MoR 01 - Die Macht und die Liebe
deshalb eingeladen?« fragte Metrobius.
»Ich wurde eingeladen, weil es so aussieht, als hielte man mich in den höchsten Kreisen für einen faszinierenden Burschen - hohe Geburt, niedriges Leben. Ich glaube, sie haben gedacht, ich würde mich nackt ausziehen, ein paar schmutzige Gassenhauer grölen und nebenher Colubra bumsen, bis ihr die Puste ausgeht.«
»Colubra?«
»Colubra.«
Metrobius pfiff durch die Zähne. »Du bewegst dich wirklich in gehobenen Kreisen! Ich habe gehört, sie verlangt ein Talent Silber für irrumatio .«
»Das mag sein, aber mir hat sie es umsonst angeboten«, sagte Sulla grinsend. »Ich habe abgelehnt.«
Metrobius fröstelte. »Ach, Lucius Cornelius, lauf nicht herum und mach dir Feinde, wo du doch jetzt in deiner rechtmäßigen Welt lebst! Frauen wie Colubra haben eine enorme Macht.«
Ein Ausdruck des Widerwillens erschien auf Sullas Gesicht. »Quatsch! Ich scheiße auf sie!«
»Das würde ihnen wahrscheinlich gefallen«, sagte Metrobius nachdenklich.
Damit hatte er es geschafft - Sulla lachte und erzählte seine Geschichte etwas fröhlicher weiter.
»Es waren auch ein paar Ehefrauen da - von der abenteuerlustigen Sorte, die ihre Ehemänner halb zu Tode nörgeln -, zwei Claudias und eine Dame mit Maske, die darauf bestand, Aspasia genannt zu werden. Ich habe aber gleich gemerkt, daß sie Crassus Orators Cousine Licinia war - weißt du, die, mit der ich ab und zu mal geschlafen habe.«
»Ja, ich weiß schon«, sagte Metrobius ein wenig grimmig.
»Alles war vollkommen überladen mit Gold und tyrischem Purpur«, fuhr Sulla fort. »Sogar die Geschirrtücher waren aus purpurroter Seide und mit Gold bestickt! Du hättest sehen sollen, wie der Serviersklave gewartet hat, bis sein Herr wegschaute, und dann schnell ein gewöhnliches Geschirrtuch herauszog, um den Wein aus Chios aufzuwischen, den jemand verschüttet hatte - die Tücher aus Seide mit Gold waren natürlich nur Dekoration.«
»Dir war das alles zuwider«, sagte Metrobius verständnisvoll.
»Es war mir zutiefst zuwider«, seufzte Sulla und erzählte weiter. »Die Liegen waren mit Perlen bestickt. Stell dir das mal vor! Und die Gäste haben gerupft und gezupft, bis die Liegen kahlgepflückt waren. Dann haben sie die Perlen in eine Ecke der Servietten aus purpurner Seide mit Goldstickerei gelegt und die Ecke sorgfältig verknotet - dabei hätten alle diese Geldsäcke die Ausgabe nicht einmal bemerkt, wenn sie so viele Perlen gekauft hätten, wie sie stahlen.«
»Außer dir«, sagte Metrobius sanft und strich das Haar aus Sullas weißer Stirn. »Du hast keine Perlen genommen.«
»Lieber wäre ich gestorben«, sagte Sulla. Er zuckte mit den Achseln. »Und außerdem waren es sowieso nur armselige kleine Süßwasserperlen.«
Metrobius lachte verschmitzt. »Verdirb nur nicht die Pointe! Ich mag es, wenn du so unerträglich stolz und nobel bist.«
Sulla küßte ihn lächelnd. »Bin ich so schlimm?«
»Ja, das bist du. Wie war das Essen?«
»Fertig angeliefert. Nicht einmal in Granius’ Küche hätte man genug Essen für sechzig - ähm, neunundfünfzig - der gefräßigsten Schlemmer zubereiten können, die ich je gesehen habe. Jedes Hühnerei war extra groß, die meisten hatten zwei Dotter. Dann gab es Schwaneneier, Gänseeier, Enteneier, Eier von Seevögeln und Eier mit vergoldeten Schalen. Gefüllte Zitzen von Mutterschweinen, Truthähne, gemästet mit Honigkuchen, die in bestem Falernerwein getränkt waren - Schnecken, die eigens aus Ligurien geliefert wurden - Austern, die man in schnellen Kutschen aus Baiae gebracht hatte - die Luft war derart geschwängert von den teuersten Pfeffersorten, daß ich einen Niesanfall bekam.«
Metrobius spürte, daß Sulla unbedingt sprechen wollte. In was für einer seltsamen Welt mußte er jetzt leben. Diese Welt war wohl ganz anders, als er sie sich vorgestellt hatte, allerdings wußte Metrobius nicht genau, was Sulla sich früher vorgestellt hatte, denn Sulla war nicht redselig, jedenfalls war er es bis heute abend nicht gewesen. Und jetzt das, aus heiterem Himmel! Metrobius hatte sich damit abgefunden, dieses geliebte Gesicht nie mehr zu sehen, außer vielleicht von ferne. Und dann hatte Sulla plötzlich vor der Tür gestanden und einfach entsetzlich ausgesehen. Und liebesbedürftig. »Was gab es noch?« fragte Metrobius, damit sein Gast weitererzählte.
Eine rotgoldene Braue zog sich in die Höhe, die dunkle Färbung mit stibium war längst dahin. »Das Beste sollte erst noch
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