Mops und Möhren

»Aha!« Ich stehe auf und linse über seine Schulter. Das Immobilienbüro hat geantwortet:
     
    Von: [email protected]
    An: [email protected]
    Betreff: Re: Exposé Objekt S-1309/0309/2404
     
    Sehr geehrter Herr Dr. Fuchs,
    herzlichen Dank für Ihr Interesse an unserem Projekt in Stuttgart. In der Anlage finden Sie das Exposé als pdf.
    Unser Mitarbeiter vor Ort steht Ihnen jederzeit zur Verfügung. Sie erreichen Herrn Pukallus unter der Mobilnummer 0172/245569842421.
    Mit freundlichen Grüßen
    M. Asmussen,
    Ass. d. Gesch.F.
    Anlage: Stuttgart.pdf
    »Da schau her«, sagt Arne und grinst. Dann klickt er auf die angehängte Datei. Es dauert einen Moment, ehe alles geladen ist, dann erscheint ein Hochglanzprospekt auf dem Bildschirm. Am Computer wurden die Traumwohnungen schon gebaut. Und, ganz ehrlich, ich würde da sofort einziehen. Die Preisliste ignorieren wir zunächst und scrollen bis zum Penthouse vor. Ich bin baff, als ich den Grundriss sehe: Da würde unsere WG locker fünf Mal reinpassen!
    »Fertigstellung Ende nächsten Jahres«, liest Arne vor. »Donnerwetter, die geben aber Gas, wenn die Schrebergärten erst zum Januar geräumt sein sollen.«
    »Die werden nicht geräumt«, sage ich ein bisschen weinerlich. »Das will ich nicht!«
    »Das will ich auch nicht«, sagt Arne und fummelt das Telefon aus seiner orangenen Rettungsjacke, die er über den Stuhl gehängt hat. Dann wählt er die in der Mail angegebene Nummer und drückt auf die Freisprechtaste. Earl merkt, dass etwas im Gange ist und bellt leise.
    »Scht!«, mache ich und nehme ihn auf den Schoß. Mudel will das natürlich auch, und so sitze ich nach dem vierten Tuten mit beiden Hunden auf dem Schoß am Tisch. Zu zweit sind die ganz schön schwer und ich habe Mühe, die Balance zu halten, weil der Mops sich nach dem Kuchen auf dem Tisch streckt.
    »Ja?«, meldet sich nach dem siebten Tuten eine männliche Stimme aus dem Handy.
    Arne: »Dr. Fuchs hier.« (Das Doktor betont er, aber natürlich sagt er nicht, dass seine Doktorarbeit den Titel ›Nasale Probleme bei brachyzephalen Rassen‹ trug).
    Pukallus: »Äh. Ja.« (Klingt gehetzt)
    Weibliche Stimme aus dem Off: »Schon wieder ein Privatgespräch?«
    Pukallus (hält offensichtlich die Hand über den Lautsprecher): »Nein – knack – Moment – rausch – gleich – knack … «
    Arne: »Hallo?«
    Rauschen in der Leitung. Man hört Stimmen, versteht aber kein Wort. Dann klingt es, als ob eine Tür geöffnet und wieder geschlossen wird. Schritte.
    Pukallus: »Entschuldigung, meine Sekre… also, hier ist viel los. Wer ist am Apparat?«
    Arne: »Fuchs. Dr. Fuchs. Es geht um das Penthouse in Stuttgart.«
    Pukallus (jetzt sehr säuselnd): »Herr Dr. Fuchs, wie schön! Wie kann ich Ihnen helfen?«
    Arne: »Nun, wir haben das Exposé erhalten. Die Wohnung entspricht unseren Vorstellungen, zumindest dem, was man auf dem Papier sieht. Meine Frau und ich würden uns aber gern vor Ort umschauen.«
    Pukallus (zögert einen Moment): »Äh. Ja, also, gebaut haben wir noch nichts.«
    Arne: »Das wissen wir, aber wir würden gern mal das Grundstück sehen, damit wir einen Eindruck haben von der Lage.«
    Earl fiebt und streckt sich weiter Richtung Kuchen. Mudel jammert, weil er fast von meinem Schoß rutscht.
    Pukallus: »Ah, ich höre, Sie haben Kinder?«
    Arne (grinst): »Ja. Sozusagen. Zwei Söhne.«
    Pukallus: »Wie schön, Herr Dr. Fuchs. Ja, für junge Familien ist dieses Objekt i-de-al.«
    Ich unterdrücke ein Kichern. Arne grinst mich an.
    Arne: »Genau das ist uns wichtig. Eine Umgebung, in der unsere … Söhne gut aufwachsen können, mit viel Natur. Die beiden sind am liebsten draußen.«
    Pukallus (begeistert): »Das ist Natur pur! Mehr Natur geht gar nicht.«
    Arne: »Das klingt gut. Sagen Sie, wann können wir uns die Liegenschaft ansehen?«
    Pukallus (schluckt trocken): »Äh … Moment … also, wir haben natürlich sehr viele Interessenten, aber für Sie, lieber Herr Dr. Fuchs, finde ich natürlich einen Termin. Moment bitte.«
    Rascheln aus dem Hörer. Arne verdreht die Augen, ich tippe mir an die Stirn. So gut das eben geht, wenn man zwei verfressene Hunde auf dem Schoß hat.
    Pukallus: »Herr Dr. Fuchs? Ginge es übermorgen, so gegen 17 Uhr?«
    Arne: »Moment bitte, ich muss meine Frau fragen. Schatz? Schaaatz?« Arne hält das Telefon von sich weg. Ich halte mir die Hand vor den Mund und mache undefinierbare Geräusche. Schließlich teilt mein Herr Doktor dem Herrn Pukallus mit,