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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Das können wir aber nur über eine Institution, in der keine Senatoren sitzen.«
    »Warum läßt du das neue Hochverratsgesetz dann nicht sofort absegnen? Dann kannst du Caepio vor einem Rittergericht anklagen. Ich weiß schon, die Senatoren werden brüllen wie am Spieß, aber das tun sie doch immer.«
    Saturninus zog eine Grimasse. »Aber wir wollen doch weiter leben, oder? Auch wenn wir nur noch drei Jahre haben, ist das immer noch besser, als übermorgen zu sterben!«
    »Du und deine drei Jahre!«
    »Nimm einmal an, die Versammlung der Plebs spricht Caepio wirklich schuldig«, beharrte Saturninus. »Dann kapiert der Senat, was wir ihm sagen wollen - nämlich daß es das Volk satt hat, daß die Senatoren ihre Kollegen vor gerechter Bestrafung schützen. Daß es nicht ein Gesetz für Senatoren und eins für alle anderen geben kann. Es ist Zeit, daß das Volk aufwacht! Ich werde ihm die Tracht Prügel verabreichen, die es dazu braucht. Seit Anbeginn der Republik hat der Senat das Volk glauben gemacht, Senatoren seien bessere Römer und könnten tun und lassen, was sie wollen. Wählt Lucius Gernegroß - seine Familie stellte Roms ersten Konsul! Ist es schlimm, daß Lucius Gernegroß ein selbstsüchtiger, goldgieriger Dummkopf ist? Nein! Lucius Gernegroß hat den richtigen Namen und kommt aus der richtigen Familie, die Rom seit Menschengedenken in der Politik dient. Die Gracchen hatten recht: Werft die Anhänger von Lucius Gernegroß aus den Gerichten und ersetzt sie durch Ritter!«
    Glaucia sah ihn nachdenklich an. »Mir ist gerade etwas eingefallen, Lucius Appuleius. Das Volk denkt wenigstens verantwortlich und ist einigermaßen erzogen. Es ist eine Säule der römischen Tradition. Aber was passiert, wenn eines Tages jemand dasselbe für die Proletarier fordert, was du jetzt für das Volk forderst?«
    Saturninus lachte. »Die Proletarier sind zufrieden, solange ihre Mägen voll sind und die Ädilen sie mit Spielen unterhalten. Um die Proletarier politisch aufzuwecken, müßtest du das Forum Romanum in den Circus Maximus verwandeln!«
    »Ihre Mägen sind diesen Winter nicht so voll, wie sie sein sollten«, erwiderte Glaucia.
    »Sie sind voll genug, und der Dank dafür gebührt einzig unserem geschätzten Senatsvorsitzenden Marcus Aemilius Scaurus. Ich bin nicht traurig darüber, daß wir Numidicus oder Catulus Caesar nie auf unsere Seite bringen werden, aber ich denke immer wieder: Schade, daß wir Scaurus nicht gewinnen können.«
    Glaucia musterte ihn neugierig. »Du bist Scaurus nicht böse, daß er dich aus dem Senat geworfen hat?«
    »Nein. Er tat nur, was er für richtig hielt. Aber eines Tages, Gaius Servilius, werde ich die wahren Schuldigen finden, und dann werden sie wünschen, sie hätten ein so leichtes Schicksal wie Ödipus zu erdulden.«

    Anfang Januar erhob der Volkstribun Gaius Norbanus in der Versammlung der Plebs Anklage gegen Quintus Servilius Caepio; die Anklage lautete auf »Verlust der Armee« .
    Die Atmosphäre war von Anfang an geladen. Keineswegs alle Römer waren Gegner eines elitären Senats, und die plebejischen Mitglieder des Senats hatten sich vollzählig versammelt, um für Caepio zu kämpfen. Schon lange bevor die Tribus zur Abstimmung aufgerufen wurden, kam es zu gewalttätigen und blutigen Auseinandersetzungen. Die Volkstribunen Titus Didius und Lucius Aurelius Cotta traten vor, um ihr Veto gegen das Verfahren einzulegen, wurden aber vom aufgebrachten Mob von der rostra geholt. Steine flogen durch die Luft, Prügel hagelten auf Rippen und Beine nieder. Didius und Lucius Cotta wurden aus dem Comitium geschoben und durch den Druck der Menge buchstäblich in die Senke zum Argiletum hinabgedrängt und dort eingekeilt. Übel zugerichtet und entsetzt über das Chaos, versuchten sie schreiend Veto einzulegen, doch die aufgebrachte Menge brüllte sie nieder.
    Kein Zweifel: Das Gerücht über das Gold von Tolosa entschied die Auseinandersetzung gegen Caepio und den Senat. Von den capite censi bis zu den Rittern der Ersten Klasse beschimpfte die ganze Stadt Caepio als habgierigen Dieb und selbstsüchtigen Verräter. Männer - und sogar Frauen -, die nie zuvor Interesse am Forum und einer Volksversammlung bekundet hatten, kamen, um Caepio zu sehen, der ein Verbrechen von bisher unvorstellbaren Dimensionen begangen hatte. Lebhaft diskutierten sie, wie hoch der Berg der Goldbarren gewesen sein mußte, wie viele Barren es gewesen waren und was sie gewogen hatten. Der Haß ließ sich geradezu mit

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