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Mops und Möhren

Mops und Möhren

Titel: Mops und Möhren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
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Mitleidet. Und der aus lauter Sorge um mich auch Schluckauf bekommt. Dass er bei jedem Hickser rülpst und mir eine Erdbeer-Schinken-Fahne ins Gesicht bläst, ist wirklich das kleinste Übel. Denn langsam wird mir übel. Das ständige Hicksen trägt auch nicht gerade zur Entspannung meines Magens bei. Ich muss mich flach legen. Noch ein letzter Schluck Blubberwasser, dann packe ich den Mops als Wärmekissen auf meinen Bauch. Das Sofa schwankt. Vorsorglich stelle ich mein rechtes Bein auf den Boden. Ein wenig bremst die Couch ab. Earl wimmert leise.
    »Bissu echtn ssssuper Kumbbbl«, flüstere ich. Eine letzte Träne kullert über meine Wange und tropft ins Sofakissen. Dann kommt der große Gong und ich falle in den narkotisierten Schlaf einer sternhagelvollen Liebeskranken.
    Der dauert allerdings bei Weitem nicht so lange, wie er sollte. Nach gefühlten zwei Minuten wird mir warm ums Herz. Nein, eher auf dem Herz. Ich ramme den rechten Fuß gegen den Boden und bremse das schwankende Sofa. Meine Augen sind komplett verklebt, und es braucht starke Lidmuskeln, um sie zu öffnen. Als mir das schließlich gelingt, starre ich direkt in Earls Knautschgesicht. Der Hund steht auf meinem Bauch und bläst die Wangen auf. Dabei macht er ein Geräusch, als ob er sich selbst nach außen umstülpt. Ehe ich begreife, was das bedeutet, landet ein zweiter Schwall Hundekotze auf meiner Brust. Vor Anstrengung japsend starrt der Mops mich an. Ich bin froh, dass der Prosecco mich noch so weit dämpft, dass ich nicht aus lauter Solidarität zurückspeie.
    Als ich mich aufrichte, rutscht Earl auf den Boden. Irgendwie gelingt es mir, ein paar noch nicht vollgeheulte Taschentücher zu finden. So gut es eben geht, wische ich Earls Hinterlassenschaft ab. Dann streife ich das Shirt ab. Zum Glück hat der schweineteure BH nichts abbekommen. Ich rieche zwar nicht gut, habe dafür aber das geilste Dessous der ganzen Stadt an.
    Earl quiekt leise. Ich beuge mich zu ihm hinunter, wobei ich mich am Couchtisch festhalten muss. So ganz scharf sehe ich nicht. Aber scharf genug um zu erkennen, dass der Hund im ganzen Gesicht rote Punkte hat.
    »Was hassn du da?« Ich rubbele über die Punkte. Sie bleiben genau da, wo sie sind.
    »Issja komisss.« Selbst ein mit Spucke angefeuchtetes Tempo kann die Tupfen nicht beseitigen. »Du hassja Pickel«, sage ich. Earl jault leise. Mudel springt vom Kissen und saust zu ihm hin. Der Kleine beschnüffelt ihn, niest und tritt dann wieder den Rückzug an. Eine kluge Entscheidung, wie mir zwei Sekunden später bewusst wird. Earl macht ein Geräusch wie eine Badewanne, wenn der letzte Rest Wasser im Abfluss verschwindet. Bei ihm geht das aber andersrum. Ein Schwall Galle landet auf meinen perfekt pedikürten Füßen. Earl kippt von den seinigen und hechelt. Das Geräusch, das er dabei macht, klingt gar nicht gut. Als er dann auch noch zu zucken beginnt und sich der ganze Hund verkrampft, bin ich mit einem Schlag um mindestens fünf Promille nüchterner. Wieder und wieder wird der Mops von Krampfanfällen geschüttelt. Das Einzige, was ich tun kann, ist aus dem Weg zu gehen. Ich schiebe den Tisch zur Seite, damit er sich nicht stößt. Earls epileptische Anfälle dauern normalerweise keine zwei Minuten. Dieser aber scheint gar nicht aufzuhören. Der Hund hat Schaum vor dem Maul und bekommt offensichtlich keine Luft mehr. Er starrt aus weit aufgerissenen Augen zu mir hoch. Angst spiegelt sich in seinem Gesicht.
    Zwei Sekunden später klingele ich bei der Wohnung gegenüber Sturm und wummere gegen die Tür.
    »Notfall!«, brülle ich. »Hilfe!« Es scheint Tage zu dauern, bis Arne die Tür aufmacht. Nur mit Boxershorts bekleidet starrt er mich aus kleinen Augen an. Seine Haare stehen in alle Richtungen vom Kopf ab und auf der linken Wange hat das Kissen tiefen Eindruck hinterlassen.
    »Spinnst du?«, herrscht er mich an. »Es ist vier Uhr!«
    »Scheißegal!«, pampe ich zurück. »Earl stirbt!« Ich ziehe Arne aus seiner Wohnung über den Flur in meine. Auf nackten Füßen und mit nacktem Oberkörper. Aber dafür habe ich jetzt keinen Blick. Mudel hat sich unter den Sofatisch verkrochen und wimmert leise. Earl krampft noch immer. Der Mops schnappt verzweifelt nach Luft, und sein kleiner Körper windet sich auf dem Boden.
    »Koffer!«, brüllt Arne. Ich rase in seine Wohnung und kralle mir das Notfallset, das wie immer direkt neben der Eingangstür steht. Als ich zurückkomme, hat Arne sich neben Earl gekniet und schüttelt

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