Moonlit Nights
Aber
es half mir, mich ein bisschen abzulenken.
Nachdem ich den ganzen Morgen halb schlafend vor der Glotze
verbracht hatte, rückte der Stundenzeiger meiner Uhr endlich auf
zwei Uhr. Ich konnte beginnen, mich fertigzumachen. So lange
würde ich zwar ohnehin nicht brauchen, doch dann hatte ich
wenigstens etwas zu tun. Ich ging ins Badezimmer und stellte
mich unter die Dusche. Hmmm … unter die herrlich heiße
Dusche. Ich ließ das Wasser an mir herunterrieseln und genoss die
entspannende Wärme. Als ich fertig war und aus der Dusche
stieg, bekam ich einen Schreck – schon halb drei! Hatte ich
wirklich eine halbe Stunde geduscht? Mir war es gar nicht so
lange vorgekommen. Schnell rubbelte ich mich trocken und
föhnte meine Haare.
Viertel vor drei. Es dauert immer ewig, bis meine Haare trocken
waren. Nur mit einem Handtuch bekleidet, schlüpfte ich über den
Flur in mein Zimmer und zog mich an. Ich bürstete noch einmal
durch meine Haare und schaute zufrieden in den Spiegel.
»Schatz?« Mein Herz schlug schneller. Meine Mutter stand am
Treppenende und hatte gerufen.
»Ja?«
»Wenn Liam ein schwarzes Auto fährt, ist er da!« Ein schwarzes
Auto? Was fuhr Liam für ein Auto? Ich hatte keine Ahnung. Ich
wusste ja nicht einmal, dass er einen Führerschein besaß. Ich
hetzte die Treppe hinunter und nahm die letzten drei Stufen auf
einmal. Meine Mutter blickte mich verdattert an. Sie hatte mich
noch nie zu solch einer sportlichen Höchstleistung auflaufen
sehen.
Ich riss meine Jacke von der Garderobe, gab meiner Mutter einen
kurzen Abschiedskuss und trat unsicher aus der Haustür. Ein
schwarzer Sportwagen hielt an der Straße. Ich kannte mich gut
genug aus, um zu wissen, dass dieser Wagen ein BMW war – ein
teurer BMW. Zu mehr reichte es dann aber doch nicht. Die
Scheiben waren abgedunkelt und ich versuchte vergebens
hindurchzusehen, um zu schauen, ob tatsächlich Liam in diesem
Wagen saß und ich nicht bei irgendeinem Fremden einstieg.
Langsam kam ich näher, den Blick immer noch auf das Fenster
der Fahrerseite gerichtet.
Es regnete und meine sorgsam trocken geföhnten Haare wurden
wieder nass. Mit einem Ruck schwang die Fahrertür auf und Liam
kam mir mit einem Schirm entgegen. »Hey«, hauchte er mir so
zärtlich entgegen, dass mir ganz schwummrig wurde und ich im
ersten Moment nicht fähig war zu antworten. Als ich meine
Stimme wiedergefunden hatte, brachte ich ebenfalls ein »hey«
zustande.
Auch wenn es wie aus Eimern schüttete, mit Liams Anblick ging
meine persönliche Sonne auf. Er geleitete mich zur Beifahrertür.
Ich wollte sie aufmachen, doch Liam war schneller. Er wartete,
bis ich eingestiegen war und mich angeschnallt hatte, bevor er die
Tür hinter mir schloss, ums Auto herumging und neben mir auf
den Fahrersitz glitt. Ein bisschen neidisch beobachtete ich Liam.
Egal was er tat – selbst wenn er sich nur ins Auto setzte – seine
Bewegungen sahen immer so geschmeidig und koordiniert aus,
als hätte er sie bis ins letzte Detail durchgeplant. Ich hatte zwar
nicht viel Ahnung von Beziehungen – um genau zu sein,
eigentlich gar keine, aber sollte es nicht eher so sein, dass der
Mann die Frau bewundert, wie grazil und elegant sie sich
bewegen kann?
Liam startete den Motor und fuhr los. Meine Mutter stand vor der
Haustür und winkte zum Abschied, doch ich sah sie nicht
wirklich.
»Schönes Auto«, sagte ich und fuhr mit meinen Fingern über das
spiegelglatte Klavierholz, das die Armaturen verzierte.
Liam lächelte stolz. »Ist der von deinem Dad?«
Liam blickte weiterhin auf die Straße, schüttelte aber mit dem
Kopf. »Deiner Mom?«, fragte ich etwas ungläubig. Wieder
schüttelte Liam den Kopf. Ungeduldig rutschte ich auf meinem
Sitz herum. So was konnt‘ ich grad‘ leiden. Wenn jemand etwas
vermutete und es war nicht so, wäre es dann nicht höflich
gewesen, denjenigen aufzuklären? »Wessen Auto denn?«,
quengelte ich weiter. Nicht, dass es mich furchtbar interessiert
hätte, aber ich versuchte eben, ein Gespräch in Gang zu bringen.
Es gab wohl nichts Schlimmeres als peinliches Schweigen, weil
keiner wusste, was er sagen sollte. »Meins«, antwortete Liam
knapp, als wäre es das Natürlichste auf der Welt, im Alter von 17
Jahren einen schicken Sportwagen zu fahren. »Deins?!« Ich
merkte, wie meine Stimme ungewollt höher wurde. Er nickte
zögerlich, als hätte er erst überlegt, ob er es wirklich zugeben
sollte. »Ah …« Wie zur Hölle
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