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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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seines Großvaters in der Nähe von Tusculum als je zuvor. Sie liebten sich leidenschaftlich und ohne Rücksicht auf das in Livia Drusa wachsende Leben. Wann immer Cato sich Sorgen machte, daß ihr häufiges Zusammensein dem Kind vielleicht schaden werde, entgegnete Livia Drusa, die Liebe könne ihm überhaupt nicht schaden.
    »Wärst du immer noch lieber in Rom als in Tusculum?« fragte sie ihre kleine Tochter Servilia an einem herrlichen Tag Ende Oktober.
    »O ja!« entgegnete Servilia, die sich in den letzten Monaten als wirklich schwierig erwiesen hatte. Sie war verschlossen, fing nie selbst ein Gespräch an und antwortete auf Fragen ihrer Mutter so knapp, daß die Tischgespräche sich sehr einseitig gestalteten und vorwiegend von Livia Drusa bestritten wurden.
    »Warum, Servilia?«
    Servilia beäugte den riesigen Bauch ihrer Mutter. »Es gibt dort gute Ärzte und Hebammen«, sagte sie dann.
    »Oh, mach dir wegen dem Kind keine Sorgen!« meinte Livia Drusa lachend. »Dem geht es sehr gut. Er wird es mir nicht schwer machen. Außerdem haben wir noch mindestens vier Wochen Zeit.«
    »Warum sprichst du die ganze Zeit von >ihm<, Mama?«
    »Weil ich weiß, daß es ein Junge wird.«
    »Das weiß man erst, wenn das Kind geboren ist.«
    »Du bist eine kleine Zynikerin«, erwiderte Livia Drusa amüsiert. »Ich wußte, daß du ein Mädchen bist, und bei Lilla wußte ich es auch. Warum also sollte ich dann diesmal nicht auch recht haben? Die Schwangerschaft ist anders, und er spricht anders mit mir.«
    »Er spricht mit dir?«
    »Ja, das habt ihr auch getan, als ihr noch in meinem Bauch wart.«
    Servilia sah ihre Mutter spöttisch an. »Also wirklich, Mama, du bist schon komisch! Und wirst immer komischer. Wie kann ein Kind im Bauch mit dir sprechen, wenn Kinder erst ein Jahr nach ihrer Geburt anfangen zu sprechen?«
    »Du bist wie dein Vater«, sagte Livia Drusa und setzte ein beleidigtes Gesicht auf.
    »Du magst Vater also nicht! Ich wußte es.« Es klang wie eine Feststellung, nicht wie eine Anklage.
    Servilia war jetzt sieben. Alt genug, dachte ihre Mutter, um einige harte Tatsachen verkraften zu können. Sie wollte ihre älteste Tochter nicht gegen den Vater einnehmen, aber... Wäre es nicht herrlich, die Tochter zur Freundin zu haben?
    »Nein«, sagte sie entschlossen, »ich mag ihn nicht. Willst du auch wissen, warum?«
    Sevilia zuckte mit den Achseln. »Wahrscheinlich sagst du es mir gleich.«
    »Magst du ihn denn?«
    »Natürlich. Er ist der beste Mensch auf der Welt.«
    »Dann muß ich es dir erklären, sonst verstehst du nicht, warum ich ihn nicht mag. Ich habe nämlich gute Gründe.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Schatz, ich wollte deinen Vater nie heiraten. Dein Onkel Marcus hat mich dazu gezwungen. Und das ist ein schlechter Start für eine Ehe.«
    »Aber du hast doch sicher wählen können.«
    »Nein, das konnte ich nicht. Das können wir Frauen nur selten.«
    »Aber dann mußt du eben tun, was Onkel Marcus sagt, weil er besser weiß, was richtig ist«, sagte die Siebenjährige mit der Miene eines Richters. »Ich verstehe nicht, was an dem Mann so schlimm ist, den er für dich ausgewählt hat.«
    »Ach Schatz!« Livia Drusa starrte ihre Tochter verzweifelt an. »Servilia, wir können nicht immer entscheiden, wen wir gern haben und wen nicht. Ich mochte Vater nun mal nicht. Ich mochte ihn schon immer nicht, seit ich so alt war wie du. Aber unsere Väter hatten vereinbart, daß wir heiraten sollten, und Onkel Marcus hatte nichts dagegen einzuwenden. Ich konnte ihn nicht davon überzeugen, daß Liebe zwar nicht unbedingt die Voraussetzung einer Ehe sein muß, daß Haß aber eine Ehe von vornherein zum Scheitern verurteilt.«
    »Ich finde, du bist dumm«, sagte Servilia verächtlich.
    Störrischer kleiner Esel! Livia Drusa versuchte es noch einmal. »Die Ehe ist eine sehr intime Angelegenheit, mein Kind. Wer seinen Partner nicht mag, hat es sehr schwer. In einer Ehe kommt es zu vielen körperlichen Kontakten. Und wenn man jemanden nicht mag, dann möchte man auch nicht, daß er einen berührt. Verstehst du das?«
    »Ich möchte von niemandem berührt werden«, sagte Servilia.
    Ihre Mutter lächelte. »Das wird sich hoffentlich noch ändern. Auf jeden Fall wurde ich gezwungen, einen Mann zu heiraten, von dem ich nicht berührt werden möchte. Einen Mann, den ich nicht mag. Ich mag ihn immer noch nicht. Und dennoch wächst etwas, das einen verbindet. Ich liebe dich, und ich liebe Lilla. Also muß doch zumindest ein

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