Mopsküsse: Roman (German Edition)
Blick war zwar auf Anhieb nicht unbedingt ihr Fall, aber in ihrer momentanen Notlage würde sie sich mit fast jedem arrangieren. Nur nicht alleine in dieser Moddergruft bleiben!
Georgia jedoch blieb skeptisch. Sie hatte nur mühsam verbergen können, wie schockiert sie war, als sie die Wohnung betrat. Ihr war umgehend klar gewesen, was Antonella in ihrer Anzeige mit »Pflegefall« gemeint hatte. Und das war noch milde ausgedrückt. In diese muffige, vollgestellte Wohnung würde sie keinesfalls einziehen. Nie im Leben! Und schon gar nicht in ihrem momentanen desolaten Zustand. Nein, da würde sich leicht etwas Standesgemäßeres finden lassen, und bis dahin ginge sie eben doch wieder ins Hotel. Ein bisschen schade, denn die große Antonella, die zunächst sehr temperamentvoll und dann immer verzweifelter die Wohnung angepriesen hatte, schien zwar reichlich unkonventionell, aber auch ein echter Sonnenschein zu sein. Frühstück und eine warme Mahlzeit täglich – süß, aber nein. »Darüber muss ich noch mal nachdenken«, murmelte Georgia ein bisschen verlegen. »Ich melde mich dann.« Sie wandte sich zum Gehen, als hinter einer Tür in der Diele ein jämmerliches Winseln zu hören war. »Was ist das denn?«, fragte sie und griff nach der Türklinke.
»Mist, der Köter!«, stöhnte Antonella entsetzt auf. »Den habe ich ja völlig vergessen!« Sie hatte am Vormittag ein bisschen aufgeräumt und geputzt, da musste Hugo irgendwie in die Abstellkammer geraten sein. »Geh besser nicht da hinein. Das ist das Allerschlimmste an der ganzen Wohnung!«
Doch zu spät, Georgia hatte bereits die Tür geöffnet und sah das schwarze Häufchen Elend zwischen Putzeimern und Staubsauger kauern. Hugo gab, offenbar hochmotiviert, das arme, leidende Geschöpf. Sein Anblick ließ Georgia schlagartig alle Fluchtpläne vergessen. Sie stürzte sich auf das Tier und nahm es mit tröstenden Worten auf den Arm. »Was haben wir denn da Süßes? Du musst der Mops aus der Anzeige sein. So ein niedliches kleines Hundchen bist du.« Hugo leckte ihr dankbar die ungeschminkte Wange. Eindeutig Liebe auf den ersten Blick! Vielleicht sollte sie es doch wagen mit der Wohnung? Der Hund war derart niedlich, dass er möglicherweise sogar den gruseligen Anblick der hässlichen Vorhänge vergessen lassen konnte. »Wann kann ich denn einziehen?«, fragte sie Antonella, die mit einem halb angewiderten, halb faszinierten Gesichtsausdruck das Geschehen beobachtete.
»Je früher, desto besser!« Kaum zu fassen – das unförmige Hundeknäuel hatte geschafft, was ihren kulinarischen Verheißungen nicht gelungen war. Egal, Hauptsache, sie hatte eine Mitbewohnerin. Antonella lief begeistert in die Küche und zerrte eine Flasche Prosecco aus dem Kühlschrank. Gestern Abend hatte sie sich noch schnell mit dem Nötigsten eingedeckt. »Das müssen wir feiern!«
Georgia folgte ihr mit Hugo und setzte sich an den Küchentisch.
»Prost! Auf unsere WG!«, jauchzte Antonella.
»Ja, auf die WG.« Georgias Stimme klang ein bisschen brüchig. Sie trank einen Schluck und kuschelte sich an den Hund, den sie immer noch auf dem Arm hatte.
»Hast du eigentlich viele Möbel?«, fragte Antonella. Sie war überglücklich und voller Tatendrang. In Gedanken plante sie schon die Umgestaltung der Wohnung. Georgia jedoch vergrub bei dieser Frage ihre Nase in Hugos Fell und brach in Tränen aus.
»Habe ich etwas Falsches gesagt?« Antonella musterte besorgt ihre neue Mitbewohnerin.
»Nein. Es ist nur so, mein Freund – mein Freund hat mich betrogen …« Immer wieder von heftigem Schluchzen unterbrochen schilderte Georgia kurz, was am Vortag passiert war. Hugo, offenbar ein Tier mit feinem Gespür, kuschelte sich enger an sie und ließ die stete Tränenflut auf sein Fell stoisch über sich ergehen.
Antonella war entsetzt. Das war ja eine unglaubliche Sauerei. Wie konnte dieser Kerl es wagen? Männer waren solche Idioten, und dieser Konstantin schien ein besonders abgebrühtes Exemplar seiner Spezies zu sein. So ein Verhalten durfte nicht ungestraft bleiben. »Das ist ja das Allerletzte! Das darfst du dir auf keinen Fall bieten lassen! Komm, wir verwüsten seine Wohnung oder zerkratzen sein Auto oder klauen irgendwelche wertvollen Sachen von ihm!«
Georgia lächelte gerührt über so viel weibliche Solidarität und kriminelle Energie. Von Letzterem wollte sie aber definitiv nichts wissen. Von plumper Rache hielt sie grundsätzlich nichts, aber vor allem wollte sie ihre verletzte
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