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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Samniten weiterhin ihre Speere in die Seiten, Rücken, Nacken und Flanken der Pferde trieben. Den übrigen Reihen der Kimbern erging es nicht besser. Schließlich lagen so viele Reiter und Pferde auf der Erde, daß die Fußsoldaten nicht durchkamen. Nur wenige Germanen waren Gnaeus Petreius auf den Fersen, als er als letzter hinter seinen Männern die Brücke überquerte. Die paarweise zusammengebundenen Ochsen hatten schon lange vor dem Kampf zu ziehen begonnen, denn es dauerte geraume Zeit, bis ein so langer Zug von hundert Tieren in Bewegung kam: Aber schließlich übertrug sich die Zugkraft von fünfzig Paaren auf die Ketten und erschütterte die Brücke. Es war eine gute, solide gebaute römische Brücke, sie hielt viel länger, als selbst der Führer des Pioniertrupps - wie alle Männer seines Berufs ein Pessimist - angenommen hatte. Doch schließlich brachen zwei Streben, und mit ohrenbetäubendem Knirschen, Knarren und Krachen stürzte die Brücke in sich zusammen. Holzstücke fielen in das reißende Gewässer und wurden wie Strohhalme unter einem Gartenspringbrunnen flußabwärts weggespült.
    Gnaeus Petreius war an der Seite verwundet, aber nicht schwer. Sulla trat zu ihm, als ihm gerade einer der Ärzte der Legion den Kettenpanzer auszog. Sein Gesicht war mit einer Mischung aus Dreck, Schweiß und Pferdedung verklebt, aber er wirkte bemerkenswert munter.
    »Rühr die Wunde nicht an, bevor du ihn nicht gesäubert hast, du mentula !« knurrte Sulla den Arzt an. »Wisch ihm zuerst einmal den Pferdedung ab! Er verblutet ja nicht. Stimmt’s, Gnaeus Petreius?«
    »Gnaeus Petreius verblutet nicht!« antwortete der Zenturio mit breitem Grinsen. »Wir haben es geschafft, nicht wahr, Lucius Cornelius? Wir haben alle herübergebracht, nur ein paar Männer haben wir da drüben verloren!«
    Sulla ließ sich neben ihm nieder und beugte den Kopf so nahe zu dem Zenturio, daß niemand hören konnte, was sie miteinander flüsterten. »Was ist mit dem jungen Scaurus passiert?«
    Verächtlich zog Petreius die Mundwinkel herunter. »Hat in die Hosen geschissen, während er doch eigentlich hätte nachdenken sollen. Als ich ihm erklärt habe, was zu tun war, ist er umgekippt. Einfach in Ohnmacht gefallen. Es geht ihm jetzt wieder gut, dem armen Jungen, ein paar von meinen Männern haben ihn über die Brücke getragen. Schade um ihn, aber so ist’s nun mal. Hat eben den Mut seines Vaters nicht geerbt. Hätte lieber Buchhändler werden sollen.«
    »Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich bin, daß du dabei warst und nicht irgendein anderer primipilus . Ich habe nicht richtig nachgedacht! Als ich sah, was los war, hätte ich mich selbst in den Hintern treten können, weil ich Scaurus den Befehl nicht abgenommen habe«, sagte Sulla.
    »Das spielt jetzt keine Rolle mehr, Lucius Cornelius, es ist ja alles gutgegangen. Wenigstens kennt er jetzt seine Grenzen.«
    Die Sanitäter kamen mit so viel Wasser und Schwämmen zurück, als hätten sie ein Dutzend Männer waschen müssen. Sulla stand auf und ließ sie arbeiten. Er streckte seine Rechte aus, Gnaeus Petreius nahm sie und hielt sie einen Augenblick lang fest. Mit diesem Händedruck war alles gesagt, was sich die beiden Männer zu sagen hatten.
    »Du hast einen Graskranz verdient«, sagte Sulla.
    »Nein!« protestierte Petreius verlegen.
    »Doch. Du hast eine ganze Legion vor dem Untergang gerettet, Gnaeus Petreius. Wenn ein Mann ganz allein eine ganze Legion rettet, wird ihm der Graskranz aufgesetzt. Ich werde persönlich dafür sorgen.«
    Sulla ging den Berghang zum Dorf hinunter, um einen Transportwagen für Gnaeus Petreius, den Helden von Tridentum, bereitstellen zu lassen. War das der Graskranz, den Julilla vor so vielen Jahren in meiner Zukunft gesehen hat? fragte er sich unterwegs. Arme Julilla! Arme, arme Julilla. Sie hatte nie etwas richtig gemacht, vielleicht erklärte das all ihre Konflikte. Julilla war die einzige aus dem Haus der Julias gewesen, die die Fähigkeit, einen Mann glücklich zu machen, nicht geerbt hatte. Doch dann wandten sich Sullas Gedanken anderen Dingen zu, wichtigeren Dingen. Lucius Cornelius Sulla hatte nicht vor, sich wegen Julilla Vorwürfe zu machen. Ihr Schicksal hatte mit ihm nichts zu tun, sie hatte es selbst heraufbeschworen.

Catulus Caesars Heer hatte das Basislager bei Verona längst wieder erreicht, als es Boiorix und seinen Kimbern endlich gelang, ihre Karren über die wenigen baufälligen Brücken zu ziehen, die noch übriggeblieben

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