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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Dich an den Jungen der Schwester meiner Schwägerin? Er trat als Militärtribun in meine Armee ein. Bis sich dann herausstellte, daß eine militärische Karriere gar nicht sein Ziel war. Vor zwei Wochen suchte mich der Befehlshaber der Militärpolizei auf und überbrachte mir eine Meldung, eine schlechte Nachricht über ein Familienmitglied, wie er glaubte: Gaius Lusius war im Mannschaftsquartier tot aufgefunden worden. Jemand hatte ihm den Bauch so sauber mit einem Schwert aufgeschlitzt, wie ein Feldherr es sich von einem Soldaten nicht schöner wünschen kann. Der schuldige Soldat hatte sich bereits gemeldet und sich zu seiner Tat bekannt - ein netter junger Bursche und besonders tüchtiger Soldat, wie sein Zenturio mir berichtete. Es stellte sich heraus, daß Lusius schwul war und sich an diesen Soldaten heran gemacht hatte. Er setzte ihm immer mehr zu und wollte nicht lockerlassen. Die ganze Zenturie machte bereits ihre Witze darüber Die Soldaten tänzelten mit wackelndem Hintern durch die Gegend, wedelten mit den Händen und klapperten mit den Wimpern. Der arme Soldat wußte sich schließlich nicht mehr zu helfen. Ergebnis - Mord. Natürlich mußte ich ihn vor ein Kriegsgericht stellen, aber ich muß sagen: es war mir eine große Genugtuung, daß ich ihn freisprechen und ihn mit einer Belobigung, einer Beförderung und einer Belohnung entschädigen konnte. Gemerkt? Schon wieder eine Alliteration.
    Auch ich hatte meinen Vorteil davon. Einmal konnte ich deutlich machen, daß Lusius kein Blutsverwandter von mir war. Zweitens konnte ich den Legionären zeigen, daß ihr Feldherr für Gerechtigkeit sorgt, wie es sich gehört, und Familienmitglieder nicht bevorzugt. Ich nehme an, es gibt Dinge, die Schwule tun können, aber die Legionen sind bestimmt nicht der richtige Platz für sie, meinst du nicht auch, Publius Rutilius? Kannst Du Dir vorstellen, was wir vor Numantia mit Lusius gemacht hätten? Er wäre nicht mit einem sauberen, schnellen Tod davongekommen. Er hätte in den höchsten Tönen gesungen. Obwohl, man wird älter. Ich werde nie vergessen, wie entsetzt ich über ein paar Dinge war, die man sich beim Begräbnis des Scipio Aemilianus über den großen Feldherrn erzählte! Na ja, er hat sich nie an mich ran gemacht, also weiß ich es nicht sicher. Seltsamer Bursche, aber - wahrscheinlich kursieren immer solche Geschichten, wenn jemand keine Kinder hat.
    Das wär’s im großen ganzen. Ach so: Ich habe dieses Jahr einige Verbesserungen am Wurfspieß vorgenommen und glaube, daß die neue Version sich durchsetzen wird. Wenn Du Geld übrig hast, kauf Dir Anteile an einer der neuen Fabriken, die den Wurfspieß demnächst herstellen werden. Oder gründe selbst eine Fabrik. Solange Dir das Gebäude gehört, können die Zensoren Dir nicht vorwerfen, daß Du damit gegen die Würde eines Senators verstößt.
    Ich habe die Verbindung zwischen Eisen und Holzschaft verändert. Das pilum ist ja eine viel wirkungsvollere Waffe als die alte Lanze, aber es kostet natürlich auch eine ganze Stange mehr Geld. Man braucht eine kleine, mit einem Widerhaken versehene Spitze statt der großen, blattförmigen Spitze, einen langen Eisenschaft und einen besonders geformten Holzschaft, der sich besser werfen läßt als der Besenstiel der alten Lanze. Ich habe in den vergangenen Jahren oft genug erlebt, wie scharf unsere Feinde auf unser pilum sind. Sie provozieren die Neulinge in unseren Truppen absichtlich, daß sie ihre Spieße schon werfen, wenn sie noch nichts treffen können als höchstens einen feindlichen Schild. Dann behalten sie die Spieße für später oder werfen sie gleich zurück.
    Ich bin deshalb darauf verfallen, das Eisen nur durch einen Holznagel am Holzschaft zu befestigen. Sobald der Spieß irgendwo aufprallt, bricht das Eisen ab. Der Feind kann es nicht zurückwerfen oder später wiederverwenden. Wenn wir das Schlachtfeld behaupten, können die Waffenschmiede nach der Schlacht die zerbrochenen Teile einsammeln und sie wieder zusammenfügen. Das spart uns Geld und Soldaten, weil der Feind die Spieße nicht zurückwerfen kann.
    Aber das ist jetzt wirklich alles. Schreibe bald.
     
    Publius Rutilius legte den Brief mit einem Lächeln zur Seite. Keine geschliffene Rhetorik, kein eleganter Ausdruck, kein kunstvoller Stil. Aber so war Gaius Marius eben. Er war wie seine Briefe. Seine fixe Idee mit dem Konsulat war allerdings beunruhigend. Publius Rutilius konnte einerseits verstehen, warum Marius Konsul bleiben wollte,

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