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Moorehawke 01 - Schattenpfade

Moorehawke 01 - Schattenpfade

Titel: Moorehawke 01 - Schattenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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hohen Gebete der Muselmanen geendet, und vom Turnierplatz konnte Wynter die Soldaten am Quintan und das schwere Plock der Bogenschützen von der langen Wiese hören.
    Noch einmal versuchte sie es und rief leise in die glänzende Luft: »Rory! Ich brauche dich!«
    Lorcans Zustand verbesserte sich nicht. Sie wusste es, er wusste es. Sie alle wussten es. Er war zu schwach, um sich weiter als bis in den Sessel am Fenster zu wagen, und für alle außer den einfachsten persönlichen Verrichtungen war er auf Christophers Hilfe angewiesen. Doch zumindest hatte er diese fürchterliche Kälte aus seinen Knochen abgeschüttelt, und sie mussten den Kamin nicht mehr wie einen Backofen schüren.
    Christopher machte sich große Sorgen um Lorcan und was aus ihm werden würde, wenn er erst fort war. Die beiden Männer hatten jeden Tag miteinander verbracht, sich unterhalten und Karten gespielt, und trotz Christophers wachsender Ungeduld über seine nicht enden wollende Gefangenschaft konnte er den Gedanken nicht ertragen, Wynters Vater allein zurückzulassen.
    Zwei Tage zuvor hatte Razi ihnen einen gepflegten kleinen
Mann vorgestellt: Marcello Tutti. Zaghaft hatte Razi den Vorschlag gemacht, er könnte Lorcan während seiner Genesung, wie Razi es rücksichtsvoll nannte, zur Seite stehen. Der dunkelhaarige, liebenswerte Mann hatte bereits zweimal einige Morgenstunden bei Lorcan gesessen, freundlich auf Italienisch mit ihm geplaudert, dies und das für ihn erledigt, und Lorcan hatte sich sehr zufrieden mit ihm erklärt. Dennoch hatte er ihm gleichzeitig untersagt, ihn zu pflegen, solange Christopher noch da war, und so war der junge Hadraer zur festen Einrichtung in seiner Kammer geworden. Christopher selbst wiederum war das Herz ein wenig leichter, da Lorcan und Wynter nach seiner Abreise in Marcello Tutti jemanden hatten, auf den sie sich verlassen konnten.
    Die Uhr schlug die Hälfte des zehnten Viertels, und Wynter schnaubte ungeduldig und strich sich über das Haar. Bankette hatten – dem Himmel sei Dank! – keine mehr stattgefunden, da Jonathon es vorzog, im kleinen Kreis zu speisen, bis die Schwellungen in seinem Gesicht abgeklungen waren und sein Humpeln nachgelassen hatte. Doch in ebendiesem Augenblick wartete das Essen in ihrem eigenen Quartier, und die beiden Männer würden sich Gedanken über ihren Verbleib machen. Christopher würde nach einer Ausrede suchen, um sie zu holen – nur um seine Beine einmal außerhalb der Gemächer ausstrecken zu können.
    »Verdammt!«, murmelte sie. Sie musste gehen. Sich noch länger hier herumzudrücken, wäre zu gefährlich.
    »Deinem aufsässigen Geist geht es nicht sehr gut, Mädchen-einst-Katzendienerin. Seine Kameraden peinigen und schelten ihn, so dass er vor lauter Fortrennen zu einem schwachen Dunst verblasst ist.«
    Argwöhnisch drehte sich Wynter um und entdeckte die orangefarbene Katze unter einem Strauch. Lässig erhob sie
sich. »Rauf dir nicht die flammroten Haare, kleines Fräulein, es ist niemand in der Nähe, der sehen könnte, dass du mit uns sprichst.« Damit spazierte die Katze in den trüben Sonnenschein und blickte ohne eine Spur Wärme in den grünen Augen zu Wynter auf.
    »Was ist aus Rory geworden?«, fragte Wynter widerstrebend.
    Das Tier zuckte die Achseln. »Er ringt.«
    »Womit?«
    »Mit ihm, der verdreht ist und seinen Namen nicht kennt.«
    Ungeduldig biss sich Wynter auf die Lippe. Manchmal glaubte sie wirklich, Katzen sprachen absichtlich so absonderlich, nur um mit den Menschen zu spielen und sich hinter ihrem Rücken ins Pfötchen zu lachen.
    »Ich verstehe dich nicht«, versetzte sie steif.
    Die Katze schnaubte, als wäre es ihr vollkommen einerlei, ob Wynter etwas begriff. Dann ließ sie den Blick über den staubigen Pfad schweifen und verengte die Augen beim Anblick irgendeines kleinen Tiers, das nur sie allein sehen konnte. Die Spitze ihres Schwanzes zuckte, und sie leckte sich die Schnauze. »Sorge dich nicht«, sagte sie, während sie auf leisen Pfoten davonschlich, die Augen auf ihre Beute geheftet, den Körper knapp über dem Boden schwebend wie einen tödlichen, orangefarbenen Schatten. »Ich werde dich holen kommen, sollte es dem aufsässigen Geist gelingen, zu entkommen und Gestalt anzunehmen. Geh nun … Die anderen suchen bereits nach dir …« Am Fuße eines Strauchs blieb sie sitzen – vollkommen regungslos bis auf die unablässig zitternde Schwanzspitze.
    Wynter entfernte sich rasch, ihre Wirbelsäule kribbelte. Noch bevor sie die

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