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Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Titel: Moonshine - Stadt der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alaya Johnson
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er. Ihre Kräfte sind … seltsam.«
    »Ich würde den Kräften durch mein Blut – mit dem ich die Macht der
Anderen
ja sozusagen eliminieren kann – nicht die
Andersartigkeit
nehmen?«
    Er runzelte die Stirn. »Nun ja, es sind immer noch seine Kräfte, oder? Du würdest sie dir im Grunde nur ausleihen.«
    Ich schluckte. »Für den Rest meines Lebens.«
    »Ich habe dir gesagt, dass du die Sache nicht unterschätzen solltest«, erwiderte er.
    Er hatte mir den Hinweis trotzdem gegeben. Zwar war er der Meinung, dass ich mein Leben für Amir wegwerfen würde, aber er überließ mir die Entscheidung. Ich setzte mich auf. Der feuchte Gips war schwer, doch ich wollte nicht warten, bis er getrocknet war.
    Daddy schüttelte den Kopf. »Bist du dir sicher, Zeph?«, fragte er.
    »Nein«, entgegnete ich. Aber ich würde es trotz allem tun.
     
    Kardal verlor weder ein Wort über den Krankenhauskittel noch über meine eingegipste Hand. Er wirkte vor Trauer in Gedanken versunken, und für einen entsetzlichen Moment fürchtete ich, ich sei zu spät gekommen. Etwas widerwillig hatte Daddy schließlich den Beschwörungszauber für mich ausgesprochen.
    »Er ist im Garten«, sagte Kardal, als wir ankamen.
    »Lassen Sie ihn Ihre Teppiche versengen«, hatte ich gesagt. Ich erinnerte mich an die ungesunde Kälte von Amirs Haut, bevor er in Ohnmacht gefallen war. Diese Gefahr bestand nun nicht mehr, denn Amir lag bewusstlos im Gras. Kardal hatte ihm die altmodischen Kleider angezogen, die er bevorzugte – eine lange Tunika aus Seide und eine bestickte Jacke, die mit einer burgunderroten Schärpe zusammengebunden war. Ausnahmsweise sah Amir wirklich mal aus wie ein Prinz – na ja, irgendwie hatte er das immer getan. Es war vermutlich besser, dass er nicht wach war, um sich zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Ich hatte meine Entscheidung getroffen und wollte keine falschen Versicherungen, dass er im Grunde seines Herzens gut war und eigentlich nur das Beste gewollt hatte.
    Amir hatte
Faust
 – in vollem Wissen über die Auswirkungen der Droge – mit Hilfe des skrupellosesten Mafiabosses der Stadt unter die ahnungslosen Konsumenten gebracht. Ja, er hatte versucht, die Situation zu retten, aber es war zu spät gewesen. Wenigstens wären ohne Amirs direkten Zugang zum puren Stoff die Auswirkungen besser in den Griff zu bekommen.
Faust
jedoch würde bleiben. Warum nur hatte er es getan? Aus Spaß.
    Kardal hatte mir erzählt, dass Amir unsere Welt liebte – allerdings wie ein Junge, der sein Spielzeug liebt. Vielleicht hatte er uns nie als echte Menschen angesehen, die ein echtes Leben besaßen, das zerstört werden konnte. Immerhin lebte er in einem vollkommen anderen Zeitsystem. Wenn er sich emotional an Menschen gebunden hätte, so hätte er jedes Mal trauern müssen, wenn sie starben. Er hätte über die Ungerechtigkeit nachdenken müssen, dass er ein langes, leichtes Leben führte, während wir ein kurzes, böses und stumpfsinniges Dasein auf der Welt fristeten. Also sammelte er stattdessen unsere Kunst, die dauerhaft Bestand hatte, ebenso unsere Poesie und unsere Geschichten. Ab und zu, wenn er etwas Interessantes entdeckte, spielte er Gott und verbreitete es auf unserer Erde – nur um zu sehen, was passierte.
    »Sieh dir nur an, was passiert ist, Amir«, flüsterte ich, aber er war zu weit weg, um mich zu hören. »Kardal«, sagte ich dann. »Amir hat etwas in einer fremden Sprache zu mir gesagt, kurz bevor … Es hat geklungen wie … ich weiß nicht … ein Geständnis. Allerdings rhythmisch, wie ein Gedicht.
Jabinya min sakam
irgendwas.«
    »Ta’jabiyna min saqami/sihhati hiya l-’ajabu/kulama ’intafa sababun/minki, ja’ani sababu«
, sagte er. Die Worte klangen trotz seines tiefen Basses zärtlich.
    »Ja, genau das war es!«
    Kardal lächelte und berührte die Hand seines Bruders. »Abu Nuwas, ein großer Dichter, der vor einigen Jahrhunderten lebte. Ich war noch jung, als er das geschrieben hat.«
    »Was bedeutet es?«
    »Du hast dich über meine Erkrankungen gewundert/Doch meine Gesundheit war das Wunder/Jedes Mal, wenn ein Band riss/Wurde durch dich ein neues geknüpft.«
Er hielt inne. »Der Rest ist auch ganz nett.«
    Amir hatte mich nie um Vergebung gebeten, nicht wahr? Sogar im letzten Moment hatte er die Bedeutung seines Geständnisses vor mir verheimlicht.
    Ich hatte noch ein Messer dabei. An der ungünstigen Stelle an der Innenseite meines Oberschenkels befestigt, war es in der vergangenen Nacht

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