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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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langweilig geworden, denn sein neues Leben war abwechslungsreich, hielt große Herausforderungen bereit und befriedigte ihn voll und ganz. Seine imago in Wachs konnte er noch nicht in Auftrag geben, da er bislang weder Konsul gewesen war noch in irgendeiner Weise Berühmtheit erlangt hatte, aber er konnte bei Magius im Velabrum einen prachtvollen Schaukasten aus Holz für seine Auszeichnungen bestellen, für die goldene corona , die phalerae und die torques . Allein der Gedanke an das Aufstellen dieser Zeugnisse seiner Tapferkeit im Atrium seines Hauses erfüllte ihn mit Vorfreude. In den Jahren in Africa war die Zeit davor in Vergessenheit geraten - auch wenn er wohl niemals ein großer Reiter werden würde, so hatte er sich doch als ausgezeichneter Soldat bewährt. Seine Trophäen in einem kunstvollen Rahmen von Magius würden ganz Rom davon erzählen.
    Und doch... sein altes Leben würde ihn nie ganz loslassen, das spürte er. Das Verlangen, Metrobius wiederzusehen, dieser Hang zu grotesken Gestalten - Zwergen, Transvestiten, alten, dick bemalten Huren und anderen abstoßenden Figuren -, diese unüberwindliche Abneigung gegen Frauen, die ihre Macht benutzten, um ihn zu beherrschen. Die Leichtigkeit, mit der er andere Leben vernichtete, wenn er sich bedroht fühlte. Der Unwillen, sich mit Idioten abzugeben. Der nagende, verzehrende Ehrgeiz.
    Der Auftritt des Schauspielers auf der africanischen Bühne war vorüber, aber eine allzu lange Pause war nicht zu befürchten. Die Zukunft hielt noch ganz andere Rollen für ihn bereit. Und doch... Rom war die Bühne, auf der sein altes Selbst sich dargestellt hatte, Rom bedeutete alles, von den tiefsten Tiefen der Erniedrigung bis zum Beginn einer großen Zukunft. Auf der Heimreise beobachtete er sich mißtraurisch. Er war sich der Veränderungen in seinem Inneren bewußt, doch gleichzeitig war ihm klar, daß sich sein wahrer Charakter nur sehr wenig verändert hatte. Der Schauspieler zwischen zwei Rollen - immer eine unglückliche Gestalt.
    Julilla begrüßte ihn ganz anders, als Julia Marius begrüßt hatte, denn sie war sich sicher, daß sie Sulla mehr liebte als Julia ihren Gatten. Für Julilla war jedes Zeichen von Disziplin oder Selbstkontrolle ein Beweis für unvollkommene Liebe. Die richtige Liebe mußte überwältigen, hinreißen, den Verstand fortspülen, von übermächtiger Heftigkeit sein, alles andere niedertrampeln wie ein riesiger Elefant. So erwartete sie Sullas Ankunft in fieberhafter Aufregung, unfähig, das Warten ohne ihre Weinflasche zu ertragen. Sie zog sich ständig um, änderte dauernd ihre Frisur, Haare hochgesteckt, dann wieder offen, dann wieder an der Seite, und brachte ihre Sklaven zur Verzweiflung.
    Als Sulla endlich da war, warf sie sich mit ihrer ganzen Aufregung auf ihn wie ein erstickendes Tuch. Kaum hatte er das Atrium betreten, rannte sie ihm mit ausgestreckten Armen und verklärtem Gesicht entgegen. Bevor er sie auch nur ansehen und auf sie reagieren konnte, hatte sie schon ihren Mund auf den seinen gepreßt, wie ein Blutegel, der sich an einem Arm festsaugt, verzehrend, sich windend, feucht und klebrig. Ihre Hände tasteten nach seinem Glied, sie stöhnte wollüstig. Dann fühlte Sulla, wie sie ihre langen Beine um ihn wand, während ein Dutzend Sklaven sie mit höhnischen Blicken beobachteten; die meisten waren ihm völlig fremd.
    Er konnte nicht anders - seine Hände fuhren hoch und hielten ihre Arme fest, sein Kopf prallte zurück, und er riß sich von ihren Lippen los.
    »Fasse dich!« sagte er. »Wir sind hier nicht allein!«
    Sie schnappte nach Luft, als hätte er sie angespuckt, doch dann riß sie sich zusammen und beruhigte sich etwas. Mit rührender Unbeholfenheit hängte sie sich bei ihm ein und ging an seiner Seite durch das Peristyl zu ihrem Wohnzimmer, das in dem Flügel lag, den früher Nikopolis bewohnt hatte.
    »Ist das zurückgezogen genug?« fragte sie etwas hämisch.
    Doch seine Laune war schon vor dieser kleinen Bosheit verdorben gewesen. Er wollte nicht, daß sie mit ihrem Mund oder ihren Händen Macht über ihn gewann und in die zurückgezogenen Winkel seines Wesens eindrang, ohne jedes Verständnis für das, was in ihm vorging.
    »Später, später!« sagte er knapp und ging zu einem Stuhl.
    Julilla stand da, verwirrt und ängstlich, und wirkte, als wäre ihre Welt zusammengebrochen. Sie war schöner als je zuvor, auf eine sehr zerbrechliche Weise. Ihre dünnen Arme ragten aus einem Gewand, das Sulla als hochmodische

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