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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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römischen Provinz Africa, und Marius konnte den Rittern und Landbesitzern unter seinen Klienten viel Land im reichen Küstengebiet der Kleinen Syrte verschaffen. Die großen, fruchtbaren Inseln in der Kleinen Syrte behielt sich Marius für sich selbst vor. Er hatte bestimmte Pläne, vor allem für Meninx und Kerkena.
    »Wenn es einmal soweit ist, daß die Armee entlassen wird«, sagte Marius zu Sulla, »kommt ein Problem auf uns zu - was soll mit den Soldaten geschehen? Sie sind alle capite censi das bedeutet, sie besitzen keine Geschäfte und keine Bauernhöfe, zu denen sie zurückkehren könnten. Sie können sich in andere Armeen eintragen lassen, und ich vermute, daß viele das tun werden. Da ihre Ausrüstung dem Staat gehört, können sie sich wiederum nur einer Armee anschließen, die Besitzlose aufnimmt, und da Scaurus und Schweinebacke sich mit Händen und Füßen dagegen sträuben, Plebejer als römische Soldaten zu rekrutieren, dürften solche Armeen in Zukunft Seltenheitswert erlangen. Zumindest wenn wir mit den Germanen fertig sein werden - oh, Lucius Cornelius, wäre es nicht großartig, wenn wir in diesem Krieg mitkämpfen könnten? Aber sie werden uns nicht lassen, leider.«
    »Ich würde meine rechte Hand darauf verwetten«, erwiderte Sulla.
    »Behalt sie lieber«, meinte Marius.
    »Sprich weiter - was wolltest du über die Soldaten sagen, die entlassen werden?« fragte Sulla.
    »Ich denke, der Staat schuldet den Plebejern ohne Grundbesitz ein bißchen mehr als nur einen Beuteanteil am Ende eines Feldzuges. Ich denke, der Staat sollte jedem dieser Männer ein Stückchen Land schenken, auf dem sie sich zur Ruhe setzen können. Mit anderen Worten, er könnte brave Bürger aus ihnen machen, die in bescheidenem Wohlstand leben.«
    »Eine militärische Version der Landreform, die die beiden Gracchen wollten?« fragte Sulla leicht erstaunt.
    »Genau. Du bist nicht einverstanden?«
    »Ich habe gerade daran gedacht, was der Senat dazu sagen wird.«
    »Nun, ich nehme an, der Widerstand im Senat wäre wesentlich kleiner, wenn das zu verteilende Land kein ager publicus wäre - kein römisches Gemeindeland. Wenn du nur laut darüber nachdenkst, ager publicus zu verteilen, hast du schon Ärger - zu viele einflußreiche Männer stehen als Pächter Schlange. Nein, ich möchte vom Senat die Erlaubnis - oder vom Volk, falls der Senat nicht zustimmt, aber das wird hoffentlich nicht passieren -, die besitzlosen Soldaten auf schönen, großen Grundstücken auf Kerkena oder Menirix hier in der Kleinen Syrte anzusiedeln. Gib jedem ehemaligen Soldaten, na, sagen wir einmal hundert iugera , und er wird zwei Dinge für Rom tun. Erstens werden er und seine Kameraden einen Kern erfahrener Krieger bilden, die man im Falle künftiger Kriege in Africa jederzeit mobilisieren kann. Zweitens werden er und seine Kameraden römische Kultur in die Provinzen tragen - römisches Gedankengut, römische Sitten und Lebensgewohnheiten, römische Sprache.«
    Sulla schien nicht ganz einverstanden. »Ich weiß nicht, Gaius Marius. Zumindest die zweite Überlegung scheint mir falsch zu sein. Römisches Gedankengut, römische Sitten und Lebensgewohnheiten, römische Sprache - diese Dinge gehören zu Rom. Sie in das punische Africa einzuführen, mit seinen Berbern und Mauren, nun, das kommt mir wie ein Verrat an Rom vor.«
    Marius schaute hilfesuchend zur Decke. »Kein Zweifel, Lucius Cornelius, daß du ein Aristokrat bist! Du bist in deinem Leben vielleicht durch ein paar Niederungen gegangen, aber niedrig denkst du bestimmt nicht.« Er wandte sich wieder der gemeinsamen Arbeit zu. »Hast du die Listen von dem ganzen Kram, den wir erbeutet haben? Die Götter mögen uns beistehen, wenn wir auch nur einen letzten goldbeschlagenen Nagel auf der Liste vergessen. Und das Ganze in fünffacher Ausfertigung!«
    »Finanzbeamte, Gaius Marius, sind der Bodensatz der Römer«, bemerkte Sulla, während er sich durch Papierstapel wühlte.
    »Nicht nur der Römer, Lucius Cornelius.«

    An den Iden des Novembers traf ein Brief von Publius Rutilius Rufus in Utika ein. Marius hatte sich angewöhnt, die Briefe von Rutilius Rufus gemeinsam mit Sulla zu lesen, denn Sulla konnte den schwungvollen Stil mehr genießen als er, Sulla hatte ein ausgeprägteres Gefühl für Sprache. Als der Brief jedoch in Marius’ Arbeitszimmer gebracht wurde, war Sulla gerade nicht da, und das war Marius ganz recht. Er wollte die Gelegenheit nutzen und den Brief wenigstens kurz

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