Moonlit Nights
Kassenabrechnung gemacht. So
leicht würde er mir heute nicht davonkommen. Ich sprang mit
einem Satz um die Theke, dass Dad vor Schreck das Buch aus der
Hand fiel, und gab ihm einen dicken Schmatz auf die Backe.
Vergnügt grinste ich ihn an. »Du scheinst ja heute mächtig gut
drauf zu sein«, brummelte er vor sich hin, wischte sich verlegen
über die Wange und bückte sich nach dem Kassenbuch, um
schnell wieder dahinter zu verschwinden.
»Keine Sorge, Dad, ich gehe in mein Zimmer. Wenn Mom da ist,
sag’ mir Bescheid. Dann nerv‘ ich sie.« Ich hörte ein erleichtertes
Seufzen, während er das Buch zurück unter die Theke schob.
»Mach’ ich!« Wusst‘ ich’s doch, alles nur Selbstschutz. Immer
noch grinsend ging ich hinauf in mein Zimmer. Ich schaute aus
dem Fenster.
Ich konnte kaum bis zum Wald schauen, der direkt hinter unserem
Haus begann, so neblig war es. Mittlerweile hatte es auch schon
wieder angefangen zu regnen. Welch wundervoller Tag heute!
Konnte so ein Tag noch schöner werden? Meine Laune befand
sich auf einem fast unaushaltbaren Hoch. Was der morgige Tag
wohl noch mit sich brachte? Ob ich so viel Glück überhaupt
ertragen konnte? Seufzend warf ich mich aufs Bett und fummelte
an meinem Zauberwürfel. Hmm… mit dem schönen Tag war
zwar keine Erleuchtung gekommen, aber ich wollte ja nicht
übermütig werden. So uneinheitlich bunt sah er doch auch ganz
schön aus. Ich legte ihn zurück auf mein Nachttischschränkchen,
trommelte mit den Fingern auf der Bettkante herum und wartete
darauf, dass meine Mutter endlich heimkam. Ich schien echt krank
zu sein. Der Gedanke, dass ich es nicht erwarten konnte, meiner
Mutter etwas Privates zu erzählen, machte mir Angst. Meiner
Mutter etwas Persönliches zu erzählen, barg auch gewisse
Risiken. Man musste immer davon ausgehen, dass diese
Informationen bei der nächsten Gelegenheit gegen einen
verwendet wurden. Aber das war mir heute egal. Ich wollte, dass
jeder wusste, dass Liam mich – MICH!!!– zu einem Kaffee
eingeladen hatte.
Gut, dass sich mein Zimmer im ersten Stock befand. Wenn mich
irgendjemand gesehen hätte, wie ich für jeden Außenstehenden
grundlos grinsend auf meinem Bett lag, hätte man mich bestimmt
einweisen lassen. Endlich hörte ich, wie jemand einen Schlüssel
ins Schloss steckte. Ich schnellte hoch und rannte zur Haustür.
Mit einem Ruck riss ich sie auf und begrüßte meine verwunderte
Mutter überschwänglich. Ihr Blick war fast noch besser, als der
meines Vaters zuvor. »Okay«. Sie schob mich von sich weg und
trat ein. »Wer sind Sie und was haben Sie mit meiner Tochter
gemacht?«
Ich lachte. »Mom! Liam hat mich morgen auf einen Kaffee
eingeladen!« Sie lächelte. »Dich?«
Ich nickte, meine Augen strahlten. »Nicht Amilia?«, fragte sie
vorsichtig. »Nö!« Jetzt strahlte ich übers ganze Gesicht. »Das
freut mich für dich.« Meine Mutter streichelte mir sanft über die
Haare. Ich schlang mein Abendessen hinunter, machte den
Abwasch und beeilte mich ins Bett zu kommen. Umso schneller
ich einschlief, umso schneller wäre morgen. Eins und eins konnte
sogar ich zusammenzählen.
----
Das erste Date
Sechs Uhr – und ich war hellwach. Ich wälzte mich in meinem
Bett herum, doch ich konnte einfach nicht mehr schlafen. Ob es
nun daran lag, dass ich seit Neuestem immer so früh aufstand und
mich daran gewöhnt hatte oder daran, dass ich heute mit Liam
verabredet war, wusste ich nicht genau. Nach genauerer
Überlegung tippte ich allerdings auf das Letztere. Ich kletterte aus
meinem Bett und ging runter, um zu frühstücken. Im ganzen Haus
war es noch dunkel. Ich war die Erste, die auf war –
ungewöhnlich, doch an diese himmlische Ruhe morgens konnte
ich mich gewöhnen.
Ich zog die Rollläden hoch und blickte hinaus. Draußen war es
noch stockdunkel. Es wird ewig dauern, bis wir drei Uhr haben,
dachte ich wehmütig.
Ich holte eine Schüssel Müsli aus dem Schrank und frühstückte.
Zehn Minuten später hatte ich alles aufgegessen. Ich hatte recht,
es würde ewig dauern. Warum mussten sich immer die Momente,
die möglichst schnell vorbeigehen sollten, bis in alle Ewigkeit
hinziehen und die Stunden, die am liebsten nie enden sollten,
hopplahopp an einem vorbeirasen?
Wer hatte das so geregelt? Das war so ätzend!
Ich schlich in mein Zimmer zurück, um keinen zu wecken,
schaltete das Fernsehen an und schaute mir das
Samstagmorgenmagazin an. Meine Güte. Was für ein Mist!
Weitere Kostenlose Bücher