MoR 02 - Eine Krone aus Gras
junge Sklavin fort war.«
»Wie seltsam«, meinte Livia Drusa.
Cato ließ ihren Einwurf unkommentiert und fuhr mit seiner Erzählung fort: »Einer von Catos Klienten war ein freigelassener Sklave namens Salonius. Er stammte aus Salo in Spanien und war früher Schreiber bei meinem Großvater gewesen.
>Du da, Salonius !< rief mein Großvater, als er auf dem Forum angelangt war. >Hast du schon einen Mann für deine hübsche Tochter gefunden?< >Nein, noch nicht, domine<, erwiderte Salonius, >aber sei versichert, wenn ich einen passenden Kandidaten gefunden habe, werde ich ihn dir vorstellen und um deine Zustimmung bitten.< >Du brauchst nicht mehr zu suchen<, sagte mein Großvater. >Ich habe einen guten Ehemann für sie gefunden, einen Prachtkerl. Wohlhabend, angesehen, aus guter Familie — alles, was man sich wünschen kann. Außer — ja, außer, daß er schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat. Gesund ist er zwar, das schon! Aber selbst beim besten Willen muß man zugeben, daß er schon ein sehr alter Mann ist.< >Domine, wenn deine Wahl auf ihn gefallen ist, wie könnte ich ihn dann ablehnen? Meine Tochter wurde geboren, als ich noch dein Sklave war, und ihre Mutter war ebenfalls deine Sklavin. Du hast mit mir meine gesamte Familie in die Freiheit entlassen. Aber meine Tochter betrachtet dich immer noch als ihren Herrn, wie auch ich, meine Frau und mein Sohn es tun. Sei unbesorgt, Salonia ist ein gutes Mädchen. Sie wird jeden Mann heiraten, den du in deiner Güte für sie ausgesucht hast, egal wie alt er ist.< >Dann ist ja alles in Ordnung, Salonius!< rief mein Großvater begeistert und klopfte Salonius auf den Rücken. >Es ist nämlich ich!<«
Livia Drusa fuhr auf: »Das ist grammatikalisch falsch. Ich dachte, Cato der Zensor spräche perfektes Latein!«
»Mea vita, mea vita, hast du denn überhaupt keinen Humor?« fragte Cato ungläubig. »Er hat doch nur einen Spaß gemacht. Er wollte die Situation ein wenig entkrampfen. Salonius war natürlich völlig verblüfft. Er konnte nicht glauben, daß er mit einer adligen Familie verwandt werden würde, die einen Zensor und einen großen Triumphator vorzuweisen hatte.«
»Das kann ich verstehen«, meinte Livia Drusa.
»Mein Großvater versicherte Salonius, daß er es völlig ernst meine«, fuhr Cato fort. »Salonius ließ seine Tochter holen, und sie und mein Großvater wurden noch am selben Tag verheiratet, weil die Zeichen an diesem Tag gut standen. Als jedoch Marcus Licinianus ein oder zwei Stunden später von der Hochzeit seines Vaters hörte — die Nachricht hatte sich wie ein Lauffeuer in Rom verbreitet —, sammelte er einige Freunde seines Vaters um sich und marschierte mit ihnen zu meinem Großvater.
> Warum hast du uns das angetan?< fragte er ihn aufgebracht. >Weil wir nicht billigten, daß du eine Sklavin zu deiner Geliebten gemacht hast? Mußt du mir deshalb auch noch die Schande einer solchen Stiefmutter antun?< >Wie könnte ich Schande über dich bringen, mein Sohn, wenn ich doch beweisen will, was für ein Prachtkerl ich bin, indem ich in meinem fortgeschrittenen Alter noch mehr Söhne zeuge<, erwiderte mein Großvater barsch. >Soll ich lieber eine Adlige heiraten, wo ich doch die Siebzig weit hinter mir gelassen habe und auf die Achtzig zugehe? Eine solche Verbindung wäre doch wohl unpassend. Eine Ehe mit der Tochter meines Freigelassenen dagegen ist, wie ich meine, eine Verbindung, die meinem Alter und meinen Bedürfnissen angemessen ist.<«
»Wirklich außergewöhnlich«, sagte Livia Drusa. »Natürlich wollte er damit Licinianus und Aemilia Tertia ärgern.«
»Das glauben wir Salonianer auch.«
»Haben sie weiter alle zusammen im selben Haus gewohnt?«
»Aber sicher. Marcus Licinianus starb jedoch bereits kurz darauf — angeblich an gebrochenem Herzen. Damit blieb Aemilia Tertia allein mit ihrem Schwiegervater und seiner neuen Frau Salonia. Ein Schicksal, das sie meiner Meinung nach verdient hat. Da ihr Vater tot war, konnte sie nämlich auch nicht wieder nach Hause zurückkehren.«
»Und Salonia war die Mutter deines Vaters?«
»So ist es.«
»Aber macht es dir überhaupt nichts aus, der Enkel einer Frau zu sein, die als Sklavin geboren wurde?«
Cato zog die Augenbrauen hoch. »Warum? Wir müssen alle irgendwo anfangen. Und wie es scheint, waren die Zensoren derselben Meinung wie mein Großvater Cato der Zensor, der sagte, in seinen Adern fließe so viel adliges Blut, daß es nicht durch das Blut einer Sklavin verunreinigt werden
Weitere Kostenlose Bücher