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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Der König wird ablehnen, nicht direkt, er wird zu Ausflüchten greifen. Er wird dich ersuchen, zehn Tage in einem nahegelegenen Lager zu warten, während er über deinen Vorschlag nachdenkt. Du wirst dich in dieses Lager begeben. Doch morgen nacht wird sich mein König an einem geheimen Ort mit dir treffen, und dann könnt ihr offen miteinander reden.« Dabar sah Sulla beifallheischend an. »Bist du einverstanden, Lucius Cornelius?«
    »Vollkommen«, erwiderte Sulla und gähnte ausgiebig. »Es bleibt nur ein Problem - wo soll ich heute nacht schlafen, und wo kann ich ein Bad nehmen? Ich stinke nach Pferd, und unter meinen Kleidern krabbelt irgend etwas herum.«
    »Volux hat nicht weit von hier ein komfortables Lager für dich errichten lassen«, sagte Dabar.
    »Dann bringt mich hin«, bat Sulla und erhob sich.

    Am nächsten Tag führte Sulla die für Jugurthas Spion Aspar inszenierte Verhandlung mit König Bocchus. Es war nicht schwer, diesen unter den anwesenden Würdenträgern auszumachen. Er stand links von Bocchus’ Thron - der weitaus majestätischer wirkte als der König selbst -, und keiner behandelte ihn so unbefangen, wie man alte Bekannte behandelt.
    Noch in der gleichen Nacht trafen sich Bocchus und Sulla unbeobachtet an einem Ort zwischen ihren Lagern.
    »Was soll ich tun, Lucius Cornelius?« jammerte Bocchus.
    »Rom einen Gefallen erweisen.«
    »Sag mir doch, was Rom erwartet - Gold - Juwelen - Land - Soldaten - Reiter - Weizen - nenne, was du willst, und es soll erfüllt werden! Du bist ein Römer, du mußt doch wissen, was die rätselhafte Botschaft des Senats bedeutet! Ich schwöre, ich weiß es nicht.« Bocchus schlotterte vor Angst.
    »All das kann Rom haben, ohne in Rätseln zu sprechen, König Bocchus«, sagte Sulla verächtlich.
    »Was dann? Sag mir, was?« flehte Bocchus.
    »Ich glaube, du hast das Rätsel bereits selbst gelöst, König Bocchus, du willst es nur nicht wahrhaben. Und ich verstehe dich sogar. Jugurtha! Rom wünscht, daß du Jugurtha friedlich und ohne Blutvergießen auslieferst. Es ist schon zuviel Blut in Africa geflossen, zuviel Land ist zerstört, zu viele Städte und Dörfer sind verbrannt, zuviel Reichtum ist verschwendet worden. Und solange Jugurtha nicht aufgehalten wird, wird auch diese entsetzliche Verschwendung andauern. Numidien verkümmert, Rom fühlt sich bedroht, und auch Mauretanien leidet. Also liefere mir Jugurtha aus, König Bocchus!«
    »Du verlangst von mir, daß ich meinen Schwiegersohn, den Vater meiner Enkel ausliefere, einen Mann, der durch Massinissas Blut mit mir verwandt ist?«
    »Genau.«
    Bocchus brach in Tränen aus. »Ich kann nicht! Lucius Cornelius, Ich kann nicht! Wir sind ebensosehr Berber wie Punier, das Gesetz der Nomaden gilt auch für uns. Alles, Lucius Cornelius, ich werde alles tun, um den Vertrag von Rom zu bekommen! Alles, aber ich kann meinen Schwiegersohn nicht verraten.«
    »Alles andere ist uninteressant«, erwiderte Sulla kalt.
    »Mein Volk würde mir nie vergeben!«
    »Rom wird dir nie vergeben. Und das ist weit schlimmer.«
    »Ich kann nicht!« Dicke Tränen flossen über Bocchus’ Gesicht und glitzerten in den kunstvoll gedrehten Locken seines Bartes. »Bitte, Lucius Cornelius, bitte! Ich kann nicht!«
    Sulla wandte sich verächtlich ab. »Dann wird es keinen Vertrag geben«, sagte er.
    In den folgenden acht Tagen wurden die für Aspar inszenierten Verhandlungen weitergeführt. Aspar und Dabar ritten zwischen Sullas komfortablem Lager und dem Lager des Königs hin und her und überbrachten Botschaften, die nichts mit den wirklichen Verhandlungen zu tun hatten. Die wirklichen Verhandlungen wurden nur nachts geführt und blieben ein Geheimnis zwischen Sulla und Bocchus. Volux war offensichtlich eingeweiht, denn er mied Sulla inzwischen, so gut er konnte, und wann immer er ihn traf, wirkte er ärgerlich und verletzt.
    Sulla genoß das Gefühl der Macht und der Würde, das ihm sein Amt als Gesandter Roms gab, und noch mehr genoß er es, daß er der stete Tropfen war, der diesen königlichen Stein höhlte. Er war kein König, und doch hatte er Macht über Könige. Er hatte Macht, weil er ein Römer war - ein berauschendes, ein ungeheuer befriedigendes Gefühl.
    In der achten Nacht brach der König zusammen.
    »Ich bin einverstanden, Lucius Cornelius«, sagte er mit rotgeweinten Augen.
    »Sehr gut!« erwiderte Sulla knapp.
    »Und was soll ich jetzt tun?«
    »Ganz einfach«, antwortete Sulla. »Du schickst Aspar zu Jugurtha und

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