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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Gehöfte und Villen, die er besaß, waren nicht verputzt, in seinem Haus in Rom hing kein einziger Wandteppich und kein Fetzen purpurfarbenen Stoffes, und er bezahlte nie mehr als 6 000 Sesterzen für einen Sklaven. Wir vom Zweig der Saloniani setzen diese Tradition fort, wir leben genauso wie er.«
    »Nein!« rief Livia Drusa entsetzt.
    Aber er ignorierte den Zwischenruf, denn er war viel zu sehr damit beschäftigt, ihr zu erklären, was für ein wundervoller Mann sein Vorfahr Cato der Zensor gewesen sei. »Wie hätte er denn ein Bauer sein können, wo er doch der beste Freund des Valerius Flaccus war. Und nach seiner Übersiedlung nach Rom entpuppte er sich bald als der beste Redner und Anwalt aller Zeiten. Selbst heute noch geben selbst so überschätzte Redner wie Crassus Orator oder der alte Mucius Scaevola Augur zu, daß Cato ein unübertroffener Meister des Aphorismus und der Hyperbel war. Und sieh dir seine Schriften an. Einfach unübertroffen! Mein Großvater konnte auf die Erziehung der alten Schule zurückgreifen und sprach und schrieb ein so perfektes Latein, daß er bei seinen Reden nie eine Vorlage brauchte.«
    »Ich sehe schon, ich muß ihn lesen«, sagte Livia Drusa mit einem leichten Anflug von Ironie. Ihr Hauslehrer hatte es für unter ihrer Würde erachtet, Cato den Zensor zu lesen.
    »Das solltest du!« ermunterte Cato sie eifrig. Er legte die Arme um sie und zog sie zwischen seine Beine. »Fang am besten mit seinem Werk Carmen de Moribus an, daran erkennst du am besten, daß er ein zutiefst moralischer Mensch war, ein vollkommener Römer. Außerdem war er der erste Porcius, der den Beinamen Cato trug. Bis dahin hatten die Porcier den Beinamen Priscus — altehrwürdig. Daran siehst du ja, daß unser Geschlecht schon sehr alt sein muß. Der Großvater meines Großvaters bekam den Preis für fünf Staatspferde ausgezahlt, die im Kampf für Rom unter ihm getötet worden waren!«
    »Dein Vorfahr Salonianus macht mir Kopfzerbrechen, nicht ein Priscus oder Cato. Salonianus war ein keltiberischer Sklave, nicht wahr? Der ältere Zweig eurer Familie dagegen läßt sich auf eine adlige Licinia und auf die dritte Tochter des großen Aemilius Paullus und Scipios älteste Tochter Cornelia zurückverfolgen.«
    Cato runzelte die Stirn. Was Livia Drusa gesagt hatte, schmeckte förmlich nach römischem Familiendünkel. Aber sie sah mit großen, bewundernden Augen zu ihm auf, und er war so sehr in sie verliebt. Es war nicht ihre Schuld, daß sie über seine Familie nicht richtig informiert war. Es lag an ihm, sie eines Besseren zu belehren.
    »Du kennst doch bestimmt die Geschichte von Cato dem Zensor und Salonia«, sagte er und legte das Kinn auf ihre Schulter.
    »Nein, tut mir leid, Liebster. Erzähle sie mir bitte.«
    »Also gut. Mein Großvater heiratete mit zweiundvierzig zum ersten Mal. Zu der Zeit war er bereits Konsul gewesen, hatte einen großen Sieg in Hispania Ulterior errungen und einen Triumph gefeiert — aber er wollte nichts für sich. Er beanspruchte nie einen Anteil der Kriegsbeute und steckte den Erlös aus dem Verkauf der Kriegsgefangenen nicht in die eigene Tasche, sondern gab alles seinen Soldaten, deren Kinder und Kindeskinder ihn deswegen heute noch verehren.« Cato ließ sich derart von der Begeisterung für seinen Großvater mitreißen, daß er mittlerweile wieder vergessen hatte, was er eigentlich hatte erzählen wollen.
    Livia Drusa erinnerte ihn daran. »Er hat also mit zweiundvierzig die adlige Licinia geheiratet.«
    »So ist es. Er hatte nur einen Sohn mit ihr, Marcus Licinianus, obwohl er sie offensichtlich sehr geliebt hat. Ich weiß nicht, warum aus der Verbindung nicht mehr Kinder hervorgegangen sind. Auf jeden Fall starb Licinia, als mein Großvater siebenundsiebzig war. Danach holte er sich eine Sklavin aus seinem Haushalt ins Bett. Sein Sohn Licinianus und dessen adlige Frau, die Dame aus adligem Geschlecht, von der du schon gesprochen hast, wohnten natürlich bei ihm im Haus. Sie waren über sein Benehmen entsetzt. Offenbar machte er keinen Hehl aus seinem Verhältnis mit der Sklavin und ließ zu, daß sie sich als Hausherrin aufspielte. Schon bald wußte ganz Rom, was sich im Hause Catos abspielte, weil Marcus Licinianus und Aemilia Tertia es allen erzählten. Allen, außer Cato dem Zensor. Aber der erfuhr schnell, was sie taten, und anstatt sie zur Rede zu stellen, schickte er die Sklavin eines Morgens fort. Dann begab er sich zum Forum, ohne den beiden zu sagen, daß die

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