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Moonshadow - Das Schwert des grauen Lichts

Titel: Moonshadow - Das Schwert des grauen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Higgins
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Rucksack holte er acht Viertelkreise und zwei starke Kreuzbalken mit Fußbügeln hervor, die aus einem bestimmten schwimmenden Holz geschnitzt waren. Er überprüfte, ob die Tei le sich leicht verbinden lie ßen, um ein Paar Mizu Gumo oder ›Wasserspinnen‹ zu bilden. Zuerst wurden die Viertelkreise zu zwei großen Scheiben zusammengesteckt, gehalten von raffinierten gefederten Gelenken. Dann wurden die beiden Kreuzbalken und die an ihnen befestigten Lederriemen genau in die Mitte jedes Kreises gesteckt. Moon testete die Belastbarkeit jeder Wasserspinne und nahm sie dann wieder auseinander. Die Einzelteile steckte er in die Beintaschen seiner Rüstung.
    Er lächelte bei diesen Vorbereitungen und erinnerte sich an Groundspiders zahlreiche vergebliche Versuche, diese schwimmenden Scheiben zu benutzen. Wenn man sie wie große runde Schuhe trug, konnte eine Person von sehr leichtem Körpergewicht - eine mit der typischen Shinobi-Figur, wie Moon - auf den Mizu Gumo ba lancieren und auf recht einen Graben oder ein ruhendes Gewässer überqueren. Groundspider, der für einen Spion ungewöhnlich groß und schwer war, überschlug sich jedes Mal, strampelte dann unter Wasser und hing von den angeschnallten
schwimmenden Scheiben herab wie eine riesige Fledermaus beim Ertrinken.
    Trotz flüchtiger Momente der Nervosität wegen seiner bevorstehenden Aufgabe kicherte Moon und stellte sich Groundspider vor, wie er bis auf die Knochen durchnässt seine Mizu Gumo auseinandernahm, nachdem er es nicht geschafft hatte, einen Graben in der Nähe der Burg des Shogun bei Edo zu überqueren. »Was grinst du so blöd, Kind?«, hatte der große Mann mit gespielter Drohung gerufen. »Sonst kann ich al les andere besser als du! Außerdem passiert das alles nur, weil ich ein Ground spider bin, eine Erd spinne!«
    Zuletzt schob Moon sein kurzes, gerades Shinobischwert in die Knoten auf seinem Rücken und schleuderte den Stoffrucksack daneben, der seine Tageskleidung enthielt. Fertig ausgerüstet löste er die Verriegelung seiner Tür. Er wartete eine Weile, lauschte aufmerksam den nächt lichen Geräuschen des Gasthauses, bis er sicher war, dass alles schlief und niemand in dem Korridor zwischen seinem Zimmer und dem Hintereingang lauerte. Er öffnete seine Tür, kroch ungehindert aus dem Gebäude und bewegte sich durch die engen Straßen der Stadt auf die Burg zu.
    Die Mitternachtsglocke von Fushimis größtem Tempel erschallte. Ihr tiefer Klang ließ Schmetterlinge in Moons Magen aufflattern. Er kauerte sich im Schatten zusammen und ließ seine Augen über den vorderen Teil von Burg Momoyama schweifen.
    Obwohl die Nacht pechschwarz war, wusste
Moon, dass der Mond nur allzu bald hinter den fernen Bergen aufsteigen würde. Er wäre zwar keine ganze Scheibe, aber eine leuchtende Sichel, die immerhin die Dächer gefährlich hell erleuchten würde. Er musste diesem Mondaufgang zuvorkommen oder wenigstens schon auf dem Weg aus der Burg sein, wenn er gefährlich wurde.
    Moon kam am Tempel vorbei und kroch über das schattige Ufer des Burggrabens, der auf der Stadtseite mit Weiden und einsamen krummen Pinien gesprenkelt war. Sein dunkler, blau-purpurner Tarnanzug gab ihm Zuversicht, denn er wusste, dass diese einzigartige Farbe im Schatten oder Halbdunkel schwerer auszumachen war als einfaches Schwarz. Aber eine ers te Spur ech ter Angst hatte ihn schon ergriffen.
    Dies war keine Übung. Dies war echt: Le ben oder Tod. Es war Zeit, durch das Rezitieren des Furube-Sutra innere Kontrolle auszuüben, nicht nur pflichtgemäß, wie er es im Morgengrauen und in der Abenddämmerung machte, sondern fast verzweifelt, denn jetzt stand er vor einer echten Handlung.
    Furube hieß, etwas abzuschütteln, es loszuwerden. Dieses Ritual versetzte einen Spion in die Lage, seine Mission auszuführen. Es schärfte seinen Verstand und sei ne Sinne, half ei nem Shinobi, alle Ablenkungen zu ignorieren, bevor er ans Werk ging.
    In der Dunkelheit am Fuße eines Baumes verschränkte Moon seine Beine und setzte sich auf seine Fersen. Er verengte seinen Blick und flüsterte die drei Verse des Sutra, den Vorbereitungsspruch, den
Spruch zur Selbstbegegnung und den Spruch des Entschlossenen. Er legte seine Handflächen gegeneinander, faltete seine Finger und löste sie in einer Reihe von schwierigen Mustern wieder voneinander, die verschiedene Knoten oder Symbole zu jeder Zeile des Sutra bildeten.
    Sammle und ordne deine Aufgaben und bringe sie mit deinem Karma in

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