MoR 01 - Die Macht und die Liebe
zermahlen sie alles zu Sand.«
Jugurtha rief die Folterknechte, die hereinstolperten und auf Anweisungen warteten.
»Tötet sie beide«, befahl Jugurtha und ging in Richtung Tür. »Aber macht es schnell. Und schickt mir beide Köpfe.«
Die Köpfe von Bomilkar und Nabdalsa wurden an die Zinnen von Capsa genagelt, wo alle Welt sie sehen konnte. Das war mehr als ein bloßes Zeichen königlicher Rache an einem Verräter. Ein Kopf wurde an einem öffentlichen Ort befestigt, um den Leuten zu zeigen, daß der richtige Mann gestorben war, und um weitere Betrüger abzuschrecken.
Jugurtha redete sich selbst ein, keinen Kummer zu empfinden er fühlte sich nur einsamer als je zuvor. Es war eine notwendige Lektion gewesen. Er hatte gelernt, daß ein König keinem Menschen trauen kann, nicht einmal seinem eigenen Bruder.
Bomilkars Tod hatte zwei unmittelbare Folgen. Die eine war, daß niemand mehr wußte, wo Jugurtha sich gerade aufhielt, denn er blieb nie länger als ein oder zwei Tage am selben Ort und sagte seinen Wachen nicht, wohin er als nächstes ging. Auch seinen Soldaten sagte er nicht, was er vorhatte; er entschied und nur er allein. Die zweite Folge betraf seinen Schwiegervater, König Bocchus von Mauretanien. Bocchus hatte Rom nicht gegen den Mann seiner Tochter unterstützt, war aber Jugurtha auch nicht gegen Rom zu Hilfe geeilt. Jugurtha setzte sich unverzüglich mit Bocchus in Verbindung und drängte ihn, sich mit Numidien zu verbünden und gemeinsam mit den Numidern die Römer aus Africa zu vertreiben.
Bis zum Ende des Sommers war der gute Ruf von Quintus Caecilius in Rom vollständig ruiniert, niemand hatte mehr ein gutes Wort für ihn oder seine Kriegführung übrig. Und immer noch trafen Briefe ein, regelmäßig, erbarmungslos und außerordentlich wirksam.
Nach der Eroberung von Thala und der Übergabe von Cirta hatten Metellus’ Anhänger bei den Rittern ein Stück weit Boden gutgemacht, aber darin kamen weitere Nachrichten aus Africa, die klarstellten, daß weder Thala noch Cirta das Ende des Krieges bedeuteten. Später folgten Berichte von endlosen Scharmützeln, von tieferen Vorstößen in den Westen Numidiens, die zu nichts geführt hatten, von mißbrauchten Geldern und davon, daß die sechs Legionen unter enormen Kosten für die Staatskasse im Feld gehalten wurden und daß ein Ende der Ausgaben nicht absehbar war. Dank Metellus würde sich der Krieg gegen Jugurtha gewiß noch mindestens ein weiteres Jahr hinziehen.
Die Konsulwahlen waren auf Mitte Oktober angesetzt, und Marius’ Name, der durch die Briefe in aller Munde war, tauchte immer häufiger gerüchteweise auf der Liste der möglichen Kandidaten auf.
Aber die Zeit verstrich, und Marius kam nicht nach Rom. Metellus blieb eisern.
»Ich bestehe darauf, daß du mich freigibst«, verlangte Marius zum mindestens fünfzigsten Mal von Metellus.
»Du kannst darauf bestehen, solange du willst«, erwiderte dieser. »Aber du gehst nicht.«
»Ich werde dennoch nächstes Jahr Konsul sein«, sagte Marius.
»Ein Emporkömmling wie du Konsul? Unmöglich!«
»Du hast Angst, daß die Wähler mich wählen könnten, nicht wahr?« fragte Marius selbstsicher. »Du willst mich nicht gehen lassen, weil du weißt, daß ich gewählt werde.«
»Ich kann nicht glauben, daß auch nur ein echter Römer für dich stimmen würde, Gaius Marius. Aber du bist sehr reich, und das heißt, du kannst dir Stimmen kaufen. Solltest du je irgendwann zum Konsul gewählt werden - sicher nicht nächstes Jahr -, dann garantiere ich dir schon heute, daß ich mit Vergnügen jeden Funken Energie, den ich besitze, dafür einsetzen werde, vor Gericht zu beweisen, daß du dein Amt gekauft hast!«
»Ich habe es nicht nötig, ein Amt zu kaufen, Quintus Caecilius. Ich habe keines meiner Ämter gekauft. Deshalb kannst du es gerne versuchen«, entgegnete Marius, noch immer empörend selbstsicher.
Metellus wechselte die Taktik. »Ich lasse dich nicht gehen - finde dich damit ab. Als römischer Römer würde ich meinen eigenen Stand verraten, wenn ich dich gehen ließe. Das Konsulat, Gaius Marius, ist ein viel zu hohes Amt für einen Mann von italischer Herkunft. Die Männer, die auf dem Elfenbeinstuhl sitzen, müssen von ihrer Geburt her - durch die Leistungen ihrer Vorfahren und durch ihre eigenen - dafür würdig sein. Ich würde lieber in Schande sterben, als einen Italiker aus dem samnitischen Grenzland - einen Bauern, der ein halber Analphabet ist, der niemals auch nur Prätor
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