Moonsurfer
Sand. »Diesmal haben wir´s mit einem verflucht großen Dorf zu tun«, erklärt er. »Werden die Insel verdammt schnell überqueren müssen!«
Die erschöpften Freunde verbringen den Tag in einem schattigen Versteck, und als sie dann am Abend aufbrechen, steht der Mond bereits hoch über der Küste Floridas. Doch mit dem ersten Morgenlicht verkriechen sie sich bereits wieder im Unterholz und dösen dort wortlos durch die Stunden bis zum nächsten Sonnenuntergang. Dann, nach zwei weiteren Tagen und Nächten, erkennt Shark die Gegend wieder: »Das schwimmende Land meines Stammes ist nicht mehr weit!«
»Du meinst, die nächste Insel ist endlich Sharkfin-Island?«, fragt Snake. Und Shark nickt.
Der letzte Tag im Jagdrevier der Calusa steht ihnen bevor und die Gefährten suchen sich ein geeignetes Versteck. Noch bevor es hell wird, verwandeln Turtle, Sting und Alligator Stevens Bahre wieder in ein kleines, leichtes Floß, um für die Durchquerung der Wasserstraße in der kommenden Nacht vorbereitet zu sein. Danach legen sie sich zu den anderen in den Schatten und fallen in unruhigen Schlaf.
Während sich über den Gefährten das Unheil zusammenbraut.
Ein Stück weiter südlich, im Rücken der Flüchtlinge, Mittag
Die Sonne steht hoch über den Inseln. Ein Trupp Calusa-Späher kniet im Sand, über die beinahe unsichtbaren Spuren eines verlassenen Lagerplatzes gebeugt. Ihre drahtigen Körper mit schwarzer und roter Farbe bemalt, die Muskeln glänzen im feurigen Orange der Abendsonne. Nach einer Weile springen die Männer geschmeidig auf, laufen hinaus auf den Strand und hinunter zur Brandung, die Blicke noch immer auf den Boden geheftet. Im Wasser verlieren sich die Spuren, denen sie gefolgt sind. Sie diskutieren, dann trennen sie sich. Zwei der mit Speeren, Bögen und Messern aus Muschelhorn schwer bewaffneten Männer traben nach Süden, die restlichen fünf wenden sich nach Norden, dorthin, wo die Tocobaga-Indianerin und ihre Gefährten lagern.
Lagerplatz der Flüchtenden
Seit dem frühen Nachmittag hat sich eine neue schwarze Unwetterfront über dem südlichen Horizont aufgebaut.
Shark ist wach. Steven stöhnt von Zeit zu Zeit, und sie weiß dann, dass er noch am Leben ist. Sie ist nervös, findet keine Ruhe. Sie sitzt zwischen den hohen Gräsern einer Düne, hat die Knie zum Kinn gezogen, hatihre Arme um die Beine geschlungen und beobachtet den Strand.
Irgendwann weckt sie Snake und schickt ihn hoch in eine Palmkrone. Im Osten meldet er die Rauchsäulen eines Dorfes, andere Anzeichen menschlicher Nähe sind nicht zu erkennen. Der Himmel über dem Horizont im Süden ist bereits schwärzer als die Seele von Skull.
Die Sonne ist noch nicht untergegangen, als Shark von einer inneren Stimme getrieben zum Aufbruch drängt. Alligator ist jetzt ebenfalls hellwach und Sting rüttelt den kleinen Turtle wach, der sich unter normalen Umständen nur dann wecken lässt, wenn es was zu essen gibt.
Vorsichtig wird Steven auf die Bahre gehoben und hinunter bis zum festen, nassen Strandstreifen direkt am Meer getragen. Sie verwischen ihre Spuren, die sie im Weichsand hinterlassen haben und wenden sich nach Norden, um endlich die Grenze zum Land des Panther-Clans zu erreichen: Die schmale Wasserstraße zwischen Longboat-Key und Sharkfin-Island.
Scouba springt durch die auflaufende Brandung. Shark wird immer nervöser. Turtle und der drahtige, schweigsame Sting stolpern trotz ihrer Erschöpfung so schnell durch den feuchten Sand, wie sie nur können. Vielleicht gibt ihnen die Hoffnung, bald wieder das Land ihrer Familien zu erreichen, ein letztes Mal Kraft. Vielleicht ist es aber auch dieselbe Vorahnung, die auch Shark antreibt.
Das Unwetter in ihrem Rücken quillt inzwischen bis hoch hinauf in den Himmel. Wird es diesmal der gefürchtete Monstersturm sein, den Huracan schickt?
»Wir müssen die Furt erreichen, bevor der Sturm daist!«, ruft Snake durch den Wind und das Rauschen der Brandung.
Doch Shark ist der Hurrikan gleichgültig: »Die Kopfjäger kommen!«
Snake sieht sich um. »Woher, verflucht?«
»Ich weiß nicht, ich spüre sie!« Sie wendet sich Alligator zu, doch der hat bereits verstanden. Er rennt tief geduckt hinauf zum Gebüsch, in den Fäusten den Speer, den er sich vor ein paar Tagen angefertigt hat. Am Rand des Dschungels wendet er sich nach Süden und verschwindet aus dem Blickfeld seiner Freunde.
Die anderen hetzen mit Steven auf der Bahre weiter, der Inselspitze und der Furt entgegen.
Nach etwa
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