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Moonshadow - Das Schwert des grauen Lichts

Titel: Moonshadow - Das Schwert des grauen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Higgins
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Einklang.
    Reinige dich von allen Lügen des Tages, vergeude nicht ein einziges Korn des Lebens. Damit du auf diesem Pfad ins Glück gelangst, reinige deine Gedanken.
    Als er noch Nanashi gewesen war, hatte ihn Mantis viel über den letzten Teil des zweiten Verses nachdenken lassen. Wie Mantis immer wieder gesagt hatte, vergeude nicht ein Korn des Lebens hieß, unter anderem, töte nie, wenn du eine Wahl hast. Bei diesen Worten hatten Mantis’ Augen immer einen seltsamen, verwundeten Blick gezeigt. Der einstmals berühmte Duellant sprach oft vom Karma: die Folgen einer Handlung, die Wirkung, die jede Ursache hatte. Jahr für Jahr hatte er von dem jungen Nanashi gefordert, sich die Hei ligkeit des Lebens bewusst zu machen.
    Es war kaum vorstellbar gewesen, dass dieser heilige Mann trotz seiner unglaublichen Fähigkeiten einmal jemanden oder etwas getötet haben sollte. Dann hatte eines Tages Eagle einigermaßen nüchtern enthüllt, dass Bruder Mantis sich »in sei ner wilden Jugend«
für seinen Lebensunterhalt duelliert und auf diese Weise fünfundsiebzig Männer umgebracht hatte, alle im Zweikampf.
    Moon atmete tief durch. Vergeude nicht ein Korn des Lebens. Würde er heute Nacht gezwungen sein zu töten? Würde er wie sein Lehrer am Beginn ei ner Reise voller Reue stehen?
    Moon öffnete weiter die Augen. Er blickte sich um und suchte den Burggraben ab, die entfernte Brücke, die darüberführte, die am Abhang liegenden Burgwände. Er hatte echte Schwierigkeiten, sich in Gedanken vorzubereiten. Was stimmte nicht mit ihm? Das Furube hatte seinen Zweck zwar halbwegs erfüllt, denn die Spur der Angst war verblasst. Nein, das war es nicht.
    Er schüttelte den Kopf, als er verstand. Sie war es! Sie war da, am Rande seines Bewusstseins, in jeder Sekunde, die verstrich. Warum? Fühlte er, dass sie irgendwo in der Nähe war? War sein In teresse an ihr zu einer Art Besessenheit geworden? Er verengte seinen Blick und rezitierte noch einmal das Sutra, dieses Mal zwang er sich zu stärkerer Konzentration.
    Schließlich ließen die Gedanken an sie allmählich nach und wurden durch wachsende Klarheit ersetzt. Sein Verstand ordnete sich, ein ruhiger Teich. Er öffnete seine Augen und blickte die Wände empor, hinter denen seine Beute wartete. Sein Vorhaben war nun alles. Moon war ruhig, aber wachsam. Fertig, begierig und vor allem ohne Angst.
    Er atmete gleichmäßig, auch als er aufstand und sich streckte. Die Ufer des Burggrabens waren ruhig,
aber ein Platschen ließ ihn herumfahren. Moon lauschte und ließ seinen Blick über das Wasser schweifen. Da! Gigantische Karpfen bewegten die Oberfläche in der Nähe des Ufers. Sie tauchten lebhaft und mit noch mehr Platschen an die Oberfläche, verwandelten sich dann in lange graue Schatten, bevor sie verschwanden.
    Gemurmel drang über das Wasser. Die Stimmen von Wachen. Moon hörte noch einen Karpfen im Burggraben, der nach einem Insekt schnappte. Er runzelte die Stirn. So leicht er auch war - wenn auch nur einer dieser großen Fische seine Wasserspinnen anstoßen würde, wäre er in äußerster Gefahr. Soviel er erkennen konnte, wimmelte es im Burggraben von Karpfen, viele davon waren beinlang.
    Er blickte auf das obere Ende der gewölbten Wand. Ein schwaches Leuchten oberhalb der massiven Steine deutete auf das Kochfeuer eines Wachtpostens. Silberwolfs selbstbewusste, aggressive Männer an der Grenze von Hakone waren Amateure gewesen verglichen mit dem, was ihm hier in Fush imi bevorstand. Nur die besten Kämpfer des Kriegsherren, deren Aufgabe sein Schutz war, taten hier im Schloss als Samurai ihren Dienst. Wenn er entdeckt würde und ge zwungen wäre, gegen sie zu kämp fen, hätte er Männer vor sich, die nicht nur wegen ihrer Stärke und Schnelligkeit ausgewählt worden waren, sondern weil sie bereit waren, ihr Leben für ihren Lehnsherrn zu geben. Er fühlte im Voraus, wie ihm die Brust enger wurde.
    Moon blickte vorsichtig auf den Burggraben hinab.
Er roch das Wasser und den Schlamm. Wenn er dort hi nein fal len würde, hatte er zwei Mög lichkeiten, und beide waren übel. Er konnte still an den Schwimmkörpern hängen, bis er außer Atem war und ertrinken würde. Oder er konn te sich von ih nen befreien und verzweifelt davonschwimmen, eine geräuschvolle Angelegenheit in solch einer stillen Nacht. Er blickte unbehaglich zur Burg hoch. Wenn das passierte, würden, egal wie lange er zunächst unter Wasser bleiben würde, Dutzende von Pfeilen von der Spitze des Turms auf ihn

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