MoR 01 - Die Macht und die Liebe
hätte werden dürfen - auf dem Elfenbeinstuhl zu sehen! Ich werde lieber in Schande geraten und sterben, als daß ich dir erlaube, nach Rom zu gehen.«
»Wenn es nötig ist, Quintus Caecilius, kannst du beides haben«, bemerkte Marius trocken und verließ das Zimmer.
Publius Rutilius Rufus versuchte, die beiden Männer zur Vernunft zu bringen, weil er um Rom ebenso besorgt war wie um Marius.
»Laßt die Politik aus dem Spiel«, sagte er zu den beiden. »Wir drei sind hier in Africa, weil wir Jugurtha besiegen wollen, aber keiner von euch beiden setzt seine Energien ernsthaft für dieses Ziel ein. Ihr seid viel mehr damit beschäftigt, euch gegenseitig kleinzukriegen, und ich habe davon endgültig genug!«
»Wirfst du mir etwa vor, daß ich meine Pflichten vernachlässige, Publius Rutilius?« fragte Marius gefährlich ruhig.
»Nein, natürlich nicht! Ich werfe dir nur vor, daß du deine genialen Einfälle zurückhältst, die du sonst immer hast, wenn es um Kriegführung geht. Taktisch bin ich ebenso gut wie du. Logistisch bin ich ebenso gut wie du. Aber wenn es um Strategie geht, Gaius Marius - die langfristige Planung eines Krieges -, da kann dir keiner das Wasser reichen, nicht ein einziger. Und hast du auch nur ein Minimum an Zeit und Überlegung darauf verwendet, dir Gedanken zu machen, wie wir diesen Krieg gewinnen können? Nein!«
»Und wo ist mein Platz in dieser Lobeshymne auf Gaius Marius?« fragte Metellus spitz. »Und wo ist, ganz nebenbei, mein Platz in der Lobeshymne auf Publius Rutilius Rufus? Oder zähle ich gar nicht?«
»Du zählst wohl, du Erzangeber, weil du nominell der Befehlshaber in diesem Krieg bist!« schnaubte Rutilius Rufus. »Und wenn du denkst, daß du taktisch und logistisch besser bist als ich, und taktisch und logistisch und strategisch besser als Gaius Marius, dann zeig uns das doch endlich, bei allen Göttern! Aber das tust du natürlich nicht. Wenn du gelobt werden willst, dann will ich dir so viel zugestehen: Du bist weder so korrupt wie Spurius Postumius Albinus noch so unfähig wie Marcus Junius Silanus. Dein Hauptproblem ist, daß du einfach nicht so gut bist, wie du glaubst. Immerhin warst du so intelligent, mich und Gaius Marius als oberste Legaten mitzunehmen, und eine Zeitlang dachte ich tatsächlich, du hättest im Laufe der Jahre etwas dazugelernt. Aber ich habe mich geirrt. Du hast unsere Talente ebenso verschwendet wie das Geld des Staates. Wir gewinnen diesen Krieg nicht, wir stecken in einer außerordentlich kostspieligen Sackgasse. Deshalb höre auf meinen Rat, Quintus Caecilius! Laß Gaius Marius nach Rom gehen, laß Gaius Marius an den Konsulwahlen teilnehmen - und laß mich unsere Mittel organisieren und unsere militärischen Schachzüge planen. Und du - widme deine Energien der Aufgabe, Jugurthas Beliebtheit bei seinem Volk zu untergraben. Von mir aus kannst du so viel öffentlichen Ruhm einheimsen, wie du willst, solange du nur innerhalb dieser vier Wände zugibst, daß ich recht habe.«
»Ich gebe gar nichts zu«, sagte Metellus.
Und so ging es den ganzen Sommer fort bis weit in den Herbst hinein. Jugurtha konnte nicht dingfest gemacht werden, er schien wie vom Erdboden verschluckt. Als auch dem letzten einfachen Soldaten klar geworden war, daß es keine offene Schlacht zwischen dem römischen und dem numidischen Heer geben würde, zog sich Metellus aus den westlichen Gebieten Numidiens zurück und schlug vor Cirta ein Lager auf.
Dort traf die Kunde ein, Bocchus von Mauretanien habe endlich Jugurthas Druck nachgegeben und sein Heer zusammengezogen und sei jetzt unterwegs, um irgendwo weiter südlich zu seinem Schwiegersohn zu stoßen. Es ging das Gerücht, daß sie gemeinsam nach Cirta marschieren wollten. Metellus hoffte, es werde endlich zur Schlacht kommen, er schmiedete Pläne und hörte mit mehr Interesse als sonst auf Marius und Rutilius Rufus. Aber es kam anders. Die beiden Heere lagen einige Meilen voneinander entfernt in Stellung, Jugurtha ließ sich nicht zu einem Angriff provozieren.
Nichts bewegte sich. Die römische Position war so gut verteidigt, daß Jugurtha keinen Angriff wagte, und die Position der Numider war so wenig greifbar, daß Metellus sich nicht aus seinem Lager locken ließ.
Und dann, zwölf Tage vor den Konsulwahlen in Rom, entließ Quintus Caecilius Metellus Schweinebacke den ersten Legaten im Feldzug gegen Jugurtha, Gaius Marius, offiziell aus seinem Dienst.
»Mach, daß du wegkommst«, sagte Metellus und lächelte
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