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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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zusammen. Als Jugurtha jedoch hörte, wie klein die römische Streitmacht war und daß sie aus plebejischen Freiwilligen bestand, beschloß er, den Kampf zu wagen und Cirta zurückzuerobern.
    Marius traf bei Cirta ein, bevor die Stadt fiel, und zwang Jugurtha zur Schlacht. Endlich konnte die ›Bettlerarmee‹ ihren Kritikern zeigen, was sie taugte. Ein überglücklicher Marius berichtete nach der Schlacht in einem Brief an den Senat, wie glänzend sich seine Plebejer geschlagen hatten. Zwar hätten sie keine persönlichen Besitzinteressen in Rom, aber sie hätten deshalb um kein Haar weniger tapfer und begeistert gekämpft. Marius’ Freiwilligenarmee schlug Jugurtha tatsächlich so vernichtend, daß der König Schild und Speer wegwarf und davonlief.
    Als König Bocchus davon erfuhr, ließ er Marius durch einen Boten bitten, dieser möge ihn, Bocchus, wieder als Klient Roms aufnehmen. Marius antwortete nicht, und Bocchus schickte weitere Boten. Schließlich empfing Marius eine Abordnung des Königs, und Bocchus erfuhr, daß Marius nicht mit ihm verhandeln wolle. Ihm blieb nichts anderes übrig, als finster vor sich hinzubrüten und zu grübeln, warum er Jugurthas Schmeicheleien einstmals erlegen war.
    Marius hatte alle Hände voll zu tun, Jugurtha jeden besiedelten Flecken numidischen Landes abzunehmen. Der König sollte sich weder in den reichen Flußtälern noch in den Küstengebieten seines Reiches Rekruten, Nachschub oder Geld und Gold beschaffen können. Nur zu den Berberstämmen des Inlands, den Gaetulern und Garamanten, konnte Jugurtha jetzt noch fliehen, nur dort konnte er noch Soldaten auftreiben, und nur dort waren seine Waffen und sein Gold vor den Römern sicher.

    Im Juni gebar Julilla nach siebenmonatiger Schwangerschaft ein kränkliches Mädchen, und Ende Quintilis kam Julia nach neun Monaten mit einem großen, gesunden Jungen nieder, einem Bruder für den kleinen Marius. Aber nur Julillas kränkelndes Kind überlebte. Julias kräftiger zweiter Sohn starb, als in der Sommerhitze des Sextilis übelriechende Dämpfe zu den Hügeln Roms aufstiegen und eine Typhusepidemie in der Stadt ausbrach.
    »Ich habe nichts gegen ein Mädchen«, sagte Sulla zu seiner Frau. »Aber bevor ich nach Africa abfahre, bist du wieder schwanger, und diesmal mit einem Jungen.«
    Julilla war selbst unglücklich, daß sie Sulla nur ein greinendes Mädchen geschenkt hatte, und machte sich mit Feuereifer an die Aufgabe, einen Jungen zu bekommen. Eigenartigerweise hatte sie ihre erste Schwangerschaft und die Geburt ihrer Tochter weit besser überstanden als ihre Schwester Julia. Dabei war Julilla dünn, schwach und ständig gereizt. Die stabiler gebaute und seelisch weit besser gegen die Stürme von Ehe und Mutterschaft gewappnete Julia hatte die zweite Schwangerschaft viel Kraft gekostet.
    »Wenigstens haben wir jetzt ein Mädchen, das wir später im Bedarfsfall verheiraten können«, sagte Julilla zu Julia. Es war Herbst. Julias zweiter Sohn war soeben gestorben, und Julilla war wieder schwanger. »Hoffentlich wird es diesmal ein Junge.« Julillas Nase lief. Sie schniefte und nestelte nach einem leinenen Taschentuch.
    Julia trauerte um ihren Sohn und konnte nicht mehr so viel Geduld und Mitleid für ihre Schwester aufbringen wie früher. Inzwischen verstand sie, warum ihre Mutter Marcia einmal bitter bemerkt hatte, Julilla sei für immer verdorben.
    Eigenartig, daß man neben der eigenen Schwester aufwachsen konnte, ohne je ganz zu verstehen, was mit ihr vorging. Julilla alterte im Eiltempo - allerdings nicht körperlich oder geistig. Es war mehr ein seelischer Prozeß der Selbstzerstörung. Das Hungern hatte etwas in ihr kaputtgemacht, ihr die Fähigkeit genommen, glücklich zu sein. Vielleicht hatte es diese Julilla aber auch unter dem Gekicher und dem Schabernack, den liebenswerten mädchenhaften Possen, die ihre Familie so entzückt hatten, schon immer gegeben.
    Man möchte glauben, daß es die Krankheit war, die diese Veränderung verursacht hat, dachte Julia traurig. Man will unbedingt eine äußere Ursache finden, weil man sonst zugeben müßte, daß die Schwäche von Anfang an da war.
    Julilla würde immer eine Schönheit bleiben mit ihrer wunderbaren bernsteinfarbenen Haut, ihren eleganten Bewegungen und ihrer makellosen Figur. Heute zeichneten sich allerdings dunkle Ringe unter ihren Augen ab. Zwischen Wangen und Nase hatten sich zwei tiefe Linien eingegraben, und ihre Mundwinkel hingen nach unten. Ja, sie sah

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