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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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bis die Germanen besiegt waren - Marius wußte, daß nur er die Germanen besiegen konnte. Andererseits war Rutilius Rufus zu sehr ein Römer seiner Klasse, um dies billigen zu können, selbst in Anbetracht der Germanengefahr. Lohnte ein Rom, das durch Marius Neuerungen so verändert worden war, daß es nicht mehr das Rom des Romulus war, den Einsatz noch? Rutilius Rufus wünschte, er wüßte die Antwort. Es war schwierig, mit jemandem so befreundet zu sein, wie er mit Marius befreundet war, und zugleich zu erleben, wie dieser Freund eine Tradition nach der anderen zerstörte. Jetzt also der Wurfspieß, bei Juno! Konnte Marius nichts so lassen, wie es war?
    Trotzdem setzte er sich hin und verfaßte sofort eine Antwort. Schließlich war Marius sein Freund.
    Es war ein ereignisloser Sommer, deshalb kann ich leider nicht viel berichten, lieber Gaius Marius. Nichts Wichtiges jedenfalls. Dein verehrter Kollege und Mitkonsul Lucius Aurelius Orestes liegt gesundheitlich darnieder, aber das tut er ja schon seit seiner Wahl. Ich weiß gar nicht, warum er überhaupt kandidiert hat. Wahrscheinlich hatte er einfach das Gefühl, er habe das Amt verdient. Bleibt abzuwarten, ob auch das Amt ihn verdient hat. Irgendwie bezweifle ich es.
    Zwei saftige Skandale sind alles an Neuem, aber ich weiß, Du wirst Dich genauso darüber amüsieren wie ich. Interessanterweise ist in beide Dein Volktribun Lucius Appuleius Saturninus verwickelt. Ein bemerkenswerter Bursche, wirklich. Er besteht aus lauter Widersprüchen. Jammerschade, denke ich immer daß Scaurus gerade ihn zur Zielscheibe gemacht hat. Ich bin überzeugt, Saturninus ist mit dem festen Vorsatz in den Senat eingezogen, eines Tages als erster Appuleius auf dem Stuhl des Konsuls zu sitzen. Jetzt brennt er darauf, den Senat so zu ducken, daß die Konsuln nur noch reglose Wachsmasken sind. Ja, ja, ich höre Dich schon sagen, ich sei wieder über Gebühr pessimistisch und würde übertreiben, und mein Urteil sei durch meine Liebe zu den alten Traditionen getrübt. Aber ich habe trotzdem recht! Ich hoffe, Du entschuldigst, wenn ich die verschiedenen Personen im folgenden nur noch mit ihren Beinamen nenne. Es wird ein langer Brief und so spare ich wenigstens ein paar Worte.
    Saturninus ist rehabilitiert worden. Was sagst Du dazu? Eine erstaunliche Geschichte, die auch unserem verehrten Senatsvorsitzenden Scaurus sehr zur Ehre gereicht. Du mußt zugeben, er ist ein weit feinerer Mensch als sein Busenfreund Metellus. Aber das ist eben der Unterschied zwischen einem Aemilius und einem Caecilius.
    Du weißt, daß Scaurus für die Getreidebeschaffung zuständig ist - ich habe es Dir ja selbst geschrieben. Er pendelt ständig zwischen Ostia und Rom hin und her und macht den Getreidegroßhändlern das Leben schwer, weil er ihnen nichts durchgehen läßt. Wenn die Preise während der beiden letzten Ernten trotz des Getreidemangels bemerkenswert stabil geblieben sind, so haben wir das ausschließlich einem Mann zu danken: Scaurus!
    Schon gut, ich beende meine Lobeshymne und fahre mit meiner Geschichte fort. Als Scaurus vor zwei Monaten in Ostia war, hat er dort wohl einen Getreideagenten getroffen, der sonst in Sizilien tätig ist. Ich brauche Dich nicht über den Sklavenaufstand in Sizilien zu informieren, Du bekommst ja regelmäßig die Berichte des Senats. Ich ergänze nur, daß wir meiner Ansicht nach dieses Jahr den richtigen Mann als Statthalter nach Sizilien geschickt haben. Lucius Licinus Lucullus mag ein aufgeblasener Aristokrat sein mit einer Schnute wie ein Katzenpopo, aber er berichtet nicht nur dem Senat gewissenhaft über sein Vorgehen, er räumt auf dem Schlachtfeld auch gewissenhaft auf.
    Kannst Du Dir übrigens vorstellen, daß ein schwachsinniger Prätor - ein plebejischer Servilier mit zweifelhaften Vorfahren, der sich mit dem Geld seines Gönners Ahenobarbus als Augur wählen ließ und sich jetzt bitteschön Gaius Servilius Augur nennt! -, daß also dieser Prätor gestern tatsächlich die Stirn hatte, im Senat aufzustehen und Lucullus vorzuwerfen, er ziehe den Krieg in Sizilien absichtlich in die Länge, um zu erreichen, daß sein Kommando bis nächstes Jahr verlängert wird?
    Wie kommt er auf diesen absurden Vorwurf? höre ich Dich fragen. Nun, nachdem Lucullus die Sklavenarmee so vernichtend geschlagen hatte, eilte er nicht gleich nach Triocala weiter, denn er wollte seine Arbeit gründlich tun. Nach dem Sieg über die Sklaven nahm er sich eine Woche Zeit, räumte die

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