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Moorehawke 01 - Schattenpfade

Moorehawke 01 - Schattenpfade

Titel: Moorehawke 01 - Schattenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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Anstalten, ihn zurechtzuweisen oder ihm zu widersprechen.
    Lieber Himmel, dachte Wynter, diese Gefühle sitzen tief. Der Junge da hat Todesangst – sie alle haben Todesangst. Und trotzdem hören sie nicht auf. Sie betrachtete die blassen Gesichter und konnte nicht anders, als ihre beharrliche Treue zu Alberon zu bewundern. Gleichzeitig schienen sie Lorcan zu vertrauen, da sie so gefährliche Reden schwangen – obwohl sie wussten, wie nahe er dem Thron stand.
    Lorcan entblößte die Zähne und durchbohrte Jerome mit seinem Blick. »Das ist das letzte Mal, dass du einen Menschen seiner Herkunft, seines Glaubens oder der Umstände
seiner Geburt wegen herabwürdigst, hast du mich verstanden, Junge?« Er sah Jerome so lange in die Augen, bis dieser den Kopf senkte. Daraufhin blickte er noch einmal alle der Reihe nach an und dämpfte seinen Tonfall von eisig auf kühl. »Seine Hoheit, der königliche Prinz Razi – und hört mir gut zu, denn genau so werdet ihr ihn in Zukunft unter Androhung von Kerkerhaft nennen, auf Befehl des Königs – der königliche Prinz Razi betrachtet seine derzeitige Position auf dem Thron seines Bruders als Stellvertretung . Er ist dem Thronfolger ebenso treu ergeben wie ihr oder ich. Habt ihr das gehört?«
    Die Lehrlinge runzelten unsicher die Stirn.
    »Ob ihr mich gehört habt?«
    »Aber was ist mit den Verhaftungen, Lorcan?«, fragte Pascal schließlich im Namen aller. Furcht und die nur mehr schwache Hoffnung, er könnte sie alle vor einem schrecklichen Ende bewahren, sprach aus ihren Mienen.
    Lorcan antwortete nicht sofort, und Wynter wusste, dass dieses Zögern wohlüberlegt war. Jedes seiner folgenden Worte, jede noch so winzige Geste war bewusst und auf Wirkung bedacht gewählt. Durch dieses Zögern ließ er die Männer wissen, dass eine Säuberung nicht in seinem Einflussbereich lag. Doch als er endlich antwortete, lag ein Hauch Hoffnung in seiner Stimme. »Noch ist nicht gewiss, ob es wirklich eine Säuberung ist, Meister Huette. Den wenigen Einzelheiten nach zu urteilen, die ich in Erfahrung bringen konnte, erweckt es den Anschein, als wäre nur die Familie des Attentäters Jusef Marcos beim König in Ungnade gefallen. Habe ich Recht?« Jeromes Augen füllten sich mit Tränen, Pascal nickte. »Dann endet es womöglich damit auch.«
    Etwas verloren blickte sich Jerome um. »Aber was ist mit meinem Vetter, Herr?«, fragte er. »Mit seinen Kindern?«

    Lorcans Stimme war sanft, als er entgegnete: »Betrauere sie. Mit meinem aufrichtigen Beileid.«
    Jerome brach in Tränen aus, und Gary legte ihm den Arm und die Schultern und zog ihn an sich.
    »Unterdessen«, sprach Lorcan weiter, nun wieder streng, »nehmt euch ein Beispiel an dem königlichen Prinzen Razi, diesem vortrefflichen Mann, und stellt euer beständiges Klagen gegen den König ein . Zunftgenossen, wenn ihr keine Säuberung wünscht, um Gottes willen, hört auf, eine heraufzubeschwören.«
    »Wir sollen unseren Mund halten?« Das kam von Gary, der unerwartet bitter und trotzig vor seinem verunsicherten und bekümmerten Vater stand.
    »Ihr sollt abwarten«, versetzte Lorcan überraschend sanft. »Wie gute Männer, wie treue und geduldige Untertanen. Abwarten und dem Willen seiner Majestät gehorchen. Hört mir zu: Ihr müsst dem königlichen Prinzen Razi vertrauen, denn er bemüht sich eifrig und geduldig um die Rückkehr seines Bruders.«
    Das zeigte Wirkung. Selbst Jerome schwieg jetzt verblüfft.
    »Pascal«, murmelte Lorcan. »Schickt Eure Jungen an die Arbeit.«
    Und Pascal gehorchte, wies ihnen unterschiedliche Aufgaben zu, bis sich die Bibliothek allmählich wieder mit den Geräuschen der Hobel füllte, dem stetigen Pochen von kleinen Hämmern auf feine Meißel.
    Schließlich kam Pascal zurück und kauerte sich neben Lorcans Knie. Es gelang ihm, nicht auf Lorcans Hände zu starren oder sein Gesicht allzu eingehend zu mustern.
    »Sind wir in Sicherheit, Herr?«, fragte er leise.
    Lorcan machte Anstalten, ihm die Hand auf die Schulter zu legen, überlegte es sich aber sofort wieder anders und umklammerte
stattdessen erneut die Stuhllehne. »Morgen werde ich mit dem König speisen, Pascal.« Die Bedeutung dieser Worte spiegelte sich auf Pascals Miene, und er warf Wynter einen entschuldigenden Blick zu. Lorcan würde seine Unterstützung des Königs öffentlich zeigen – auf dieselbe Weise, die Pascals Lehrlinge so wütend gemacht hatte, als Wynter auf diesem Platz gesessen hatte. »Ich werde mir die allergrößte Mühe

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