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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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was zu essen herbekämen. Aber ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Bisher hatte ich sämtliche Kombinationen verworfen. Weder in Jeans und Neckholdertop noch in einem meiner Kleider fühlte ich mich heute wohl. Für den kurzen Rock fand ich plötzlich meine Beine zu dick und zu weiß und in der knatschblauen 7/8-Hose hatte ich verblüffende Ähnlichkeit mit einer Politesse, die gerade ein paar Falschparker aufschrieb. Sauer ließ ich meinen Blick über die bunten Fetzen wandern. Wieso sahen die Stars in diesen Klatschmagazinen immer top gestylt aus, selbst wenn sie sich nur bei Starbucks einen Kaffee holten? Die schienen nie Probleme zu haben, was sie anziehen sollten. Und ich hatte in 35 Minuten ein Date mit dem tollsten Typen von ganz Berlin und stand nun schwitzend und ratlos vor einem Haufen völlig unbrauchbarer Klamotten! Tief durchatmend versuchte ich mir klarzumachen, dass Zeno mich trotz meines langweiligen Outfits gestern wiedersehen wollte. Aber der Gedanke, einen optischen Knaller wie ihn zu treffen, erhöhte den Druck erst recht. Ich kam mir vor wie ein Dampfkochtopf kurz vorm Explodieren. Schließlich drängte die Zeit und ich griff hastig zu den Sachen, die ich zuerst anprobiert hatte: ein bodenlanger Jeansrock mit bunter Stickerei am Saum und dazu ein knallgelbes enges Top, dessen Farbe mich an Sonne und Surfen erinnerte. Beim Kauf hatte ich gefunden, es würde gut zu meinen roten Haaren passen. Und jetzt war es zu spät, um meine Meinung zu ändern. Schnell die Wimpern zweifach getuscht, etwas Gloss auf die Lippen, ehe ich in die mit kleinen türkisen Perlen bestickten Flip-Flops schlüpfte und zur U-Bahn hastete. Mit etwas Glück kam ich nur ein paar Minuten zu spät zu meinem Date mit Zeno.
    Als ich atemlos bei der Baumgruppe im Park, unserem vereinbarten Treffpunkt, ankam, sah ich die verschiedensten Leute – aber keinen Zeno. Er war nicht gekommen. Das Gefühl der Ernüchterung war so stark, als wäre ich frontal gegen einen Laternenmast gelaufen. Zeno hatte mich versetzt! Wahrscheinlich saß er irgendwo mit der schönen, blondgelockten Mia und lachte sich halbtot bei dem Gedanken, wie ich hier stand und dumm guckte – ein Schaf, das statt der saftigen Weide eine betonierte Fläche vorfindet. Plötzlich fand ich meinem Aufzug völlig overdressed und mir wurde übel: vor Enttäuschung, aber auch wegen der Demütigung. Ich kniff die Augen zusammen. Doch schon spürte ich einen bitteren Kloß in meiner Kehle aufsteigen, der sich innerhalb weniger Sekunden in Tränen verwandeln würde. Doch ich wollte um keinen Preis heulen. Ich atmete tief durch und fuhr mir energisch mit beiden Händen durch die Haare. Dann riss ich die Augen auf – und blickte direkt in Zenos Lächeln, gefühlte dreißig Zentimeter von meinem Gesicht entfernt.
    »Uah«, war alles, was ich herausbrachte. Er war aufgetaucht wie eine Erscheinung. Oder besser gesagt eine Wunderheilung, denn schlagartig ging es mir besser. Sein Grinsen wurde breiter.
    »Ich freu mich auch, dich zu sehen, Feline«, sagte er und seiner Stimme hörte ich an, dass er sich offenbar köstlich amüsierte. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass er mich zwar auf den Arm nahm, mich aber nicht auslachte.
    Also grinste ich zurück. Ehe ich mich versah, umarmte er mich kurz. Ich schnappte nach Luft. Nicht vor Schreck, sondern vor Überraschung – und Entzücken. Sekundenlang spürte ich Zenos muskulöse Arme um meine Schultern, seine Hände lagen fest und warm auf meinem Rücken. Die Nase beinahe an seinem Schlüsselbein, atmete ich den Duft seiner Haut ein, und bildete mir ein, tatsächlich einen Hauch Strand, Sonne und Salzwasser zu riechen.
    Gerade als ich mir wünschte, die Zeit würde stehen bleiben und ich könnte an Zeno geschmiegt dastehen, bis die Sonne hinter den Bäumen des Parks unterging, löste er sich sanft von mir.
    »Hast du Hunger?«, fragte er.
    Ich nickte, obwohl ich keine Ahnung hatte, ob es stimmte. Hunger, Durst, diese Empfindungen verschwanden in Zenos Gegenwart. Sie wurden von einem anderen Gefühl überdeckt, das irgendwo zwischen Magen und Herz saß und wie Prosecco prickelte, den man vorher in der Flasche ordentlich durchgeschüttelt hatte. Energisch rief ich mich zur Ordnung. Nur weil ein Typ gut aussah, hatte ich bisher noch nie derart stark reagiert. Ich beschloss mir Zeno erst mal genauer anzusehen.
    »Na komm«, grinste er und zog mich mit sich. Statt zum Falafel- oder Currywurststand lotste Zeno mich aber zu meiner

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