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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Schritt an der Spitze eines langen Zuges von Reiterei und Fußsoldaten.
    Bomilkar wandte den Kopf und sah seinem Halbbruder direkt in die hellen Augen. »Am Hof?«
    »Es liegt Unheil in der Luft, Bruder. Angezettelt und geschürt von dem schleimigen kleinen Dreckskerl Gauda, möchte ich wetten«, sagte Jugurtha.
    »Meinst du, es gibt eine Palastrevolution?«
    »Ich weiß nicht genau, was ich meine. Es stimmt einfach etwas nicht. Ich habe es im Gefühl.«
    »Ein Mörder?«
    »Vielleicht. Aber ich weiß es einfach nicht, Bomilkar! Meine Augen spähen in ein Dutzend verschiedene Richtungen gleichzeitig, und meine Ohren rotieren beinahe, so eifrig lauschen sie überallhin - aber bisher hat nur meine Nase registriert, daß etwas faul ist. Wie sieht es bei dir aus? Merkst du nichts?« fragte er, denn von Bomilkars Zuneigung, Vertrauen und Treue war er zutiefst überzeugt.
    »Ich muß sagen, ich merke nichts«, antwortete Bomilkar.
    Dreimal lockte Bomilkar den arglosen Jugurtha in eine Falle, und dreimal gelang es Jugurtha, unbeschadet davonzukommen. Und er schöpfte keinen Verdacht gegen seinen Halbbruder.
    »Sie werden allmählich zu raffiniert«, meinte Jugurtha, nachdem er dem dritten Hinterhalt der Römer entgangen war. »Da ist Gaius Marius am Werk oder Publius Rutilius, nicht Metellus.« Er grunzte. »Ich habe einen Spion in meinem Lager, Bomilkar.«
    Bomilkars Miene drückte ehrliches Erstaunen aus. »Das ist denkbar. Aber wer würde es wagen?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Jugurtha mit finsterer Miene. »Aber verlaß dich darauf, früher oder später werde ich es herausbekommen««
    Ende April marschierte Metellus in Numidien ein. Rutilius Rufus hatte ihn davon überzeugt, daß er sich zunächst mit einem leichteren Ziel als der Hauptstadt Cirta begnügen sollte, und so zogen die römischen Truppen statt dessen in Richtung Thala. Von Bomilkar traf die Botschaft ein, er habe Jugurtha persönlich nach Thala gelockt, und Metellus machte einen vierten Versuch, den König gefangenzunehmen. Aber da Metellus zögerte, anstatt Thala mit der nötigen Schnelligkeit und Entschlossenheit zu stürmen, entkam Jugurtha wiederum, und aus dem Angriff wurde eine Belagerung; es dauerte einen Monat, bis der Widerstand der Stadt gebrochen war. Zu Metellus’ großer Überraschung fielen ihm in Thala beträchtliche Schätze in die Hände. Jugurtha hatte sie mitgebracht und mußte sie bei seiner Flucht notgedrungen zurücklassen.
    Ende Mai, Anfang Juni marschierte Metellus auf die numidische Hauptstadt zu, wo ihn eine weitere angenehme Überraschung erwartete: Cirta ergab sich kampflos. Die zahlreichen italischen und römischen Kaufleute der Stadt waren eine bedeutende pro-römische Kraft in der Lokalpolitik. Außerdem liebte Cirta Jugurtha ebensowenig, wie Jugurtha Cirta liebte.
    Das Wetter war heiß und trocken, wie üblich zu dieser Jahreszeit. Jugurtha entzog sich den Fühlern des schlampigen römischen Spitzelsystems, indem er sich erst nach Süden zu den Zelten der Gaetuler absetzte, dann nach Capsa, dem Gebiet des Stammes, aus dem seine Mutter kam. Capsa war eine kleine, aber stark befestigte Bergzitadelle inmitten des schwer zugänglichen Gebietes der Gaetuler. Jugurtha liebte diesen Ort, denn hier lebte seine Mutter seit dem Tod ihres Mannes, Bomilkars Vater. Und hier lagerte Jugurtha auch den größten Teil seiner Schätze.
    Nach Capsa brachten Jugurthas Leute im Juni Nabdalsa, der gefangen worden war, als er die von Römern besetzte Stadt Cirta verlassen hatte. Jugurthas Spitzeln bei den Römern war es endlich gelungen, genügend Beweise zu sammeln, und sie benachrichtigten den König von Nabdalsas Verrat. Zwar hatte man schon immer gewußt, daß Nabdalsa ein Anhänger Gaudas war, aber Nabdalsa konnte sich bisher dennoch frei in Numidien bewegen. Als entfernten Verwandten des Königs, mit Massinissas Blut in den Adern, ließ man ihn lange Zeit gewähren und traute ihm einen Hochverrat nicht zu.
    »Aber jetzt habe ich Beweise«, begann Jugurtha, »daß du eng mit den Römern zusammengearbeitet hast. Und daran enttäuscht mich besonders, daß du so töricht warst, mit Metellus zu verhandeln anstatt mit Gaius Marius.« Jugurtha ließ seinen Blick über Nabdalsa wandern, der in Ketten vor ihm stand und deutliche Spuren von Schlägen trug. »Natürlich bist du in dieser Sache nicht allein«, fuhr er nachdenklich fort. »Wer von meinen Baronen ist an der Verschwörung beteiligt?«
    Nabdalsa antwortete nicht.
    »Foltert ihn«,

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