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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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würde, ließ er mich los und stand abrupt auf. »Leider muss ich los«, sagte er und begann, die Picknicksachen zurück in den Korb zu packen. Unfähig mich zu rühren, sah ich ihm zu. Hatte ich etwas falsch gemacht und Zeno irgendwie vergrault? Es war das Gefühl, aus der hundert Grad heißen Sauna direkt in den eiskalten Strahl des Duschschlauchs geraten zu sein. Am besten, ich legte einen schnellen Abgang hin, ehe er bemerkte, wie mich sein verändertes Verhalten traf. Gerade stemmte ich mich aus dem Schneidersitz hoch, da griff eine warme Hand nach meiner und zog mich auf die Beine.
    »Danke«, murmelte ich, vermied es aber Zeno anzusehen. Ich wollte nicht mehr in die gefährlichen Siruptiefen seiner braunen Augen fallen und hilflos darin herumstrampeln.
    »Schade, dass wir keine Zeit mehr haben«, sagte Zeno und ich dachte zornig:
Wir
?
Er
war es doch, der sich vom Acker machte, von einer Sekunde auf die nächste! »Ich muss noch fast hundert Kilometer fahren und heute Abend machen wir ein Fest bei uns auf dem Hof«, erklärte er.
    »Wo lebt ihr denn?«, wollte ich wissen. Bisher war ich davon ausgegangen, dass diese Kommune irgendwo am Stadtrand von Berlin hauste, vielleicht Richtung Heiligensee, wo die Abstände zwischen den Häusern größer wurden, die Wiesen zahlreicher und die Straßen dafür schmaler.
    »Im Spreewald«, antwortete Zeno mit größter Selbstverständlichkeit. »Dort gibt es genügend Platz und wir können alles anbauen, was wir zum Leben brauchen. Wir sind immer nur kurz in Berlin, um hier Schmuck und Töpfersachen zu verkaufen.«
    »Ach so«, erwiderte ich schwach. Hundert Kilometer! Und dann noch ohne direkte Bahnverbindung. Das wusste ich, weil meine Eltern mal im Spreewald ein Wochenende verbringen wollten, aber dann hatte der Motor unseres Wagens gestreikt. Wir fuhren stattdessen an die Ostsee, mit dem Zug. Ich konnte es also löten, Zeno wiederzusehen. Ich war sechzehn und der Führerschein noch weit weg. Plötzlich schienen meine Beine wie aus Gummi.
    »Ich möchte den Kontakt zu dir nicht verlieren, Feline«, sagte Zeno. Ob er gespürt hatte, wie mies es mir ging? Ich nickte nur. Mein Hals war mit einer Kordel aus Kummer und Enttäuschung verschnürt. Zeno sagte nichts, er sah mich nur an.
    »Bist … bist du bei Facebook?«, brachte ich raus. Zwar war ich selbst nicht mehr dabei, aber seinetwegen würde ich mich sofort wieder anmelden.
    Er lachte leise auf und schüttelte den Kopf.
    »Oder wir tauschen Handynummern?«
    Wieder verneinte er mit diesem amüsierten Gesichtsausdruck, als würde ich gerade auf einem Bein eine lustige Stepptanznummer aufführen. »Diese Dinge habe ich alle hinter mir gelassen«, erklärte er. »Bei Facebook kannst du dir einreden, beliebt zu sein, weil du 250 Leute auf deiner Website als Kontakt hast, die du aber selbst kaum kennst. Jeder stellt sich so gut wie möglich dar, man hübscht seine Fotos auf, die man an tollen Orten knipst, damit alle sehen, was für ein tolles Leben man hat. Aber in Wirklichkeit interessiert es doch keinen, wie’s dir geht. Und wenn du mal traurig bist, nimmt dich im Netz keiner in den Arm.«
    Ich musste schlucken. Sogar mit meiner besten Freundin hatten sich die Mails über Facebook nach ihrem Umzug nach Süddeutschland auf ein seichtes Online-Geplauder alle paar Wochen reduziert und waren schließlich versandet. Wieder hatte Zeno mit seinen Argumenten eine Punktlandung hingelegt. »Mit dem Handy ist es ähnlich. Nicht nur, dass man dauernd erreichbar und verfügbar ist – schau dir doch die Leute an! Vor lauter Apps und Spielen und SMS sehen sie überhaupt nicht mehr, was um sie herum passiert. Sie können ihr Handy nicht mehr aus der Hand legen, geschweige denn für fünf Minuten ausschalten. Denn sie glauben doch nur zu gerne, wichtig zu sein. Sie sind Süchtige, die nach einer SMS , nach einem Anruf gieren, wie nach einer Droge. Haben sie mal keinen Empfang, werden sie panisch. Aus Angst, den Anschluss an die Welt zu verlieren. Dabei ist die Welt doch vor ihrer Nase, nicht auf dem Display. Du solltest mal sehen, wenn bei uns im Spreewald der Frühnebel über den Feldern liegt wie ein zarter Schleier. An den Grashalmen hängen Tautropfen säuberlich aufgereiht und glitzern in der Sonne, die noch ganz milchig am Himmel steht …«
    Ich lauschte hingerissen. Seine Worte ließen vor meinem inneren Auge eine Landschaft aus einer dieser Home-and-Country-Zeitschriften entstehen. Ich sah ein Pferdefuhrwerk mit einem

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