Mops und Möhren
Männer tun. Rolf hat sein iPad nach der Verkäuferin benannt.
»Die beste Erfindung seit dem Rad«, sagt er zum hundertsten Mal, als das Gerät hochgefahren ist.
»Ja. Jaaaa. Schon gut«, nölen Chris und ich unisono.
»Dann wollen wir mal sehen.« Rolf lässt sich nicht stören und tippt mit verzücktem Blick auf den Touchscreen. Sein Lächeln weicht allerdings kurz darauf einem leicht entsetzten Gesichtsausdruck. Mit hochgezogenen Augenbrauen starrt er auf den Bildschirm und schüttelt den Kopf.
»Was? Was ist denn?«, frage ich und stelle mich hinter ihn. Über Rolfs Schulter starre nun auch ich auf den Bildschirm. Das orangefarbene Logo von Pukallus’ Klemmbrett blinkt mir entgegen. May Immobilien Frankfurt. Eine ziemlich einfach gemachte Website, wie ich finde. Ich überfliege den Text, und dann schnellen auch meine Augenbrauen in die Höhe.
»Wir sind auf der Suche nach größeren Liegenschaften in Stuttgart. Bei erfolgreicher Vermittlung erhalten Sie eine Provision – sprechen Sie uns an.«
»Donnerwetter!« Chris pfeift durch die Zähne, wobei ein paar Bienenstichkrümel auf den Bildschirm fliegen.
»Hey, aufpassen«, tadelt ihn Rolf. Er wischt die Krümel weg, wobei das Bild verschwindet. Es dauert ein paar Sekunden, ehe er es wieder geladen hat. Zeit genug, um das eben Gelesene zu sortieren.
»Denkt ihr, was ich denke?«, frage ich die Jungs. Meinem fieberschwachen Hirn traue ich nicht so ganz.
»Ich glaube schon«, antwortet Rolf. »Die Immobilienfuzzis suchen Grundstücke – der Pukallus braucht Geld. Beim heiligen Mops, ich glaube langsam nicht mehr, dass der Steuerbescheid rein zufällig ausgerechnet jetzt ausgegraben wurde … «
»… und ich auch nicht. Das wäre eine riesengroße Sauerei«, mischt Chris sich ein.
»Klick mal weiter«, fordere ich Rolf auf. Auf dem Bildschirm erscheint eine lange Latte an Neubau-Wohnungen der oberen Preisklasse. Für mich unerschwinglich. Alle mit Marmorfliesen, zum Teil sogar offenem Kamin, Hausmeisterservice und – alle in Stuttgart.
»Projektierte Objekte für gehobene Ansprüche«, lese ich laut vor. Echte Fotos finden sich hinter keinem der Angebote, aber hübsche Computerbilder und Grundrisse. Vom Zwei-Zimmer-Appartement bis zum Sechs-Raum-Loft ist alles dabei.
»Wo soll denn das sein?«, will Chris wissen, nachdem wir uns durch sämtliche Inserate geklickt haben.
»Ich befürchte, genau da, wo du jetzt stehst«, knurrt Rolf. »Die Beschreibung passt: ›Exklusives Wohnen in exponierter Halbhöhenlage in ehemaligem Landschaftsschutzgebiet‹. Die tragen ganz schön fett auf.«
In dem Augenblick, als Rolf ›fett‹ sagt, springen die Hunde unterm Tisch auf und bellen.
»Ich dachte, ihr jätet Unkraut? Stattdessen wird wieder auf irgendwelchen Shoppingseiten gesurft?«
»Arne!« Er lacht, als er auf uns zukommt – mit einem Korb, der aussieht, als hätte er ihn gerade eben bei Rotkäppchen geliehen. Mein Herz klopft schneller. Er sieht so knusprig aus in seiner Sanitäteruniform!
Earl und Mudel springen an ihm hoch und schnuppern ausgiebig. Ich kann mir vorstellen, dass seine Hose interessant riecht, nach anderen Hunden, Katzen und allerlei Kleinvieh. Er scheucht die Hunde weg, stellt den Korb auf einen freien Stuhl und nimmt mich in den Arm.
»Geht’s dir besser?«, flüstert er mir ins Ohr.
»Jetzt ja«, krächze ich. Meine Stimme wird von Minute zu Minute schlechter, und es ist eindeutig Zeit für eine weitere Halspastille. Vorher aber will ich einen Kuss. Wegen der Viren auf den geschlossenen Mund – aber auch das ist so übel nicht.
»Hier shoppt keiner«, sagt Chris schließlich. »Es sei denn, du hast im Lotto gewonnen und willst dir ein Loft mit Whirlpool und zwei Balkonen kaufen.«
»Bitte?« Arne starrt auf den Bildschirm und macht große Augen, als Rolf ihm erklärt, was genau da zu sehen ist.
»Leck mich«, kommentiert Arne. »Eins komma zwei Millionen. Für 150 Quadratmeter. Und schon reserviert!«
»Stimmt. Gut ein Drittel der Wohnungen scheint schon an den Mann gebracht worden zu sein, obwohl offensichtlich noch kein einziger Stein verbaut wurde.« Rolf scrollt weiter. Chris seufzt.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier mal ein Wohnblock stehen soll.« Er sieht ziemlich unglücklich aus.
»Na, noch steht ja nichts«, meint Arne kampfeslustig. »So leicht geben wir nicht auf, oder?« Chris zuckt mit den Schultern, Rolf nickt heftig. Ich huste, was die drei als Zustimmung deuten.
»Ich habe da so eine Idee,
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