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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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in seiner Nähe war. Sulla war nach dem Triumph nach Gallia Cisalpina zurückgeschickt worden, und Sertorius war nach Hispania Citerior gereist, um seine germanische Frau und sein Kind zu besuchen.
    »Gaius Marius, ist es denn wirklich so wichtig?« fragte Julia. »Was macht es schon, wenn deine Soldaten ihr Land nicht bekommen? Noch nie haben römische Soldaten Land bekommen - das hat es noch nie in der Geschichte gegeben. Und sie können nicht sagen, du hättest es nicht wenigstens versucht.«
    »Das verstehst du nicht«, sagte er ungeduldig. »Es geht nicht mehr nur um die Soldaten, es geht um meine dignitas , um meine Stellung im öffentlichen Leben. Wenn dieses Gesetz nicht durchkommt, bin ich nicht länger der Erste Mann in Rom.«
    »Kann Lucius Appuleius dir nicht helfen?«
    »Er versucht es, bei den Göttern, er versucht es! Aber statt Boden gutzumachen, verlieren wir immer mehr. Ich fühle mich wie Achilles, der nicht aus dem Fluß steigen kann, weil die Ufer immer weiter zurückweichen. Ich ziehe mich ein bißchen hoch und sinke dann doppelt so tief wieder ein. Die Gerüchte sind so unglaublich, Julia! Und ich kann sie nicht bekämpfen, weil niemals etwas offen gesagt wird. Wenn ich nur ein Zehntel der Dinge, die sie mir zuschreiben, getan hätte, wäre ich schon lange im Tartarus und müßte einen Felsblock den Berg hinaufrollen.«
    »Ja, sicher, gegen solche Verleumdungskampagnen kann man nichts machen«, tröstete Julia. »Früher oder später werden die Gerüchte so grotesk, daß es allen wie Schuppen von den Augen fällt. Das wird auch in diesem Fall so sein. Sie haben dich umgebracht, aber sie stechen noch so lange auf dich ein, bis ganz Rom es nicht mehr mit ansehen kann. Das Volk ist schrecklich naiv und leichtgläubig, aber selbst die größte Naivität und Leichtgläubigkeit ist irgendwann überreizt. Das Gesetz kommt durch, Gaius Marius, da bin ich ganz sicher. Du darfst nur nicht zu sehr drängen. Besser, du wartest, bis die Stimmung wieder zu deinen Gunsten umschlägt.«
    »Ja, es kann gut sein, daß das Gesetz durchkommt, genau wie du sagst, Julia. Aber was hindert den Senat, das Gesetz zu annullieren, sobald Lucius Appuleius aus dem Amt ist? Und was soll ich dann tun, wenn ich keinen so fähigen Volkstribunen mehr habe, der sich dem Senat so zäh widersetzt?« stöhnte Marius.
    »Hm, ich verstehe.«
    »Wirklich?«
    »Ja, sicherlich. Ich bin eine Julius Caesar, mein Gatte, und das bedeutet, daß ich in meiner Kindheit tagtäglich politische Diskussionen mit angehört habe, auch wenn durch mein Geschlecht eine Karriere in der Politik von vornherein ausgeschlossen war.« Sie biß sich auf die Unterlippe. »Es ist ein großes Problem, nicht wahr? Ackergesetze lassen sich nicht von einem Tag auf den anderen vollziehen, es dauert ewig, bis sie durchgeführt sind. Jahre. Man muß das Land aussuchen, vermessen, aufteilen, die Männer finden, die als Siedler ausgelost wurden, Ausschüsse bilden, Ausschußmitglieder aussuchen - eine endlose Aufgabe.«
    Marius grinste. »Du hast mit Gaius Julius gesprochen!«
    »Stimmt. In der Tat, ich bin fast ein Experte.« Sie klopfte leicht auf den freien Platz an ihrer Seite. »Komm, mein Lieber, setz dich zu mir!«
    »Ich kann nicht, Julia.«
    »Gibt es keine Möglichkeit, die Gesetze abzusichern?«
    Marius, der im Zimmer hin und her gelaufen war, hielt inne, wandte sich zu Julia und schaute sie scharf an. »An sich schon.«
    »Welche denn?« drängte sie sanft.
    »Gaius Servilius Glaucia hat sich das ausgedacht, und Lucius Appuleius ist ganz verrückt danach. So habe ich sie beide am Hals, beide wollen mich überreden, aber ich bin nicht so sicher.«
    »Ist es so neuartig?« Julia kannte Glaucias Ruf.
    »Völlig neuartig.«
    »Bitte, Gaius Marius, erzähl es mir!«
    Marius fühlte sich müde. Es wäre eine Erleichterung, einmal mit jemandem darüber zu sprechen, der dabei nicht seinen eigenen Vorteil im Sinn hatte. »Ich bin ein Mann des Militärs, Julia, und ich mag militärische Lösungen«, sagte er. »Wenn ich in der Armee einen Befehl ausgebe, weiß jeder, daß es der bestmögliche Befehl unter den gegebenen Umständen ist. Ohne Widerrede beeilt sich jeder, den Befehl auszuführen. Sie kennen mich schließlich, und sie vertrauen mir. Nun, dieses Gesindel in Rom kennt mich auch, und sie sollten Vertrauen zu mir haben! Aber was tun sie? Sie haben nur ihre eigenen Ideen im Kopf, die wollen sie durchsetzen, sie hören nicht einmal zu, wenn jemand andere Ideen

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