MoR 01 - Die Macht und die Liebe
Metellus Delmaticus, Gaius Memmius, Lucius Calpurnius Piso Caesoninus, Scipio Nasica und Gnaeus Domitius Ahenobarbus. Diese Männer waren entscheidend, die anderen Senatoren würde ihnen folgen wie die Herde dem Leithammel.
»Wir sind ein sparsamer Staat, patres conscripti . Als wir die Könige davongejagt haben, haben wir zugleich die vom Staat finanzierte Armee abgeschafft, haben den Dienst in der Armee auf die beschränkt, die genug Geld haben, daß sie Waffen, Rüstung und anderes Kriegsgerät selbst kaufen können. Diese Voraussetzung galt ohne Unterschied für alle Soldaten - römische, latinische und italische. Wer etwas besitzt, hat etwas zu verteidigen. Die Erhaltung des Staates und seines Vermögens ist ihm wichtig. Er wird mit ganzem Einsatz dafür kämpfen. Deshalb haben wir gezögert, unser Reich auf überseeische Länder auszudehnen. Wir haben immer wieder versucht, uns vor dem Besitz von Provinzen zu drücken.
Aber nach unserem Sieg über Perseus sind wir mit unserem lobenswerten Versuch, in Makedonien die Selbstverwaltung einzuführen, gescheitert, weil das Volk dort mit keinem anderen System als der Autokratie zurechtkommt. Wir mußten Makedonien zur römischen Provinz machen, denn wir konnten nicht zulassen, daß Barbarenstämme die Westküste Makedoniens heimsuchten, die unserer eigenen Ostküste so nahe liegt. Die Niederlage Karthagos hat uns gezwungen, das karthagische Reich in Spanien zu verwalten, oder wir hätten das Risiko eingehen müssen, daß ein anderes Volk davon Besitz ergreift. Den größten Teil des africanischen Karthago haben wir den Königen von Numidien überlassen und behielten selbst nur eine kleine Provinz um das eigentliche Karthago im Namen Roms. Damit wollten wir uns für ein erneutes Erstarken der Punier wappnen - ihr seht selbst, was daraus geworden ist, daß wir so viel an die numidischen Könige weggegeben haben! Jetzt müssen wir alles zurückfordern, damit wir unsere kleine Provinz schützen und den dreisten Eroberungsgelüsten eines einzigen Mannes, des numidischen Königs Jugurtha, einen Riegel vorschieben können. Ein einziger Mann erhebt sich, eingeschriebene Väter, und schon droht Rom der Untergang! König Attalus hat uns Kleinasien vermacht, als er starb, und wir versuchen immer noch, uns vor unserer Verantwortung als Verwalter dieser Provinz zu drücken! Gnaeus Domitius Ahenobarbus hat die gesamte gallische Küste zwischen Ligurien und Hispania Citerior erobert, so daß wir einen sicheren, fest in römischer Hand befindlichen Verbindungsweg für unsere Armeen zwischen Rom und Spanien haben - aber daraus ist uns die Notwendigkeit erwachsen, eine weitere Provinz zu schaffen.«
Marius räusperte sich. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. »Unsere Soldaten kämpfen inzwischen außerhalb Italiens. Sie sind lange von zu Hause weg und können sich nicht um Haus und Hof kümmern. Ihre Frauen werden ihnen untreu, ihre Kinder wachsen vaterlos auf. Das Ergebnis ist, daß immer weniger Freiwillige zu uns kommen, daß wir immer mehr Zwangsrekrutierungen vornehmen müssen. Keiner, der Felder bestellt oder ein Geschäft führt, will fünf, sechs oder gar sieben Jahre von zu Hause fort sein! Und wenn er entlassen wird, kann er jeden Augenblick wieder einberufen werden, wenn sich keine Freiwilligen finden.«
Marius’ tiefe Stimme wurde noch tiefer. »Aber was schwerer wiegt als alles andere: In den letzten fünfzehn Jahren sind so viele Soldaten gefallen! Und niemand ist an ihre Stelle getreten. In ganz Italien gibt es keine Männer mehr, die aufgrund ihres Vermögens für die römische Armee in Frage kommen.«
Marius hob die Stimme. Laut und machtvoll hallten seine Worte durch die altehrwürdige Halle. »Seit den Zeiten des zweiten Krieges gegen Karthago mußten die Werbeoffiziere immer wieder ein Auge zudrücken, wenn es um die Vermögensgrenzen ging. Und nach dem Verlust der Armee des jüngeren Carbo vor sechs Jahren haben wir sogar Männer in die höheren Ränge aufgenommen, die weder ihre Rüstung noch sonst irgend etwas bezahlen konnten. Offiziell gebilligt war das nie, es war immer nur der letzte Ausweg.
Diese Zeiten sind vorbei, eingeschriebene Väter. Ich, Gaius Marius, Konsul des Senats und des Volkes von Rom, erkläre vor den Mitgliedern dieses Hauses, daß ich meine Soldaten in Zukunft anwerben werde, nicht zwangsverpflichten - ich will Freiwillige, nicht Männer, die lieber zu Hause wären! Wo ich zwanzigtausend Freiwillige finden will, fragt
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