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Moorehawke 02 - Geisterpfade

Moorehawke 02 - Geisterpfade

Titel: Moorehawke 02 - Geisterpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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ein, und einen Moment lang zeichnete er sich dunkel gegen den Schein der Fackeln und den wartenden Merroner ab. Dann trat von der Seite eine Gestalt vor, die Zeltklappe wurde zugeschlagen, und er war fort.

Ein eingelöstes Versprechen
    W ynter sank neben Razi auf die Knie. Draußen hörte man die Geräusche einer großen Menschenmenge. Wynter horchte, versuchte, Stimmen herauszuhören, doch niemand sprach. Sólmundr saß an eine der Befestigungsstangen gelehnt und starrte die Zeltwand an; er sah aus wie ein Mensch, den man ausgehöhlt und als leere Hülle zurückgelassen hatte.
    »Sól«, wisperte Wynter, »was wird mit ihnen geschehen?«
    Er gab keine Antwort.
    Plötzlich keuchte Razi auf und zog die Knie an. Er krümmte sich, stöhnte, und Wynter war überzeugt, dass er sich gleich übergeben müsste, doch so schnell das Unwohlsein gekommen war, verging es auch wieder, und er sank in den Schlaf zurück. Wynter rückte die Kissen um ihn herum zurecht und nahm seine Hand. Vor dem Zelt sprach nun ein Mann, und ein Schatten huschte vorbei. Kurz hüpften die Fackeln auf und nieder, dann schwand ihr Licht allmählich.
    Nein! Hastig krabbelte Wynter los. Christopher! Zu ihrer Bestürzung sah sie durch den Spalt, dass sich die Menge in die Finsternis entfernte, jetzt schon waren die Fackeln kaum mehr zu erkennen. Bald würden die Merroner im Wald verschwinden, und dann wäre es vorbei. Sie müsste hier sitzen und warten, ohne zu wissen, was passierte.

    Wynter legte die Hand auf die Zeltklappe und warf einen raschen Blick auf Sólmundr. Der Krieger starrte weiterhin ins Leere, ihm war es gleichgültig, ob sie blieb oder ging. Hinter ihr stöhnte Razi erneut, zog die Beine an und ballte die Hände zu Fäusten, dann löste sich der Krampf langsam wieder. Wynter verharrte, lauschte auf Razis gleichmäßiger werdenden Atem. Sie sollte ihn nicht allein lassen, Christopher hatte sie angefleht, ihn nicht allein zu lassen. Christopher . Mit zusammengebissenen Zähnen schlüpfte Wynter aus dem Zelt und rannte in die Dunkelheit.
    Die Kriegshunde schnellten hoch, und Wynter spürte im Vorbeilaufen, dass sie losstürmten. Dann gab es ein trockenes, metallisches Klicken, als sie das Ende ihrer Ketten erreichten. Wynter sah sich um. Es waren nur drei Hunde, und sie standen nebeneinander und blickten ihr nach, die Köpfe neugierig schiefgelegt, gottlob, ohne einen Laut von sich zu geben. Brave Hunde , dachte sie, schön still sein . Sie bog um ein Zelt und war außer Sicht.
    Vorsichtig hielt sie an und kauerte sich in die Schatten am Rande des Lagers. Die Merroner hatten bereits den äußeren Rand der Lichtung erreicht – alles, was man sah, war eine Reihe tanzender orangeroter Lichtflecke. Ehe Wynter wieder zu Atem gekommen war, hatte der Wald den Fackelschein eingesaugt, und sie verlor die Prozession aus den Augen.
    Sie zauderte noch einen Moment, starr vor Angst, sie könnte entdeckt werden. Doch dann kam sie stolpernd auf die Füße und rannte mit wild pochendem Herzen quer über das offene Gelände. Was, wenn jemand sie beobachtete? Was, wenn Wachposten aufgestellt waren? Das Wort Blutadler stahl sich in ihren Kopf, aber nun war sie schon zwischen den Bäumen angelangt und von tintiger Schwärze umhüllt.
Blind lief sie weiter, obwohl sie keine Ahnung hatte, welche Richtung sie einschlagen sollte.
    Eine ganze Weile rannte sie ziellos geradeaus, blieb dann mit einem Ruck stehen und horchte in die Finsternis. Der Wald um sie herum war still wie ein Grab, sie konnte kein Geräusch ausmachen, das darauf hindeutete, dass sie auf der richtigen Fährte war. Dennoch kämpfte sie sich weiter durchs Dickicht, so leise sie nur konnte.
    Jäh zeichneten sich die Bäume vor ihr in einem auflodernden Lichtschein ab, und Wynter ging in Deckung. Eine nach der anderen wurden Fackeln am Rande einer riesigen Lichtung angezündet, und schon bald war der Wald hell erleuchtet, ein loderndes Herz in der Mitte der Dunkelheit. Irgendwo im Inneren dieses blendenden Lichts begann eine tiefe Trommel zu schlagen, langsam und gemessen.
    Da erwachten die Baumwipfel über Wynters Kopf zum Leben, unsichtbare Wesen kreischten in den raschelnden Ästen. Wynter spähte erschrocken in die Dunkelheit; mit einem heiseren Laut schwang sich dort oben etwas in die Luft, gefolgt von einem Chor krächzender, wütender Schreie. Raben! Die Bäume waren voller Raben, die von der unerwarteten Helligkeit aus dem Schlaf gerissen worden waren und sich nun stritten. Wynter zog den

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