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Mops und Möhren

Mops und Möhren

Titel: Mops und Möhren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
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Oh mein Gott, Tanja!« Rolf packt mich bei den Schultern und sieht mich flehend an. »Ich schwöre dir, wenn Earl was passiert, wenn er nicht mehr … Ich bring den Pukallus um!«
    »Rolf, bitte«, sage ich sanft und nehme ihn in den Arm. Ich muss mich ganz schön strecken. Schließlich gelingt es mir, ihn wieder auf einen Stuhl zu bugsieren. So gut es geht erkläre ich ihm, was die Ärzte jetzt vermutlich machen. Nämlich gar keinen so großen Schnitt. Auch in der Tiermedizin wird heutzutage minimalinvasiv operiert und so, wie ich diese Frau Lösch einschätze, hat sie eine hochmoderne Praxis. Ich war zwar noch nie hier, aber man kennt sich ja unter Kollegen, und Arne würde den Mops niemals zu einem Pfuscher bringen. Außerdem ist er ja dabei.
    Ich komme mir vor wie ein Statist in einer mittelmäßigen US-Arztserie. Meine Rolle ist die einer wartenden Angehörigen, die vor dem OP sitzt und mit einem ebenso verstörten Mann Händchen hält. Nur, dass hier keine Schmetterlinge flattern, sondern die nackte Angst um unseren kleinen Earl. Der Zeiger der Wanduhr tickt tatsächlich so langsam wie im Fernsehen und mein Herz wummert wie eine schlechte Filmmusik.
    »Weißt du noch, wie er Mudel gezeugt hat?«, versuche ich Rolf aufzumuntern. Der lächelt gequält.
    »Wie könnte ich den Stress auf dem Spielplatz vergessen, als er vor aller Kinder Augen den Rassepudel bestiegen hat!« Rolf war damals zwar nicht dabei, aber meine Erzählungen waren so blumig, dass meine Jungs automatisch das Gefühl hatten, dem ungewollten Deckakt beizuwohnen. Na ja, ungewollt war es nur von der Pudeldamenbesitzerin, die ihrer ›Püppi‹ gern einen Pudel gegönnt hätte. Aber hätte Earl sich nicht in die gelockte Schönheit verguckt, säße Mudel jetzt nicht hier. Vielleicht ist er sein Vermächtnis, wenn … Nein! Ich will nicht daran denken, dass der Mops gerade in Lebensgefahr schwebt. Wer weiß, ob wirklich nur die Milz angegriffen ist? Das ist schnell getan, aber wenn noch mehr Organe Schaden genommen haben …
    Wieder schweigen wir. Eine halbe Stunde. 50 Minuten. 70. Nach knapp anderthalb Stunden fliegt die Tür erneut auf und Arne kommt herein, dicht gefolgt von Dr. Lösch. Beiden steht der Schweiß auf der Stirn und die Anstrengung ins Gesicht geschrieben.
    »Alles gut!«, ruft Arne, als Rolf auf ihn zustürmt. »Es war nur ein kleiner Riss in der Milz.«
    »Das heißt?«, fragt Rolf.
    »… dass er wieder ganz der Alte wird!«, juble ich und falle Arne um den Hals.
    »Na ja, nicht ganz, eine zwei Zentimeter lange Narbe wird bleiben«, schaltet sich nun die Ärztin ein. »Und er bleibt auch noch. Ein, zwei Tage muss er noch unter Beobachtung bleiben.«
    »Kann ich zu ihm?«, will Rolf wissen.
    »Klar«, sagt die Ärztin. Die beiden verschwinden. Ich kuschele mich an Arne. Er streichelt meinen Rücken.
    »Was für ein Tag«, murmele ich und merke, dass ich einen Bärenhunger habe.
    »Das kannst du laut sagen. Also, wenn das immer so zur Sache geht, wenn man eine Wohnung kaufen will, dann bleibe ich lieber Mieter«, lacht Arne.
    »Allerdings!«, pflichte ich ihm bei. Und dann wird mir heiß. Siedend heiß! Vor lauter Sorge um den Mops haben wir Chris völlig vergessen. Schnell krame ich das Handy aus meiner Hosentasche. Ausgeschaltet – klar, das habe ich abgestellt, als wir hinter der Hecke auf der Lauer lagen. Ich tippe den PIN ein und sobald das Gerät ein Netz gefunden hat, rattern die Benachrichtigungen rein. 24 Anrufe in Abwesenheit, alle von Chris. Ich wähle unverzüglich seine Nummer.
    »Mempf, waff ifft denn lof?«, nuschelt er. »Iff maff mir folche Forgen!«
    »Entwarnung«, sage ich. »Alles wird gut!«
    Chris weint auf der Stelle los. Er weint und lacht gleichzeitig.
    »Feiffe, Tanja, daff tut verdammt feh mit der Nafe!«
     
    Chris’ Nase hatte im Verlauf der Woche eine interessante Entwicklung durchgemacht. Sie war sozusagen das Fanal, ein Zeichen für das, was sonst noch geschah.
     
    Tag 1: Mit Schmerzmitteln vollgepumpt geht Chris früh ins Bett und verzichtet darauf, mit uns anderen die Prosecco- und Biervorräte in der Küche plattzumachen. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir anderen hysterisch kreischen, als er mit der von Arne mangels anderer Mittel selbst gebastelten Tamponade hereinkommt – mein Tierarzt hat meine Tampons geplündert, die blauen Fäden abgeschnitten und in Chris’ noch immer blutendes Riechorgan gestopft. Dass das Nasenbein höchstens angeknackst ist und von allein heilen wird,

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