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Moorehawke 02 - Geisterpfade

Moorehawke 02 - Geisterpfade

Titel: Moorehawke 02 - Geisterpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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Zeltklappe hindurch, und Hallvor scheuchte die beiden vor sich her, folgte ihnen ins Innere und verschloss den Eingang hinter sich.
    Die Luftklappen in der Spitze des Zelts waren geöffnet, es war kühl und schattig. Der Rauch einer kleinen Feuerschale hielt die Fliegen fern. Sólmundr saß in seinem Bett, an ein mit Stroh ausgestopftes Hirschfell gelehnt. Seine Knie unter der Pelzdecke waren angezogen, die Augen geschlossen; das weiße Gesicht zeigte keine Regung, die Hände lagen leblos im Schoß.
    Hallvor hockte sich ans Fußende des Lagers und betrachtete besorgt Sólmundrs Gesicht. Razi und Wynter stellten sich ans Kopfende.

    »Hallo, Sól«, grüßte Razi ihn, ging auf die Knie und nahm Sólmundrs Hand. »Wie ich höre, benehmt Ihr Euch wie ein dummer Esel.«
    Das wettergegerbte Gesicht des Kranken verzog sich zu einem Lächeln, und Wynter sah kurz den gutmütigen Mann hervorblitzen, den sie im Gasthaus kennengelernt hatten. Sie kniete sich ebenfalls neben das Bett, und Sólmundr öffnete die Augen einen Spalt, um sie anzusehen.
    »Tabiyb«, krächzte er. »Ihr habt mein Leiden geheilt. Eure Hände sind ein Geschenk für die Welt.«
    Wynter konnte Razis kostbares Opium in Sólmundrs entrückt geweiteten Pupillen erkennen; sie konnte es in seinem Atem riechen. Wenn wir vorsichtig sind, können wir das zu unserem Vorteil nutzen , dachte sie. Wir können uns seiner Verwirrung bedienen, um zu erfahren, was wir wissen wollen .
    Razi schnaufte nur, während er das sehnige Handgelenk des Mannes zwischen den Fingern hielt und seine Pulsschläge zählte. »Beleidigt mich nicht mit hohler Schmeichelei, wenn es Eure Absicht ist, Euch selbst durch Vernachlässigung umzubringen«, versetzte er.
    Sólmundr stieß ein kurzes Lachen aus, und seine Augen fielen wieder zu.
    Nun schob Razi die Decke nach unten und lockerte den Verband. »Coinín sagt mir, dass Ihr hier eine Arbeit zu erledigen habt«, erzählte er, während er den Wickel etwas anhob, um die Wunde zu betrachten. »Und doch weigert Ihr Euch zu genesen. Seid Ihr zu faul, Eure Pflicht Eurem Volk gegenüber zu erfüllen? Ist es das?«
    Sólmundr wandte das Gesicht ab, bei Razis Berührung ballte er die Fäuste. »Zum Henker mit meinem Volk«, sagte er kaum hörbar.
    Wynter und Razi erschraken, doch Sólmundr schien kaum
bewusst zu sein, was er sagte. Er schlug die Augen wieder auf und starrte die Zeltwand an. Ein aufgemaltes Lamm, das friedlich unter den Pranken eines großen Bären schlief, zitterte im Wind, der um die Zeltwand strich. »Zum Henker mit ihnen und ihren Sitten. Soll Úlfnaor doch ohne mich überbringen die Dokumente dieses Weibsstücks. Soll er doch tanzen nach ihrer Trommel. Ich gehe nicht weiter.«
    Wynter und Razi schielten zu Hallvor, doch die beobachtete ganz gebannt, wie Razi Sólmundr auf eine mögliche Entzündung hin untersuchte. »Diese Dokumente sind wichtig, Sólmundr«, versuchte Razi es auf gut Glück mit einem schnellen Seitenblick zu Wynter. »Das wisst Ihr doch sicher. Gewiss wollt Ihr doch auch, dass sie an ihrem Bestimmungsort ankommen.«
    Sólmundr runzelte leicht die Stirn, immer noch das Lamm betrachtend. »Nichts ist wichtig. Außer ihm war nie etwas wichtig. Jetzt bin ich nutzlos. Kann nicht einmal halten mein letztes Versprechen …« Er presste die Augen zu und legte sich eine Hand aufs Gesicht.
    »Tja, er hat nicht lange gebraucht, um Euch zu ersetzen«, sagte Wynter, einem plötzlichen Einfall folgend. »Christopher hat bereits Euren Platz an seiner Seite eingenommen. Er hat ihn zur Zeremonie begleitet.« Sie hatte auf Eifersucht gehofft, hatte gedacht, es könnte Sólmundr wütend machen und aufrütteln, doch zu ihrem Erstaunen riss er die Hand weg und sah sie hoffnungsvoll an.
    »Coinín?«, hauchte er. »Coinín nimmt meinen Platz ein?«
    Hallvor sah ihn scharf an. »Sól?«, fragte sie.
    »Hally«, sprach er sie an. »Tógfaidh Coinín m’áitse?«
    Hallvors Augen füllten sich mit Tränen, widerstrebend nickte sie. Dann murmelte sie etwas von Ashkr und senkte beschämt den Kopf.

    Aber Sólmundr lachte. »Ach.« Er rieb sich die Augen, er hustete. »Ach, sie haben mir nichts gesagt! Sie dachten, es würde mir wehtun. O Iseult!« Jäh schnellte er vor und ergriff Wynters Hand.
    »Vorsichtig, Mann!«, rief Razi. »Ihr reißt Euch die Naht auf!«
    Schwer ließ sich Sólmundr wieder in sein Kissen fallen und zerrte Wynter mit sich, da er ihre Hand an seine Brust drückte. Er leckte sich die trockenen Lippen und sagte zu

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