Mops und Möhren
kaum wusste, wovon ich mir das Essen kaufen sollte, aber ein prall gefüllter Kleiderschrank sieht definitiv anders aus. Ich nehme mir fest vor, mit dem nächsten Gehalt den Läden in der Königstraße einen Besuch abzustatten. Bis dahin muss ich eben mit den üblichen Jeans und Shirts vorliebnehmen. Ich entscheide mich für eine hellblaue Hose mit überbreitem Schlag, weil die einen Knackpo und eine schlanke Silhouette formt. Darüber ziehe ich das schwarze Shirt mit den üppigen Rüschen am Ausschnitt. Was frau nicht hat, muss sie eben dazumogeln, und dem wattierten BH sei Dank kann ich jetzt wenigstens mit einem Dekolleté aufwarten.
Was ich sonst für meinen Plan brauche, finde ich dank meiner Jungs in der Küche. Alle Zutaten packe ich in einen kleinen Korb. Dann wecke ich die Hunde. Mudel springt mir sofort entgegen, als ich mit der Zunge schnalze. Schwanzwedelnd steht er vor mir.
»Tut mir leid, wir gehen nicht Gassi«, sage ich. Was dem Mopspudelmischling ziemlich egal zu sein scheint, Hauptsache, es ist was los. Sein Vater Earl lässt sich länger bitten. Der Mops öffnet seine Augen, hebt aber die Schnauze nicht von den Pfoten, auf die er seinen Knautschkopf gebettet hat.
»Hopp, Earl, komm!«, versuche ich es. Der Hund sieht mich an, regt sich aber nicht. Mudel wuselt um meine Beine und kläfft. Was wahrscheinlich heißt ›Los, Papa, aufstehen, ich will spielen!‹ Jedenfalls kommt jetzt ein bisschen Regung in das hellbraune Fellknäuel. Earl hebt den Kopf und gähnt. Dann seufzt er, pupst leise und endlich, endlich geruht der Earl of Cockwood, seinen mopsigen Astralkörper aus dem Körbchen zu heben. Mit beiden Hunden platziere ich mich vor Arnes Tür, das Körbchen in der Hand. Ich klingele. Nichts. Klopfe. Nichts. Mudel will spielen und springt an meinen Beinen hoch.
»Sitz!«, befehle ich. Könnte das aber genauso gut der Fußmatte mit dem abgetretenen Bärchenmotiv erzählen, die Arne vom Vormieter übernommen hatte. Der schwarzgelockte Junghund kläfft. Earl sieht seinen Sohn mit schief gelegtem Kopf an. Dann bellt auch er.
»Nicht das ganze Haus wecken«, zische ich. Zu spät. Die Kehrwochenpolizei aus der Wohnung unter unserer WG reißt ihre Tür auf.
»Ruhe da oben!«, brüllt Frau Stiller ins Treppenhaus. Was die beiden Hunde mit einer neuerlichen Kläfforgie quittieren. Sie können Frau Stiller, deren Kittelschürzen und Putzfimmel genauso wenig leiden wie alle im Haus.
»Heimadsogga, isch jetzt a Ruah! Hend sie mol uff d’Uhr guckt?«
»Tschuldigung, Frau Stiller, ich weiß, dass es noch früh ist«, rufe ich nach unten und versuche dabei gleichzeitig, Mudel davon abzuhalten, an mir hochzuspringen und sich etwas aus dem Korb zu mopsen.
»Jetzt langt’s so langsam mit den Kötern«, kreischt die Stiller. Dann knallt sie ihre Tür mit Schmackes zu. Wer jetzt noch nicht wach war im Haus, den hat es spätestens jetzt aus den Federn gefetzt. Und tatsächlich – endlich geht die Wohnungstür auf.
»Überraschung«, rufe ich gegen das Gebell an.
»Hä?« Vor mir steht … Sandra. Mit verquollenen Augen, zerzaustem Haar und einem Nichts aus Seide am Leib. Sie fixiert mich und ich muss grinsen – wahrscheinlich ist sie ohne Kontaktlinsen und Brille blind wie der berühmte Maulwurf.
»Für Arne, nicht für dich«, sage ich ein bisschen pampig.
»Komm rein.« Sandra tritt zur Seite und die Hunde sausen an ihr vorbei Richtung Wohnzimmer. Mit einem Satz sind beide auf der Couch. Sandra verschwindet im Büro. Durch die halb geöffnete Tür sehe ich die Klappcouch, auf der eine zerwühlte Decke liegt. Arnes sonst penibel aufgeräumter Schreibtisch verschwindet förmlich unter einem Berg Klamotten. Sandra gibt der Tür einen Tritt mit der Hacke.
»Gute Nacht«, rufe ich der geschlossenen Tür zu. Keine Reaktion. Auch gut. Ich gehe zum Schlafzimmer und öffne vorsichtig die Tür. Arne liegt zusammengerollt wie ein Embryo auf der Seite, mit dem Rücken zu mir. Er schnarcht leise. Der Mann hat einen Schlaf, von dem sich jedes Baby eine Scheibe abschneiden könnte. Den holt so schnell nichts aus den Träumen – aber genau das habe ich jetzt vor. Mit einem Blick erfasse ich die Lage im Schlafzimmer. Ein Kissen. Eine Decke. Arne trägt ein ausgewaschenes Shirt vom VfB Stuttgart. Ich nehme an, sein Po steckt in einer der Boxershorts, die er zum Schlafen gern trägt, durch die Decke kann ich das nicht erkennen. Jedenfalls sieht nichts hier so aus, als hätte es eine heiße Liebesnacht gegeben. Ich
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