MoR 01 - Die Macht und die Liebe
Legionär«, sagte er.
Das Innere des Zeltes war durch eine Wand aus Leder in zwei Hälften geteilt, eine in das Leder geschnittene Klappe in der Mitte diente als Tür. Im hinteren Teil schlief Marius, im vorderen war sein Arbeitsraum. Der vordere Teil war sehr viel größer als der hintere, verschiedene zusammenklappbare Stühle und Tische, Stapel von Landkarten, etliche Modelle für Belagerungsmaschinen, die sich die Ingenieure zur Zitadelle am Mulucha ausgedacht hatten, standen dort, daneben tragbare Regale mit unzähligen Dokumenten, Schriftrollen, Büchern und Papieren.
Gaius Marius saß auf seinem elfenbeinernen Amtsstuhl hinter dem großen Klapptisch, den er als seinen persönlichen Schreibtisch bezeichnete, ihm gegenüber saß Aulus Manlius, sein Legat, an der schmalen Seite Lucius Cornelius Sulla, sein Quästor. Sie waren offensichtlich mit einer unangenehmen Arbeit beschäftigt, die nur die Herzen der Bürokraten vom Schatzamt höher schlagen ließ - mit Berichten und Buchführung. Quintus Sertorius merkte auf den ersten Blick, daß das hier eine Vorbesprechung war, denn wenn es ernst wurde, nahmen verschiedene Sekretäre und Schreiber an den Besprechungen teil.
»Gaius Marius, entschuldige die Unterbrechung«, begann Sertorius zaghaft.
Etwas in seiner Stimme ließ alle drei Männer aufschauen. Sie blickten ihn scharf an.
»Es sei dir vergeben, Quintus Sertorius. Was gibt es?« fragte Marius lächelnd.
»Nun, wahrscheinlich ist es reine Zeitverschwendung, aber draußen steht ein Legionär der ligurischen Kavallerie. Er will unbedingt mit dir persönlich sprechen und will mir nicht sagen, worum es geht.«
»Ein Legionär der ligurischen Kavallerie«, wiederholte Marius langsam. »Und was hat sein Tribun dazu zu sagen?«
»Er hat nicht mit seinem Tribunen gesprochen.«
»Hm, streng geheim, was?« Marius betrachtete Sertorius eingehend. »Warum sollte ich diesen Mann vorlassen, Quintus Sertorius?«
Quintus Sertorius grinste. »Wenn ich dir das bloß sagen könnte«, antwortete er. »Ich weiß es nicht, das sage ich dir ganz ehrlich. Aber - ich bin mir nicht sicher, wahrscheinlich täusche ich mich, aber - ich denke, du solltest mit ihm sprechen, Gaius Marius. Ich habe so ein Gefühl.«
Marius legte die Papiere aus der Hand. »Führ ihn herein.«
Der Anblick der gesamten obersten Heeresführung schüchterte Publius Vagiennius kein bißchen ein. Er blinzelte in dem dämmrigen Licht, und auf seinem Gesicht zeigte sich nicht eine Spur von Furcht.
»Das ist Publius Vagiennius«, sagte Sertorius und wollte hinausgehen.
»Bleib hier, Quintus Sertorius«, sagte Marius. »Also, Publius Vagiennius, was hast du mir zu sagen?«
»Eine ganze Menge«, sagte Publius Vagiennius.
»Dann schieß los, Mann!«
»Ja, sofort«, erwiderte Publius Vagiennius unbeeindruckt. »Die Sache ist die, daß ich überlege, was ich zuerst mache. Soll ich zuerst über meine Information sprechen oder zuerst über den Handel, den ich vorzuschlagen habe?«
»Hängt das eine mit dem anderen zusammen?« fragte Aulus Manlius.
»Auf jeden Fall, Aulus Manlius.«
»Dann laß uns dein Geschäft hören«, entschied Marius mit undurchdringlicher Miene. »Mir gefällt die indirekte Methode.«
»Schnecken«, sagte Publius Vagiennius.
Alle vier Römer blickten ihn an, niemand sprach ein Wort.
»Ich habe folgendes Geschäft anzubieten«, erklärte Publius Vagiennius geduldig. »Es geht um Schnecken, die größten, saftigsten Schnecken, die ihr je gesehen habt.«
»Also darum stinkst du auf eine Meile Entfernung nach Knoblauch!« sagte Sulla.
»Schnecken kann man nicht ohne Knoblauch essen«, sagte Vagiennius.
»Wie können wir dir mit deinen Schnecken behilflich sein?« fragte Marius.
»Ich möchte eine Konzession«, antwortete Vagiennius, »und ich möchte ein Empfehlungsschreiben an die richtigen Leute in Rom, daß ich sie verkaufen kann.«
»Ich verstehe.« Marius blickte Manlius, Sulla und Sertorius an. Alle saßen mit unbewegter Miene da. »Gut, du bekommst deine Konzession. Und einer von uns dreien wird auch ein Empfehlungsschreiben zustande bringen. Nun, und welche Information hast du für uns?«
»Ich habe einen Weg gefunden, wie man auf den Berg kommen kann.«
Sulla und Aulus Manlius richteten sich kerzengerade auf.
»Du hast einen Weg auf den Berg gefunden«, wiederholte Marius langsam.
»Ja.«
Marius erhob sich von seinem Schreibtisch. »Zeig ihn mir«, verlangte er.
Aber Publius Vagiennius zuckte zurück. »Ja, das
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