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Mops und Möhren

Mops und Möhren

Titel: Mops und Möhren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
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mit dem Kopf.
    »Aufmachen«, herrscht er mich an. Ich funktioniere. Schließlich haben wir diese Szene – mit anderen Tieren und an anderen Schauplätzen – oft genug geprobt. Aus den Augenwinkeln sehe ich eine Gestalt, die sich in den Raum drängt. Aber für das blauseidene Nichts an Sandras Körper habe ich jetzt wirklich keinen Blick.
    »Histamin, 20«, poltert Arne. Beruhigend legt er dem Mops die Hand auf den Bauch. Dass er sich dabei mit Earls Mageninhalt vollsaut, ist ihm offensichtlich egal. Ich liebe ihn dafür … aber jetzt ist keine Zeit für Gefühle. Mit zitternden Händen ziehe ich die Spritze auf. Tausend Mal geübt. Arne jagt dem Hund die volle Dosis des Medikaments in den Schenkel.
    Das blauseidene Gewand verschwindet. Klar, Hundekotze und ein erstickender Mops sind wirklich kein schöner Anblick. Diese Memme, denke ich und balle innerlich die Hände zu Fäusten.
    »Was ist denn passiert?« Arne lässt sich auf das Sofa fallen und starrt auf den Hund. Earl wird ruhiger, er zuckt jetzt nur noch ganz leicht.
    »Kommt er in Ordnung?«, frage ich.
    »Ich denke schon«, sagt Arne. »Du siehst aber auch nicht gerade frisch aus.«
    »Danke für das Kompliment, genau das wollte ich jetzt hören.« Ja, es klingt pampig. Soll es auch. Schließlich sitzt der Verursacher meiner rot verquollenen Augen just in diesem Moment nur in Unterhosen auf meiner Couch. Ich will gar nicht wissen, wobei ich Arne und seine Schnecke eben gestört habe.
    Arne lässt den Blick über das Chaos auf dem Tisch schweifen. Dann beugt er sich über Earl, der jetzt nicht mehr zuckt und schon wieder gleichmäßiger atmet.
    »Der hat ja überall Pickel.«
    »Was hat der?« Ich krabbele auf allen vieren zu Earl. Tatsächlich: Sein Gesicht ist unter dem Fell übersät mit winzigen roten Pusteln. Ein Teenager in der Hochpubertät könnte nicht schlimmer aussehen.
    »Was ist das denn?«
    »Allergische Reaktion. Möpse bekommen dann Pickel«, erklärt Arne. »Das kann aber auch stressbedingt sein.«
    Ich tippe auf Letzteres, schließlich waren die vergangenen Stunden alles andere als lässig für den Hund. Hunde leiden mit ihren Menschen mit. Und ich habe gelitten wie ein Tier.
    Arne nimmt die letzte Erdbeere, die noch in der Schüssel war, in die Hand.
    »Hat der Hund auch davon gegessen?«, fragt er und lässt die Frucht vor meinem Gesicht hin- und herpendeln.
    »Hat er.«
    »Dann wird es das sein. Der Mops reagiert allergisch auf Erdbeeren.«
    »Wie bitte?«
    »Auch Tiere haben Lebensmittelallergien, das solltest du wissen. Und Allesfresser wie unser Earl of Cockwood sind prädestiniert für Unverträglichkeiten.«
    »Ach.«
    »Was habt ihr denn sonst noch in euch reingestopft?« Ich finde, Arne klingt ein bisschen pampig. Dazu hat er aber keinen Grund. Er nicht. Wenn, dann darf ich beleidigt sein.
    »Dein Abendessen«, gebe ich zurück. »Und es war verdammt lecker!«
    »Ach Tanja«, sagt Arne, steht auf und verschwindet im Klo. Ich höre, wie er sich die Hände wäscht. Als er wieder kommt, sitze ich auf dem Sofa, Earl wie ein Schutzschild auf meinem Schoß. Den Sabber habe ich dem Mops notdürftig abgewischt. Die große Badeaktion stehe ich jetzt nicht durch. Earl sicher auch nicht, er hängt wie ein nasser Waschlappen in meinen Armen. Mudel wagt sich vorsichtig aus seinem Versteck heraus. Seine schwarzen Kulleraugen heftet er fest auf seinen Vater. So, wie der kleine Kerl ihn anschaut, möchte man meinen, er habe eben den Schock seines Lebens bekommen. Kein Wunder, wen würde es nicht aus den Latschen hauen, wenn der eigene Vater mit dem Tod ringt? Einen Moment lang beobachtet er den Kranken. Als der Mops leise seufzt und zu schnarchen beginnt, ist Mudel zufrieden und trollt sich auf das Hundekissen.
    Arne kniet sich vor die Couch. Ich versuche, ihn nicht anzusehen. Aber meine Augen suchen automatisch den Kontakt mit der nackten Männerbrust. Den starken Armen. Und der Gänsehaut.
    »Mir ist kalt«, sagt Arne.
    Geschieht dir recht, denke ich.
    »Deck dich zu«, sage ich und deute mit dem Kinn auf die lila Kuscheldecke, die mir Chris und Rolf neulich von IKEA mitgebracht haben. Zu meinem eigenen Entsetzen. Wahrscheinlich haben die Aufregung und der Alkohol meinen Stolz in Grund und Boden gearbeitet. Ehe ich tun kann, was ich tun sollte – nämlich Arne vor die Tür setzen – , setzt mein Tierdoc sich ans andere Ende des Sofas und wickelt sich in den Fleece ein. Unsere Zehen berühren sich. Seine sind eiskalt. Ein Stromschlag jagt

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