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Moorehawke 02 - Geisterpfade

Moorehawke 02 - Geisterpfade

Titel: Moorehawke 02 - Geisterpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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im Schutz der Bäume ausharrten und die Wherry Tavern unter sich beobachteten, verlor die Herrlichkeit der Natur an Reiz.
    »Wir warten hier schon seit Stunden«, klagte sie.
    »Tatsächlich?«, fragte Razi in gespielter Überraschung. »Ist mir gar nicht aufgefallen.«
    Wynter zog eine Grimasse. Du spöttischer alter Kauz , dachte sie.
    Christopher piekte sie in den Rücken, und als sie sich umdrehte, hielt er ihr den Beutel mit Walnüssen hin, den er in der Teerbrenner-Schenke gekauft hatte. Sie nahm eine, stellte fest, dass sie kandiert waren, und stibitzte gleich noch zwei. Razi wollte sich selbst bedienen, doch Christopher klemmte seine Hand im Beutel ein.
    »Heda«, wisperte er. »Niemand hat dir welche angeboten, du Pirat!«

    Razi kniff die Augen zusammen. Er konnte diesen Spitznamen nicht leiden, weshalb Wynter und Christopher ihn natürlich mit dem größten Vergnügen benutzten. Nun grinste Christopher und hielt ihm den Beutel entgegen, und mit einem nachsichtigen Seufzen nahm sich Razi eine Handvoll und wandte den Blick abermals dem Abhang zu. Nachdenklich steckte er sich eine Walnuss in den Mund und kaute.
    »Nach wem sie wohl suchen?«, überlegte er. »Es scheint fast, als warteten sie auf jemanden, statt nur zufällig die Schenke zu überprüfen.«
    »Vielleicht die Wölfe?«, meinte Wynter.
    »Vielleicht. Ganz gewiss würde Vater diese Bastarde jagen lassen, wenn er wüsste, dass sie hier sind.«
    »Wie dem auch sei, mit uns hat es nichts zu tun«, stellte Christopher fest. »Wir können weiterreiten.«
    Razi beobachtete die Kavallerie im Tal unter ihnen. Alles deutete darauf hin, dass die Männer seit mindestens zwei Tagen hier waren. Sie hatten auf einer Wiese neben dem Gasthaus ein Lager aufgeschlagen, und der Untergrund war von Männern und Pferden stark zertreten und wies Überreste zahlreicher Kochfeuer auf.
    »Was auch immer sie zu entdecken gehofft hatten, ich möchte wetten, dass sie es nicht gefunden haben«, grübelte Wynter. »Sie wollen bald aufbrechen.«
    Wie auf Kommando begannen die Soldaten, ihre Zelte abzubauen.
    Razi strich sich mit dem Daumen über die Narbe auf der Lippe. »Die Männer meines Vaters …« Seine dunklen Augen folgten den Angehörigen der Leibgarde des Königs, die zwischen den Kavalleristen herumliefen. Nach einem kurzen Blick auf das kleine Häufchen wachsamer Zivilisten in der Tür der Schenke wandte er seine Aufmerksamkeit der anderen
Seite des Flusses zu. »Wen sucht ihr?«, murmelte er vor sich hin.
    In der ganzen Zeit, die sie nun schon hier auf der Lauer lagen, hatte das Fährfloß nur eine einzige Fahrt übers Wasser gemacht. Seine Ladung hatte aus einem Mann mit zwei leicht bepackten Mulis bestanden. Die Soldaten hatten ihn befragt, sein Gepäck und seine Papiere genauestens überprüft und ihm dann die Weiterreise gestattet. Daraufhin hatte das leere Floß die Rückfahrt zum anderen Ufer angetreten, und seitdem war alles ruhig geblieben.
    Immer mal wieder war im Laufe des Tages der Hauptmann der königlichen Leibgarde durch den Regen zum Steg gewandert, sich im Gehen mit der Reitgerte auf den Oberschenkel klopfend, und man hatte ihm deutlich angesehen, dass ihm allmählich die Geduld ausging. Nun stand er erneut mit finsterem Blick am Fluss, während seine Männer ihre Sachen packten. Mit einem Mal wirbelte er auf dem Absatz herum und bellte etwas in Richtung Gasthaus. Eine ganze Weile geschah gar nichts, dann trat ein kleiner, breitschultriger Mann mit Schürze in den Hof – der Wirt. Er blieb stehen, als wartete er darauf, dass der Hauptmann zu ihm käme. Der wiederum verzog ärgerlich die Oberlippe und winkte den Mann heran. Ohne die geringste Eile schlenderte der Wirt zum Steg, und Razi und Wynter staunten: So hatte ein Zivilist keinen Vertreter seiner Majestät des Königs zu behandeln.
    »Dem gehört ein Satz Maulschellen verabreicht«, befand Wynter. »Für wen hält er sich?«
    Der Wirt stellte sich vor den Leibgardisten und sah ihm dreist in die Augen. Wynter wunderte sich über die Langmut des Hauptmanns angesichts solch unverhohlener Nichtachtung. An seiner Stelle hätte sie dem Burschen einen Tritt in den frechen Hintern verpasst.

    Doch der Leibgardist hielt dem Blick des Wirts kühl und gelassen stand, bis jener die Augen senkte, und Wynter verspürte einen Funken Bewunderung für den Soldaten. In dem ganzen Chaos und der Furcht im Schloss hatte man leicht vergessen können, was für eine disziplinierte Truppe die königliche Leibgarde

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