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Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Titel: Moonshine - Stadt der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alaya Johnson
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hätte Rinaldo keine Chance. Ich stolperte vorwärts und verdrängte die Erschöpfung aus meinen Muskeln.
    »Amir!«, schrie Rinaldo plötzlich. »Ich befehle Ihnen, mir mehr Kraft zu geben! Haben Sie gehört? Ich habe Sie heraufbeschworen, also geben Sie sie mir!«
    Amir hatte keine Chance, sich dagegen zu wehren. Er verdrehte die Augen und sackte reglos zu Boden. Für einen Moment schien alle Luft aus dem Raum zu weichen – wie das Wasser des Ozeans, bevor eine riesige Flutwelle kommt. Dann hörten wir es: ein immer lauter werdendes Geräusch, wie ein Flugzeug, das zur Erde stürzte. Meine Haut begann zu prickeln, Rinaldo dagegen schien zu glühen. Die Haare standen ihm zu Berge, und seine Kleidung kräuselte sich, obwohl kein Lufthauch ging. Er lachte, und es erinnerte mich – obwohl ich wünschte, es wäre nicht so – an Nicholas.
    »Versuch es jetzt noch einmal,
Defender
«, rief er.
    Daddy hätte diesen Versuch nicht überlebt, ich hätte es nicht rechtzeitig geschafft, ihm zu Hilfe zu kommen. Und das, was ihn letztendlich rettete, hatte nichts mit Stahl oder Silber zu tun.
    »Papa«, brachte Nicholas mit erstickter Stimme hervor. »Papa, er wird mich umbringen.«
    Alle wandten sich um, um zu sehen, was los war. Giuseppe hatte meine weggeworfene Pistole gefunden und Nicholas die Mündung auf die Brust gesetzt. Niemand außer mir, Daddy und Troy wusste, dass sie nicht geladen und damit vollkommen nutzlos war.
    »Du hast meinen Sohn getötet«, sagte Giuseppe.
    Keiner von uns bekam mit, wie Rinaldo sich bewegte. In der einen Sekunde hatte er noch vor Daddy gestanden, in der nächsten befand er sich bereits bei Giuseppe und schlug ihm brutal die Waffe aus der Hand. Der Getroffene stöhnte auf, als Rinaldo fauchte und seine Faust direkt in Giuseppes Brust rammte, als wäre sie nicht fester als eines dieser Durchscheingemälde aus Pappe, die man auf Messen bewundern konnte.
    »Er ist nicht dein Sohn«, knurrte Rinaldo, an die Überreste seines Rivalen gewandt, die auf den Boden getropft waren.
    Kathryn, die bisher an der Tür gestanden hatte, schrie auf und rannte zu ihm hinüber, ohne auf die Vampire und
Defender
zu achten, die ihr im Weg waren. Sie kniete sich neben die schmierige Ausblutung. Weinte. So ist es also, wenn man zusehen muss, wie jemand getötet wird, den man liebt, dachte ich.
    Wieder lachte Rinaldo – ein Kind mit einem neuen Spielzeug. »Ich musste Sie nicht einmal aussaugen!«, sagte er.
    Hatte er denn
noch immer nicht
verstanden, welche Macht er über Amir besaß? Demnach war es noch nicht zu spät, und uns blieb noch Zeit, ihn zu töten. Er schlenderte zurück zu Daddy, und als Troy versuchte, sich ihm in den Weg zu stellen, schleuderte er ihn in ein Bücherregal. Troy stöhnte auf, und ich sah zu Daddy hinüber: Etwas unsicher behauptete er sich mutig. Was Amir betraf, hatte er sich von der Anstrengung, den Wunsch zu erfüllen, etwas erholt, doch es war offensichtlich, dass er aufgegeben hatte. Wenn ich ihm in diesem Moment mein Schwert gegeben hätte, hätte er es vermutlich gegen sich selbst gerichtet. Ich musste Rinaldo um Amirs willen besiegen, aber in diesem Augenblick hätte alles, was ihn nicht umbrachte, unseren Tod bedeutet. Er war zu mächtig, und Amir konnte den Wunsch nicht zurücknehmen.
    Rinaldo spielte mit Daddy und ließ sich Zeit dabei. Ich hatte nur einen einzigen Versuch. Wenn ich ihn jetzt nicht zerstörte, wäre er nicht mehr aufzuhalten. Wenn ich ihn jedoch tötete, bevor Amir die Möglichkeit hatte, sein Blut zu trinken, würde Amir sterben. Amir, der wegen einer Droge, die er nicht ernst genommen hatte, für den Tod von mindestens einem Dutzend Menschen in der ganzen Stadt verantwortlich war. Amir, der mich
habibti
nannte, der versucht hatte, die Einfuhr von
Faust
zu stoppen, als ihm klargeworden war, was er getan hatte. Amir, der brannte, wenn er mich berührte.
    Und auf der anderen Seite mein Daddy, der im Begriff war zu sterben.
    Denk nicht nach. Nimm einfach das Schwert. Zieh die verdammten Schuhe aus, damit du auf dem Boden keine Geräusche machst. Niemand schenkt dir Beachtung. Sorge dafür, dass es auch so bleibt. Oh, Scheiße, die Hand tut so weh. Ignoriere es, du benutzt sie sowieso nicht. Atme, aber nicht zu tief. Eins, zwei …
    Der Stoß war mustergültig – durch den Rücken, direkt unters Brustbein. Ich spürte den süßen Punkt, das weiche Vampirherz, das, wenn es verletzt wurde, den Rest des Körpers in einen stinkenden Brei verwandelte.
    Nur

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