Mopsküsse: Roman (German Edition)
Herzlichkeit, die trotz aller Frotzelei zwischen ihnen herrschte, blieb ihr nicht verborgen. So etwas kannte sie überhaupt nicht. Im direkten Vergleich waren selbst die netten von Teuffels steife und kühle Aristokraten. Von ihrer eigenen Familie mal ganz zu schweigen. Bei der chaotischen, aber fröhlichen Antonella und dem schnuckeligen Hund würde sie sich bestimmt sehr wohlfühlen.
Antonellas Sachen waren ruckzuck in der Wohnung. Neben den Fahrrädern gab es nur noch zwei Kisten »Sportklamotten«, drei Kisten »Klamotten«, zwei Körbe mit Handtaschen und Schuhen und einige kleine Schachteln »Bücher, CDs und persönliche Dinge«. Ganz klar, wo da die Prioritäten lagen.
Anschließend fuhren sie in Konstantins Wohnung im Westend, um Georgias Habseligkeiten einzusammeln.
»Unglaublich!« Antonella war schwer beeindruckt. »Wohnt hier überhaupt jemand? Hier sieht’s ja aus wie in einem Designer-Möbelladen!«
»Immer wieder erstaunlich, wie es manche Leute schaffen, mit so vielen teuren Stücken eine derart seelenlose und sterile Wohnung einzurichten.« Giovanni sah sich mit Kennerblick um.
Georgia zuckte nur mit den Schultern und packte im Rekordtempo. Nur nicht länger als nötig hierbleiben, dachte sie. Traurig, wie wenig sie eigentlich besaß. Die schicken Klamotten, Bücher, ein paar Bilder und zwei kleine Schachteln mit persönlichen Erinnerungen. Und natürlich ihre Schuhsammlung, die ein Vermögen wert war. »Schade, dass ich den Schuhschrank nicht mitnehmen kann, der ist eingebaut«, seufzte sie.
Antonella konnte sich beim Anblick der Manolos, Jimmy Choos und Louboutins kaum noch beruhigen. »Und alles in Größe 36!«, jammerte sie und schielte auf ihre eigenen Füße – die weit weniger zierlich in lässigen Flipflops Größe 41 steckten.
»Um das Schuhregal kümmere ich mich«, schaltete sich Giovanni ein. »Wenn du weißt, wohin du es haben willst, baue ich dir eines. Ein kleines Einzugsgeschenk von Schreinermeister De Anna aus München!« Sein Lächeln war unwiderstehlich, und Georgia wurde ein bisschen rot.
»So, das war’s dann wohl!« Wenig später hatte Georgia ihre letzten Cremetöpfchen aus dem Badezimmer in das Louis Vuitton Beautycase gepackt und die Tasche zu ihren restlichen Gepäckstücken gestellt. Sie ging ein letztes Mal durch die Zimmer, und in ihren Augen glitzerten schon wieder ein paar Tränen. Sie legte ihre Schlüssel auf den Sekretär und griff gerade nach einem Zettel, um ihre neue Adresse zu hinterlassen, als ihr Blick auf die Einladung von Wiebke und Dirk fiel. Das wäre viel subtiler als jeder Kommentar! Mit einer gewissen Genugtuung zückte sie ihren Füller und schrieb ihre Adresse sowie die Bitte, ihre Post dorthin nachzusenden, mitten auf die Karte. Sonst nichts. Keine Erklärung, kein Vorwurf.
Sie luden ihre Sachen in den Lieferwagen und fuhren ins neue Domizil. Dort hatte ein empörter Mops ein unübersehbares Zeichen gesetzt. Er, Hugo von Hofmannsthal, war es schließlich nicht gewöhnt, alleine zu bleiben! Noch ehe sich Antonella richtig aufregen konnte, entfernte Georgia das Häufchen und nahm Hugo zu einem Spaziergang mit nach draußen. Zwei verwunderte Augenpaare verfolgten das Schauspiel. »Nicht zu fassen«, sagte Antonella zu ihrem Bruder, als die Tür ins Schloss fiel, »sieht aus wie eine etepetete Super-Schnepfe, aber wenn der Köter in die Wohnung kackt, ist das kein Problem.«
Drei Stunden später saßen Antonella und Georgia mit Risotto, Prosecco und voller guter Vorsätze in der Küche: Sie würden aus der miefigen Bude eine echte Traumwohnung machen! Giovanni hatte vor seiner Abfahrt noch eine ausführliche Bestandsaufnahme der Möbel gemacht. Viele Sachen waren natürlich völlig indiskutabel und nur noch für den Sperrmüll geeignet. Andere konnte man durchaus aufarbeiten oder verkaufen, und einige Schmuckstücke sollten die Mädels in jedem Fall behalten. Und ohne den ganzen sinnlosen Nippes, die muffigen Vorhänge, Teppiche und Kissen sähe die Wohnung gar nicht mal so schlecht aus. Viel Arbeit, klar. Aber diese Herausforderung sah mit zunehmendem Prickelwasser-Konsum immer weniger bedrohlich aus. Antonella war in ihrem Element. Sie saß mit glänzenden Augen und roten Wangen vor einem Meer von Zetteln, auf die sie kühne Skizzen gekritzelt hatte. Auch wenn sie sich in ihrem Leben bisher für keine Karriere im klassischen Sinn begeistern konnte, ein großes Talent war unübersehbar: Sie verfügte über reichlich Fantasie, einen
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