhr seinen Geist. Er spürte Überraschung - nicht nur seine eigene, sondern auch die von etwas anderem... von jemand anderem. Etwas Ekelhaftes schien in seinen Kopf hineinzukriechen. Augen starrten ihn an, aber von innen heraus. Seine Hand schloß sich so fest um den Stein, daß sich die Fingernägel in seine Handfläche gruben.
    Er spürte ES... ... ES spürte ihn...

»Es war ein Mondstein«, erzählte Childes Amy. »Ein winziger Mondstein. Er war im Körper der Prostituierten zurückgelassen worden. Overoy hat mir gesagt, daß die Pathologen noch einen im Leichnam des Jungen entdeckt haben.«
    Amy saß auf dem Boden zu Childes' Füßen, einen Arm über sein Knie gelegt; sie starrte ihn besorgt an. Er lehnte sich in das Sofa zurück, das Whiskyglas auf dem Schoß. Nachdem sich der Polizist ein Taxi gerufen hatte und abgeholt worden war, hatte Childes zwei Stunden lang weitergetrunken - bedauerlich nur, daß der Alkohol so wenig Wirkung zeigte. Aber vielleicht war sein Gehirn ja durch das vorhergegangene Erlebnis schon betäubt genug.
    »Aber in dieser Klinik wurde keiner gefunden?« fragte Amy.
    »Das Feuer hat ganze Arbeit geleistet... zuviel Trümmer, verstehst du? Völlig unmöglich, darunter etwas so Kleines zu finden.«
    »Und doch hat dir dieser Overoy geglaubt, als du ihm gesagt hast, daß dieselbe Person dafür verantwortlich ist.«
    »Er hat gelernt, daß er mir vertrauen kann, so schwierig das für ihn auch gewesen sein mag.« Childes hob sein Glas. Der Whisky schmeckte bitter, aber das Brennen half, etwas von der Kälte zu vertreiben, die er in sich fühlte. »Dieser Anblick, Amy... Ich habe ihn schon so oft gesehen, immer nur kurz, ein schimmerndes Weiß, als würde ich den Mond sehen... den Mond, der hinter den Wolken versteckt ist. Einmal tauchte dieses Bild sogar in einem meiner Alpträume auf.«
    »Und du hast keine Ahnung, was es bedeutet?«
    »Überhaupt keine.«
    »Der Mondstein hat eine starke Reaktion deinerseits hervorgerufen.«
    Sein Lächeln war freudlos. »Ich habe Overoy einen wahnsinnigen Schrecken eingejagt. Und mir selbst auch. Diese Kreatur - wer oder was es auch immer ist -, sie kennt mich. Sie war hier, in diesem Zimmer, IN meinem Kopf, Amy, sie hat wie ein krabbelnder Parasit von meinen Gedanken gefressen. Ich wollte Widerstand leisten, wollte meinen Geist freihalten... ich hab's wirklich versucht, aber es war zu stark. Es ist schon einmal passiert... nur nicht so überwältigend.«
    »Du hast mir nichts davon gesagt.«
    »Was hätte ich schon sagen sollen? Ich dachte, ich werde verrückt, ich... Und dann ließ es nach. Für eine Weile verschwand es, und ich fühlte mich okay und in Sicherheit. Bis heute. Heute ist es zurückgekommen.

Weitere Kostenlose Bücher