Moorehawke 02 - Geisterpfade
brutales Knacken, und Hallvor begann, mit ihrem Messer an etwas herumzusägen. Die Hunde jaulten vor Aufregung und schnüffelten mit gesenkten Köpfen.
Als Wynter und Christopher näher kamen, hockte sich Hallvor, die Arme bis zu den Ellbogen blutig, auf die Fersen und gab den Blick auf den Toten frei.
Wynter sah, dass er enthauptet worden war, allerdings nicht sauber. Sein Kopf war nirgends zu entdecken. Hallvor hatte ihm den Brustkorb aufgebrochen, rief nun die erwartungsfrohen Hunde herbei und gab den beiden Tieren, die ihn getötet hatten, das Herz des Mannes. Angeekelt und gleichzeitig gebannt beobachtete Wynter, wie die riesigen Geschöpfe vorsichtig jeder eine Hälfte aus Hallvors triefenden Händen entgegennahmen.
» Maith sibh a chúnna «, murmelte die Heilerin und wischte die Arme am Hemd des Toten ab. Zwei weitere Merroner kamen heran, und Hallvor bedeutete ihnen, den Loup-Garou zu entkleiden. Christopher zupfte Wynter am Ellbogen, und sie gingen weiter.
Der Lärm der Menschenmenge führte sie zwischen den Bäumen hindurch zurück zum Rand der grasbewachsenen Ebene. Razi stand mit dem Rücken zu ihnen, den Malchus immer noch in der Hand. Er sah zu, wie sich eine Gruppe Merroner um Úlfnaor und Wari versammelte und etwas betrachtete, das zu ihren Füßen auf dem Boden lag.
Gerade als Wynter und Christopher aus dem Wald traten, drängte sich Ashkr durch die Reihen, seine Hunde bei Fuß. Er trug etwas in der Hand, und in ihrer Benommenheit brauchte Wynter ein Weilchen, bis sie erkannte, dass es ein
tropfender menschlicher Kopf war. Sobald die Merroner bemerkten, wer sie da beiseiteschob, machten sie Platz und ließen Ashkr in die Mitte des Kreises treten. Sofort versuchten seine Hunde, sich bellend und zähnefletschend an ihm vorbeizuzwängen. Bei ihrem Anblick schrie die Gestalt auf dem Boden vor Angst auf.
Mein Gott , dachte Wynter. Es ist ein Mensch .
Ashkr brüllte die Hunde ungewöhnlich harsch an, und die Tiere wichen unverzüglich zurück und ließen sich flach auf die Erde fallen. Der Mann auf dem Boden machte einen grässlichen, hastigen, ungelenken Versuch, fortzukriechen, und Wari trat ihn. Er heulte auf und machte dann ruckartig einen Satz nach oben, wobei er auf Hadrisch eine scheußliche Abfolge von Flüchen ausstieß.
Beim Klang der Wolfsstimme zuckte Christopher zusammen und wollte rückwärtsgehen, doch Wynter legte ihm beruhigend eine Hand auf den Rücken.
Nun trat Razi zwischen die Merronerkrieger in den inneren Kreis und lief einmal um den auf dem Boden Liegenden herum. Neben Ashkr blieb er stehen, und beide Männer, hell und dunkel, sahen Seite an Seite mit kaltem Blick auf den Wolf herab. Wynter fand, dass Razi eigenartig nüchtern und unbeteiligt wirkte, wie ein Händler auf einem Marktplatz, der ein minderwertiges Pferd begutachtet. Niemand schenkte ihr Beachtung, als sie ebenfalls zwischen den Kriegern durch ins Innere des Kreises schlüpfte. Christopher folgte ihr, doch er blieb zwischen den Merronern stehen und wartete dort mit gesenktem Kopf, reglos und schweigend am Rande des Geschehens.
Embla stand neben Úlfnaor, das Schwert in der Hand, flankiert von ihren Hunden. Verwundert stellte Wynter fest, dass auch Sólmundr gekommen war; Embla hatte den Arm
um seine Taille geschlungen und stützte ihn. Leise stellte sich Wynter neben die beiden und bekam so zum ersten Mal einen von David Le Garous Wölfen zu Gesicht.
Er war jung, höchstens Mitte zwanzig, und sauber rasiert, mit schulterlangem braunen Haar. Unerbittlich wurden Wynters Augen von seinen vollkommen zerbissenen Beinen und den Händen angezogen, die krampfhaft seine freiliegenden Eingeweide im Bauch festhielten. Sie kämpfte gegen einen brennenden Schwall Übelkeit an und zwang sich, den Blick zurück auf die wütend verzerrte Miene des Wolfs zu lenken. Er starrte Wari an, seine Augen leuchteten blau aus dem kreideweißen Gesicht hervor.
»Ihr verfluchten Wilden«, stieß er in ersticktem Hadrisch hervor. »Ihr widerwärtigen Landstreicher. David wird euch die verpesteten Herzen aus dem Leib reißen, hört ihr mich? Er wird euch die Augen ausbrennen, ihr …«
Unvermittelt ging Ashkr neben ihm in die Hocke und beugte sich herunter, um dem Mann in die Augen sehen zu können.
Der Wolf zuckte kurz ängstlich zurück, fing sich aber rasch wieder und knurrte erneut herausfordernd. »Komm mir bloß nicht zu nahe, du Hundesohn. Ich will mir keine Flöhe von dir einfangen.«
Ashkr nickte nur. »Seht Ihr Euren
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