Moonshine - Stadt der Dunkelheit
und im Gegenzug meine Kraft nähren kann.«
»Großer Gott«, erwiderte der ansehnliche Dschinn. Er schüttelte den Kopf, und der wirbelnde Rauch verflog, während die Gestalt darin auf eine normale Größe zusammenschrumpfte. Ich blinzelte, denn ich hatte nicht gewusst, dass er das konnte.
Amir trug eine Kniebundhose und einen Kaschmirpullover und war so angeschlagen, dass er ungeachtet dieses beeindruckenden Kraftakts aussah, als müsste er sich hinlegen. Ich verfluchte mich selbst, weil es mir so viel ausmachte. Dieses Mal konnte er sich sehr gut um sich selbst kümmern. Ich wollte nicht für ihn verantwortlich sein, diesen
Faust
verkaufenden Flegel. Rinaldo wirkte überrascht, was seine Beschwörung gebracht hatte, obwohl er es mindestens schon einmal getan hatte.
Amir sah Rinaldo verächtlich an und wandte seinen Blick dann Aileen zu. »Sie schon wieder?«, sagte er zu ihr. »Tja, das war für uns beide wohl nicht die beste Woche, was?«
Rinaldo war verwirrt. »Ah, Sie sind Amir, der große und jüngste Dschinn aus Shadukiam …«
»Tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen. Ich habe einfach nicht die Kraft, um jetzt groß und wolkig auszusehen.«
Natürlich hatte Amir mich bemerkt, aber bis auf einen knappen überraschten Blick richtete er seine Aufmerksamkeit ganz auf Rinaldo. Ich rückte langsam vor. Kurz dachte ich darüber nach, den Widerling anzugreifen, doch ich war näher an Aileen und wollte erst sicherstellen, dass sie in Sicherheit war. Hoffentlich tauchten Daddy, Troy und die anderen
Defender
bald hier auf. Ich kniete nieder, um die festen Knoten aufzuschneiden, die ihre Knöchel und Handgelenke zusammenhielten.
»Ich hoffe, dass Ihnen inzwischen klargeworden ist, dass mein Blut Sie nicht verändern kann. Der Fluch der
sahir
war von der endgültigen Sorte.« Amir wand sich und versuchte, Zeit zu gewinnen, sagte aber absichtlich Dinge, um Rinaldo zu provozieren.
»Ich habe die Macht des Blutes gespürt«, erwiderte Rinaldo.
»Das kann sein, allerdings bedeutet es nicht, dass es Sie wandeln kann.«
»Doch, das kann es. Und wenn es das nicht tut, bin ich dank Ihres Blutes immer noch der mächtigste Vampir auf der Welt.«
Ich löste Aileens Knebel. Sie holte tief Luft, was Rinaldo glücklicherweise nicht bemerkte.
»Steh ganz vorsichtig auf«, flüsterte ich, »und renn durch diese Tür. Versteck dich in einer Ecke und komm erst wieder raus, wenn du mich, Troy oder Daddy sagen hörst, dass die Luft rein ist.«
Aileen blickte mich an. »Sei vorsichtig«, sagte sie leise. »Ich habe da so ein komisches Gefühl …«
Ich nickte. Sie schüttelte ihre Handgelenke aus, erhob sich vorsichtig und rannte dann zur Tür. Wie nicht anders zu erwarten, entging Rinaldo nicht, dass sein Köder weglief, doch in dem Moment stürmte ich auch schon auf ihn zu – in einer Hand das erhobene Schwert, in der anderen die Pistole. Er schleuderte die Pistole zu Boden, beachtete das Schwert jedoch nicht. Ich schlug so fest ich konnte zu und spürte, wie die Klinge in seinen Brustkorb eindrang. Er stöhnte auf, als ich sie herauszog, aber das typische Zischen, das immer dann erklang, wenn eine geweihte Klinge auf Vampirhaut traf, blieb aus. Ein weiterer Fluch? Er nahm ein Langschwert von einem der Regale und zog es aus der Schutzhülle. Ich schluckte. Eine Weihung konnte mir nichts anhaben – gehärteter Stahl dagegen schon.
»Nun«, knurrte er, »eine Jungfrau ist so gut wie die andere.«
»Warum denken Vampire bloß immer, dass jeder sich so verhält wie sie?«, sagte Amir in seinem Kreidekreis, in dem er gefangen war. »Ich bekomme nicht mehr Macht durch das Blut einer Jungfrau, Sie Idiot. Und wie Sie sehen können, bin ich im Augenblick wohl kaum in der Lage, Ihnen Kraft zu geben. Also, warum lassen Sie uns nicht alle nach Hause gehen?«
»Wenn Sie Ihren Sohn wiedersehen wollen«, keuchte ich, wich seinem Schwert aus und brachte ihm mit einem schnellen Hieb eine Schnittwunde in seinen Oberschenkel bei, »schlage ich vor, dass Sie mich nicht umbringen.«
Er hielt inne, unsere Klingen nur Zentimeter voneinander entfernt. »Warum sollte ich Ihnen glauben? Ich dachte, Giuseppe hätte ihn entführt. Katerina dachte, es sei mein Sohn Nicholas gewesen. Vor einer Woche wusste ich nicht einmal, wer Sie sind.«
Giuseppe? Er hatte etwas mit der ganzen Sache zu tun? Mein Kopf schmerzte. »Ich habe den Jungen auf der Straße gefunden. Jemand hatte ihn gewandelt. Da er mich an meinen Bruder erinnert hat, habe ich ihn
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